Die Internetbank Swissquote fragte vor kurzem in Inseraten in der «Bilanz» und der «NZZ am Sonntag»: «Können ETFs cleverer als der Index sein?» Die Antwort laut Swissquote: «Ja.» Im Inserat bewirbt Swissquote «aktive ETFs», die sie zusammen mit der US-Bank J. P. Morgan herausgibt.
ETF sind börsengehandelte Indexfonds. Zurzeit werden an der Schweizer Börse 61 aktive ETF gehandelt. Die übrigen 1637 Fonds sind passive Indexfonds. ETF-Fachmann René Stiefelmeyer von Hinder Asset Management erklärt den Unterschied: «Passive Anlageprodukte verfolgen möglichst exakt einen vorgegebenen Index.» Sie seien «transparent, günstig und regelbasiert», und es brauche kein aktives Handeln eines Fondsmanagers. Anders bei aktiven ETF: Dort versuche ein Manager, den zugrundeliegenden Index durch aktives Verwalten zu schlagen.
Genau das will Swissquote mit Hilfe von J. P. Morgan. Die US-Bank behauptet: «Unser aktiver Investmentprozess ermöglicht es Anlegern, einen Mehrertrag über dem Index zu generieren.» «Aktiv» bedeutet in diesem Fall, dass 90 Analysten mehr Rendite erwirtschaften sollen als der Vergleichsindex. Sie schichten dafür monatlich das Fondsvermögen um. Aktien mit guten Aussichten sollen übergewichtet werden, jene mit schlechten Perspektiven untergewichtet.
Beworbene Fonds enthalten nur ausländische Aktien
Woher wissen die Analysten, wie sich die Kurse entwickeln werden? Dazu sagt J. P. Morgan: «Jeder der Karriere-Research-Analysten ist ein Sektorspezialist, der eigene Fundamentalrecherchen zu den Unternehmen in seinem Fachgebiet durchführt.» J. P. Morgan setzt ausschliesslich auf ausländische Aktien, obwohl ETF mit Schweizer Aktien in der Vergangenheit gute Renditen einfuhren. Laut Prospekt decken die Aktienfonds «alle wichtigen Aktienmärkte und Regionen ab», darunter die Eurozone, China und die USA.
Vier der acht beworbenen Fonds wurden erst im Frühjahr 2022 lanciert. Die übrigen vier sind seit Oktober 2018 am Markt. Der US-ETF erzielte seither eine Jahresrendite von 10,5 Prozent. Das ist ein Prozentpunkt mehr als bei einem passiven ETF auf US-Aktien. Doch diese Zeitspanne ist zu kurz, um festzustellen, ob sich die Fonds langfristig bewähren.
Manuel Rütsche, Anlagespezialist beim VZ Vermögenszentrum, sieht die Fonds von J. P. Morgan kritisch: «Wir setzen keine aktiven ETF ein und empfehlen sie auch nicht.» Erfahrungsgemäss würden aktive Fonds langfristig keinen Mehrwert bringen. Vermögensverwalterin Alexandra Janssen, Chefin bei Ecofin Portfolio Solutions, bestätigt: «Die wissenschaftliche Literatur und unsere Erfahrung zeigen, dass aktive Anlageprodukte nach Kosten im Durchschnitt eine tiefere Performance liefern als indexierte Produkte.»
Auch die Kosten sprechen nicht für die neuen Fonds. Laut den Faktenblättern betragen die Kosten zwischen 0,2 und 0,54 Prozent. Damit sind die Fonds bis zu fünf Mal so teuer wie ein passiver ETF – zum Beispiel der Indexfonds iShares Core SPI ETF mit einer jährlichen Fondsgebühr von 0,1 Prozent. Er wurde Ende April 2014 lanciert und brachte den Anlegern seither einen Wertzuwachs von 72 Prozent. Das ergibt nach Abzug der Fondsgebühr eine Jahresrendite von 6,3 Prozent.