Die Zürcherin Céline Junot wurde im Juni 2020 pensioniert. Sie verfügte über ein Pensionskassenguthaben in der Höhe von 207352 Franken. Es lag bei der Versicherungsgesellschaft Allianz Suisse.
Mit der monatlichen Rente aus diesem Kapital hätte Junot ihren Lebensunterhalt kaum bestreiten können. Darum liess sie sich von zwei Verkäufern der Allianz beraten. Diese empfahlen ihr, das gesamte Pensionskassenguthaben als Kapital zu beziehen und einen Teil davon in den Fonds Pictet CH – LPP 40 P dy CHF (Valorennummer 1643170) zu investieren.
Céline Junot vertraute den Beratern der Allianz und liess sich ihr Guthaben auszahlen. 80000 Franken überwies sie auf ihr Konto bei der Zürcher Kantonalbank. Für die restlichen 127352 Franken kaufte sie Anteile des empfohlenen Mischfonds. Dazu eröffnete die Allianz bei der Lienhardt & Partner Privatbank Zürich AG ein Depot.
Bei einem Beratungsgespräch mit den Versicherungsberatern unterschrieb Céline Junot am 12. Juni 2020 blanko mehrere Dokumente für den Fondsvertrag. Sie bekam bei Vertragsabschluss keine Kopien der Vertragsdokumente ausgehändigt. Sie wartete auch vergeblich auf die Kopien, als sie diese wenige Tage später telefonisch bei der Allianz verlangte.
Keine Infos zur Ausgabekommission erhalten
Am 29. Juni erhielt Céline Junot ein Schreiben der Allianz über die Eröffnung des Fondskontos bei Lienhardt & Partner. Die Versicherung informierte aber nicht über Kommissionen und schickte der Kundin auch keine Kopien der Unterlagen zur Kontoeröffnung. Tags darauf traf bei Céline Junot eine Vorausinformation über die Kapitalauszahlung ein: Es würden 127352 Franken auf das neue Fondskonto überwiesen.
Als die Allianz Junot am 20. Juli 2020 einen Vermögensauszug zustellte, bemerkte die Rentnerin: Nur 122258 Franken waren auf dem Konto – 5094 Franken fehlten. Sie fragte bei der Allianz nach und erfuhr, dass diese den Betrag abgezogen hatte. Es handle sich um die «Ausgabekommission» von 4 Prozent.
Céline Junot sagt gegenüber K-Geld, sie habe von dieser Ausgabekommission nichts gewusst. Sonst hätte sie nicht zugestimmt, das Geld in diesen Fonds zu stecken. Auch hätte sie von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht und den Fondsvertrag fristgerecht gekündigt, falls sie nach dem Beratungsgespräch die unterschriebenen Dokumente in Kopie erhalten hätte – und falls dort die 4-Prozent-Kommission eingetragen gewesen wäre.
Laut Céline Junot war nämlich im Formular «Erstauftrag (Fondskonto/Depot)» die Höhe der Ausgabekommission nicht enthalten. Erst nachträglich, also nach der Unterzeichnung, hätten Vertreter der Allianz die Kommission auf die Maximalhöhe von 4 Prozent festgelegt. Sie habe beim Beratungsgespräch keine Informationen über allfällige Kommissionen und deren Höhe erhalten, sagt Céline Junot. Die Allianz nahm gegenüber K-Geld bis Redaktionsschluss nicht Stellung.
Immerhin: Die Rentnerin kam mit einem blauen Auge davon. Weil die Börsen auf Hochtouren liefen, verzeichnete ihr Fonds gute Gewinne. So konnte sie ihre Anteile im Sommer 2021 für 130818 Franken verkaufen – und das Minus durch die Ausgabekommission mehr als wettmachen.