Fast mehr als über den Verlust der 150000 Franken ärgert sich Werner Spitteler (Name geändert) aus dem Raum Basel über die Verantwortlichen von Roche. Christoph Franz etwa, Verwaltungsratspräsident des Pharmakonzerns, forderte kürzlich in einem Zeitungsinterview Respekt vor den Mitmenschen und Fairness ein. Spitteler fühlt sich von Roche nicht fair behandelt.
Das Pharmaunternehmen legte im Frühling 1987 eine Null-Prozent-Anleihe zur Zeichnung auf, fast bekannter unter dem englischen Namen Zerobond. Attraktiv war nicht der Zins – eben zero, also null Prozent. Attraktiv war der Ausgabepreis von 80,50 Prozent des Nominalwerts. Wer einen Anteilschein von 5000 Franken zeichnete, musste dafür nur gut 4000 Franken zahlen. Zehn Jahre später, am Ende der Laufzeit, erhielt man 5000 Franken zurückerstattet.
Spitteler kaufte Anteile für 150000 Franken und legte sie in sein Wertschriftendepot bei der Bank. Weil er sich später selbständig machte, brauchte er Geld. Er löste das Depot auf. Die Anteilscheine der Roche-Anleihe legte er als Reserve in ein Schliessfach.
Am 15. Mai 1997 endete die Laufzeit der Anleihe. Weitere zehn Jahre später verjährte der Anspruch auf Rückzahlung. Spittelers Anteilscheine schlummerten im Schliessfach vor sich hin. Erst 2014 beschloss der inzwischen über 80-Jährige, das Schliessfach aufzulösen. Zu seiner Überraschung stiess er dabei auf die Roche-Anleihe – er hatte sie total vergessen.
Er wurde bei Roche vorstellig. Mit Schreiben vom 5. August 2015 teilten ihm die Juristen des Hauses mit, man habe die Angelegenheit sorgfältig geprüft, sei aber zum Schluss gekommen, dass der Anspruch auf Rückzahlung verjährt sei. Spitteler antwortete, es gebe nicht nur formale und juristische Überlegungen, sondern auch moralische und ethische. Roche sei kein Schaden entstanden. Deshalb könne er sich nicht vorstellen, «dass Roche aufgrund eines formalen Fehlers meinerseits sich mein ganzes Barvermögen aneignen möchte».
Roche gab nicht nach, obwohl der Fall bis in die Chefetage gelangte. Es folgte ein ablehnender Bescheid von Severin Schwan, Vorsitzender der Konzernleitung. Spitteler blitzte selbst bei Verwaltungsratspräsident Christoph Franz ab: «Unserer stetigen Politik entsprechend sehe ich keine Möglichkeit, eine seit derart langer Frist verjährte Forderung heute wieder aufleben zu lassen.»
Anspruch verjährt – Roche lehnte sogar eine versöhnliche Geste ab
Spitteler hat nur sich selbst geschadet. Roche hat nur profitiert: Nach Laufzeitende hatte der Pharmakonzern Spittelers Geld zehn Jahre lang als zinsloses Darlehen zur Verfügung. Nach Ablauf der Verjährungsperiode verweigert die Gesellschaft – juristisch korrekt – die Rückzahlung des Kapitals.
K-Geld wollte von Roche wissen, weshalb das Unternehmen nicht einmal zu einer versöhnlichen Geste bereit ist – etwa in Form einer Teilrückzahlung oder der Überweisung der 150000 Franken an eine gemeinnützige Institution. Roche antwortete, man habe Spitteler mehrfach erklärt, dass seine Ansprüche seit langem verjährt seien. Und: «Wir bedauern, dass wir Herrn Spitteler keinen besseren Bescheid geben konnten.»