Es hätte eine freudige Überraschung sein können. Andreas Riedel aus Kappel SO hatte einem Immobilienmakler zugesagt, er kaufe das offerierte Haus für 480000 Franken. Zwei Wochen später teilte ihm der Makler überraschend mit, das Haus koste jetzt nur noch 475000 Franken.
Dieser Preisnachlass war eine Farce. Denn gleichzeitig forderte der Makler den Käufer auf, sich mit 1 Prozent an der Maklerprovision zu «beteiligen». Umgehend erhielt Käufer Riedel vom Makler eine Rechnung über 4750 Franken, deklariert als «Verkaufs-Provisionsanteil». Riedel zahlte.
Der Clou: Von der Verkäuferin kassierte der Makler deswegen nicht weniger. Im Verkaufsauftrag hatte sie sich verpflichtet, 3 Prozent des erzielten Verkaufspreises zu zahlen. Diesen Betrag stellte ihr der Makler auch in Rechnung. Er kassierte also weitere 14250 Franken. Damit hat der Immobilienmakler insgesamt 4 Prozent des Verkaufspreises eingenommen. Üblich sind 2 bis 3 Prozent.
Was aber schwerer wiegt: Er hat eine verbotene Doppelmakelei betrieben. Das Bundesgericht bestätigte im Dezember 2014, dass ein Immobilienmakler nicht Diener zweier Herren sein darf (K-Geld 3/2015). Denn er hat den Verkaufsauftrag vom Verkäufer und muss deshalb allein dessen Interessen wahren. Im konkreten Fall heisst das: Er muss einen möglichst hohen Verkaufspreis erzielen. Damit unvereinbar ist es, gleichzeitig für den Käufer einen möglichst niedrigen Preis auszuhandeln.
Laut der Verkäuferin hat ihr Makler den Preisnachlass an den Käufer ohne ihre Zustimmung eigenmächtig gewährt. Das heisst: Offenbar senkte der Makler den Hauspreis nur, um auch vom Käufer noch eine Provision zu erhalten. Damit verletzte er seine Treuepflicht gegenüber der Verkäuferin.
Der Makler heisst Roland Hertig. Er ist Geschäftsführer der Alamea Immobilien GmbH in Oensingen SO. Er wollte nicht Stellung nehmen.
Der Fall wird vielleicht vor Gericht landen. Denn sowohl Käufer Riedel als auch die Verkäuferin haben vor, vom Makler die bezahlten Provisionen zurückzufordern. Ihre Chancen stehen gut. Im erwähnten Bundesgerichtsurteil entschieden die Richter: Bei Doppelmakelei sind beide Verträge nichtig, und damit verliert ein Makler seinen Anspruch auf sämtliche Provisionen.