Akbar Bahrami hat die Hochkonjunktur der Orientteppiche erlebt – und deren Niedergang. Ende des letzten Jahrhunderts waren handgeknüpfte Seidenteppiche Schmuckstück, Statussymbol und Wertanlage. Die Knüpferinnen benötigten bis zu einem Jahr für die Fertigung eines Teppichs mit teilweise mehr als 100'000 Knoten pro Quadratmeter. Die Händler kauften die von Bahrami frisch in die Schweiz importierte Ware direkt ab Container im Zürcher Freilager.
Heute bezeichnet Bahrami, Inhaber des Teppichcenters Cap in Dübendorf ZH, solche Kunstwerke als Ladenhüter. Einzelne Stücke liegen seit 25 Jahren in seinen Teppichstapeln. Kunden möchten heute Designteppiche, meist von europäischen Gestaltern entworfene und oft in Rumänien, Bulgarien, Belgien oder in den Niederlanden maschinell hergestellte Massenprodukte. Sie bestehen aus Jute, Sisal, Polyester oder Bambusseide. Auch Orientteppiche aus Seide werden heute maschinell gefertigt, meist in sehr guter Qualität und stark vergünstigt. Bahrami kann sie kaum von einem Original unterscheiden.
Der Teppichhändler wuchs in der iranischen Hauptstadt Teheran auf. Im Alter von 16 Jahren ging er nach Neu-Delhi, Indien, um Psychologie zu studieren. Nach dem Angriff des Irak auf den Iran im Jahr 1980 durften ihm seine Eltern kein Geld mehr schicken für den Lebensunterhalt. Er zog mit seiner damaligen Freundin, einer Schweizerin, in die Schweiz, wo sie heirateten. Hier erwarb er das Diplom als Versicherungsexperte. Dank seiner Mehrsprachigkeit kam er als Versicherungsvertreter in Kontakt mit Exil-Iranern und mit der Teppichbranche.
Anfang der Neunzigerjahre eröffnete er seinen ersten Laden in Zürich. Es folgten Filialen in Thalwil, Winterthur und jene in Dübendorf. Er begann, Teppiche nicht mehr nur zu verkaufen, sondern sie auch zu importieren, reiste in den Nahen Osten, nach Indien und nach China.
1997 kaufte er im Iran Teppiche für 500'000 Dollar – wie üblich auf Kredit. Während des Transports des Containers in die Schweiz lockerten die USA die Sanktionen gegen den Iran. Die iranische Währung, der Rial, verdoppelte sich sprunghaft im Wert. Bahramis Teppiche halbierten sich wertmässig. Er musste seine Wohnung verkaufen, um die Schulden begleichen zu können.
In den besten Zeiten machten Bahrami und sein Bruder 2,5 Millionen Franken Umsatz und 150'000 Franken Gewinn im Jahr, sie zahlten sich einen Monatslohn von je 8000 Franken aus. Heute besteht noch das Geschäft in Dübendorf, ihr Unternehmen schreibt eine schwarze Null, und ihre Löhne reduzierten sich auf 6000 Franken monatlich. Die Brüder sind sechs Tage pro Woche im Geschäft, machen drei Wochen Ferien pro Jahr.
Bahramis Bruder wird 2025 pensioniert, er selber 2027. Bis dahin soll möglichst das ganze Lager verkauft sein. «70 Prozent Dauerrabatt» steht deshalb in grossen Buchstaben auf Plakaten in den Schaufenstern und im Verkaufsraum, die ursprünglichen Preise sind durchgestrichen.
Bahrami sagt: «Diese Preise sind nicht aus der Luft gegriffen. Wir konnten die Teppiche früher tatsächlich so teuer verkaufen. Sie setzen sich aus dem Einkaufspreis und unserer Marge von 200 bis 300 Prozent zusammen. Heute sind wir nicht mehr auf eine derartige Marge angewiesen. Wir möchten nur noch das Inventar auflösen. Je nach Alter des Teppichs verkaufen wir auch ohne Marge oder gar mit Verlust.»
Und wenn ein Kunde noch feilschen will? Bahrami sagt: «Das Feilschen gehört zur orientalischen Kultur. Selbstverständlich sollte der Kunde feilschen. Wer feilschen will, sollte aber etwas von der Materie verstehen. Sonst merkt das der Händler, und der Kunde hat schlechte Karten.»