«Darf ich in den letzten Jahren vor meiner Pensionierung jedes Jahr steuermindernd in ein 3a-Konto einzahlen und gleichzeitig ein bestehendes 3a-Konto auflösen?» Das wollte Kurt Meister aus Bern (Name geändert) vom kantonalen Steueramt wissen. Die Antwort kam reichlich unbestimmt: «Wir prüfen jeden konkreten Einzelfall auf Steueroptimierung hin.»
Nach welchen Kriterien diese Prüfung erfolgt, blieb unklar. «Es gibt keine klaren Richtlinien für die Säule 3a», schrieb die bernische Steuerbehörde weiter. Man orientiere sich darum an der Gesetzgebung zur beruflichen Vorsorge (BVG): Gemäss Artikel 79b Abs. 3 sei «massgebend, dass die Mittel mindestens drei Jahre im Vorsorgekreis liegen müssen, damit man von einer Verbesserung des Vorsorgeschutzes sprechen kann».
Auf Nachfrage von K-Geld meint Sirgit Meier von der bernischen Steuerverwaltung, dass «grundsätzlich» jede gesetzeskonforme Einzahlung in die Säule 3a und jede Kontoauflösung im Kanton Bern «zulässig» sei und akzeptiert würde. In einem einzigen Fall sei der Steuerabzug für die Einzahlung bisher verweigert worden: «Als jemand Jahr für Jahr ein Konto eröffnet und den Maximalbetrag darauf einbezahlt hat – nur um es im gleichen Jahr wieder aufzulösen.» In diesem Fall sei es offensichtlich nur um Steuerersparnis gegangen, eine Vorsorgeabsicht sei nicht ersichtlich gewesen.
Weil es bezüglich der 3. Säule keine gesetzlichen Einschränkungen gibt, lässt zum Beispiel der Kanton Zürich jegliche Form von Ein- und Auszahlungen in die Säule 3a voll steuerbegünstigt zu, wie Roger Keller von der kantonalen Finanzdirektion K-Geld sagt. Also auch im oben beschriebenen Fall, in dem die bernischen Steuerbehörden den Steuerabzug für die Einzahlung verweigerten.
Und dies gilt selbst dann, wenn die Ein- und Auszahlungen wegen Weiterarbeit über das ordentliche Pensionierungsalter hinaus geleistet werden. Das Zürcher Steueramt akzeptiert also alle Varianten, «obschon sich der Steuerpflichtige sowohl aus dem Blickwinkel des Vorsorge- als auch des Steuerrechts widersprüchlich» verhalte, erläutert Keller.
Voraussetzung ist einzig, dass die Maximalbeträge nicht überschritten werden (dieses Jahr 6768 Franken für 3a-Sparer mit Pensionskasse und 33840 Franken für Sparer ohne Pensionskasse). Mehrere Kapitalleistungen aus 3a, Pensionskasse oder Freizügigkeit im gleichen Jahr werden aber addiert und gemeinsam besteuert.
Kanton Zürich: 3a-Geld gestaffelt beziehen lohnt sich bei Bundessteuer
Dem Steueramt des Kantons Zürich kommt dabei entgegen, dass hier die Besteuerung von Kapitalleistungen einheitlich zum Satz von 2 Prozent erfolgt. Die Progression beginnt erst bei 371000 Franken. Solche hohe Beträge finden sich jedoch nur sehr selten auf einem 3a-Konto. Der gestaffelte Bezug bringt im Kanton Zürich also zumindest bei der Staatssteuer kaum einen Vorteil. Bezüglich der stark progressiven direkten Bundessteuer lässt sich mit der Staffelung allerdings eine beachtliche Steuereinsparung erzielen.
Seit Jahresbeginn 2016 kennt auch der Kanton St. Gallen die lineare Besteuerung von Kapitalleistungen zum Einheitssatz von 2 Prozent (Ledige 2,2 Prozent). Dennoch zeigt sich St. Gallen gegenüber den 3a-Sparern weniger grosszügig als die Zürcher. «Das systematische Zusammenspiel von Bezug und Beitragsleistung dürfte unter Umständen im konkreten Einzelfall die Voraussetzungen einer Steuerumgehung erfüllen», meint Henk Fenners, Leiter Rechtsabteilung des St. Galler Steueramts. Denn «kontinuierliche Bezüge und Einzahlungen verbessern die Vorsorgesituation in keiner Weise». Es gehe in solchen Fällen ausschliesslich um eine Steuerersparnis.
Ob damit eine – unzulässige – Steuerumgehung verbunden ist, lässt Fenners offen: «Eine Steuerumgehung setzt nicht bloss ein absonderliches, nur um der Steuerersparnis willen gewähltes Verhalten voraus, sondern es muss effektiv auch zu einer erheblichen Steuerersparnis führen.» Dafür müsse aber der Einzelfall untersucht werden.
Eher strikt zeigt sich in dieser Frage das Steueramt Solothurn: Die systematische, jährliche 3a-Einzahlung und Auflösung eines Kontos bedeute ein «unzulässiges 3a-Karussell», sagt Theo Portmann, Leiter Recht und Gesetzgebung des Solothurner Steueramts. Gehe es um mehr als drei Konten, sei die Steuerumgehung «klar gegeben».
Nur: Die Steuerämter haben keine gesetzgeberischen Kompetenzen. Auch der Kanton Solothurn muss wie alle andern Kantone das Bundesrecht anwenden. Die 3. Säule basiert allein auf Bundesrecht. Gestützt darauf und im Licht der aktuellen Bundesgerichtspraxis heisst das: Steuerämter können nur dann erfolgreich von einer Steuerumgehung ausgehen, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen der 3. Säule ein absonderliches Verfahren wählt und damit eine erhebliche Steuerersparnis bewirkt.