Für einen oberflächlichen Betrachter sieht das Angebot sehr attraktiv aus: Bei der Schweizer Paraplegiker-Stiftung kann eine Einzelperson für nur 45 Franken pro Jahr Gönner werden – und wenn sie verunfallt und im Rollstuhl landet, erhält sie von der Gönner-Stiftung 200 000 Franken bar auf die Hand.
Immer wieder fragen sich deshalb K-Geld-Leserinnen und -Leser: Was ist von diesem Angebot zu halten? Brauchen wir das? Schliesslich sind wir doch bei der Krankenkasse gut versichert.
Die Antwort kann in drei Sätzen gegeben werden.
- Die Krankenversicherung zahlt grundsätzlich Arzt- und Spitalkosten, aber keinen Lohnausfall.
- Wer aus ideellen Gründen die Paraplegiker-Stiftung unterstützen will, kann das getrost tun.
- Wer sich aber ernsthaft fragt, wie seine finanzielle Situation bei Invalidität wäre, muss die Sache ganz anders angehen. Und für eine umfassende Absicherung auch bedeutend mehr zahlen.
Der Grund: Das Versprechen der Paraplegiker-Stiftung hat einen entscheidenden Haken. Es gilt einzig bei Unfall und zudem nur, wenn der Verunfallte anschliessend querschnittgelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen ist. Gemäss Paraplegiker-Stiftung kommen die 200 000 Franken jedes Jahr rund 20- bis 40-mal zur Auszahlung.
Invalid durch Krankheit: 10-mal höheres Risiko als durch Unfall
Das Risiko, wegen einer Krankheit erwerbsunfähig zu werden, ist aber rund zehnmal höher. Und das bedeutet: Wer gegen die Folgen von Invalidität ausreichend finanziell vorsorgen will, braucht eine Versicherungslösung, die nicht nur bei Unfall zahlt, sondern auch dann, wenn eine Krankheit zum beruflichen Aus führt und dann kein Lohn mehr reinkommt.
Zwei Versicherungsvarianten sind hier das Thema: Zum einen die monatliche Rente bei Erwerbsunfähigkeit, zum andern eine einmalige Kapitalzahlung, die bei Invalidität sofort fällig wird.
Wie bei allen Versicherungen gilt es freilich, zuerst den Bedarf zu klären. Die wichtigsten Punkte:
- Angestellte sind über den Betrieb gut unfallversichert – auch gegen Lohnausfall. Beim Unfallrisiko besteht also kein Handlungsbedarf.
- Bezüglich des Krankheitsrisikos kommt es bei Angestellten mit Pensionskasse entscheidend auf die Ausgestaltung der Invalidenrente an: Hier gibt es Lösungen, die nur das gesetzliche Minimum bieten, aber auch Varianten mit grosszügigen überobligatorischen Leistungen. Das hängt jeweils davon ab, was der Arbeitgeber mit der Pensionskasse vereinbart hat.
Konkret: Hat der Arbeitgeber die magere gesetzliche Lösung versichert, erhalten Invalide nur gerade 15 bis 20 Prozent des letzten versicherten Lohns. Bei einer überobligatorischen Lösung hingegen bekommen Betroffene bis 60 Prozent des letzten versicherten Salärs – je nach Reglement der Pensionskasse. - Selbständigerwerbende ohne Pensionskasse müssen sich ohne-hin selber um ihren Risikoschutz bei Unfall und Krankheit kümmern.
Fazit: Wer bei Invalidität infolge Krankheit zusammen mit den Leistungen der Invalidenversicherung zu wenig hat, um den jetzi-gen Lebensstandard einigermassen zu halten, kann die Lücke mit einer privaten Erwerbsunfähigkeitsversicherung ganz oder teilweise füllen.
Die erste Möglichkeit ist eine monatliche Rente von beispielsweise 2000 Franken bis Alter 65. Was das kostet, ist in der Tabelle ganz links zu sehen. Dargestellt ist die Bruttoprämie, die zu bezahlen ist, wenn die Gesellschaft keine freiwilligen Überschüsse gibt.
Die zweite Möglichkeit zeigt die Tabelle links: eine Kapitalversicherung bei Unfall und Krankheit, die eine Domäne der Krankenkassen ist. Ein einmalig ausbezahltes Kapital bei Invalidität kann zum Beispiel nützlich sein, wenn im Haus Umbauten oder der Einbau eines Treppenlifts nötig werden. Oder wenn eine Hypothek abbezahlt werden soll.
Ob Kapital oder Rente: Volle Leistung gibts nur bei voller Invalidität
Diese Versicherung hat eine Spezialität, die in der Spalte «Progression ...» zu sehen ist: Nach Unfällen erfolgt noch eine Erhöhung der Entschädigung über den eigentlichen IV-Grad hinaus. Bei einem IV-Grad von 63 Prozent erfolgt zum Beispiel eine Auszahlung von 165 Prozent der versicherten Summe, bei 100-prozentiger Invalidität werden 350 Prozent der versicherten Summe ausbezahlt. Aber eben: Diese Progression gibt es nur nach Unfällen.
Bei beiden Varianten (monatliche Rente oder einmalige Kapitalauszahlung) gilt übrigens: Die volle Leistung gibt es nur bei voller Invalidität. Ansonsten wird die Auszahlung dem Grad der Invalidität bzw. der körperlichen Schädigung angepasst. Und die dargestellten Prämien sind für die Zukunft nicht garantiert.
In beiden Tabellen ist der sogenannte abdiskontierte Barwert zu sehen. Das ist derjenige Betrag, den Sie theoretisch gleich zu Vertragsbeginn bereitstellen und auf ein Sparheft mit konstant 2 Prozent Zins legen müssten, um damit sämtliche künftig anfallenden Prämien zahlen zu können.
Was ist empfehlenswert: Rente oder einmaliges Kapital?
- Die Rente garantiert von Anfang an einen regelmässigen Lohnersatz bis Alter 65 (nach Ablauf der Wartefrist). Wird jemand relativ bald nach Versicherungsabschluss invalid, profitierte er davon viele Jahre lang. Tritt die Invalidität erst spät ein, ist der «Profit» kleiner, weil die Gesellschaft bis Alter 65 weniger Jahre lang zahlen muss.
- Das Kapital wird hingegen auch noch dann in voller Höhe ausbezahlt, wenn die Person zum Beispiel erst mit 62 invalid wird. Allerdings muss man mit der Summe vernünftig umgehen können.
Tipp: Beide Versicherungen kann man jedes Jahr ohne Folgekosten kündigen, wenn kein Bedarf mehr besteht oder die Prämien zu hoch geworden sind.