Im Januar 2018 erhielt ein Berner Geschäftsmann einen Anruf der japanischen Investmentfirma Resona Dai-Ichi Group. Ein Peter Green machte ihm Aktien des chinesischen Energie-Unternehmens Tianneng Power International schmackhaft. Der Mann ging darauf ein und überwies 20000 Franken auf eine Bank in Hongkong.
Einen Monat später hatte er einen Adam Miller am Apparat. Seine Aktien seien jetzt schon 26000 Franken wert, und damit könne er jetzt günstig ein ganzes Paket der Techfirma Cloud Data in Hongkong (CHN) kaufen. Er müsse aber 10000 Franken nachschiessen, um das ganze Paket zu erhalten. Der Mann tat das.
Zwei Wochen später hiess es, ein Investor sei ausgestiegen und die übrigen Aktionäre müssten dringend dessen Cloud-Data-Aktien übernehmen. Der Mann überwies weitere 3000 Franken. Dann kam die Ankündigung, das Investment werde bald zurückgezahlt. Dazu müsse der Mann aber eine Art Kaution zahlen. Er überwies die verlangten 50 000 Franken.
Eine Woche später folgte eine Drohung: Einer der Gründer von Cloud Data Hongkong wolle sein ganzes Aktienpaket auf den Markt werfen, was den Aktienkurs nach unten drücken würde. Deshalb müsse der Anleger dazukaufen, um den Kurs zu stützen. Der Mann überwies weitere 50 000 Franken nach Hongkong.
Daraufhin wurde dem Mann wiederum mitgeteilt, seine Anteile könnten nun verkauft werden und er erhalte bald sein Investment mit Gewinn zurück. Dazu müsse er aber noch einmal eine Sicherheitsleistung von 200000 Franken schicken. Die Bank verlange das und der Mann glaubte es. Für diese Überweisung nahm der Mann ein Darlehen auf.
Sämtliche Dokumente und Zertifikate waren gefälscht
Das Geld kam aber nicht. Denn angeblich hatte die Bank die Höhe der Kaution hinaufgesetzt, um Risiken auf den Finanzmarkt abzufedern. Der Mann überwies weitere 130000 Franken, nachdem man ihm versichert hatte, dies sei die letzte Forderung.
Doch auch dann blieb die Rückzahlung aus. Denn jetzt hiess es, die Steuerbehörden ermittelten gegen einen möglichen Käufer seines Aktienpakets, das im übrigen jetzt schon über 2 Millionen Franken wert sei. Man habe aber eine Lösung: Gegen Überweisung von weiteren 300000 Franken könne man seine Aktien in einen anderen Aktientyp des gleichen Unternehmens umwandeln und dann en bloc verkaufen.
Diese Forderung zahlte der Mann nicht mehr. Denn inzwischen hatte er realisiert, dass er Betrügern auf den Leim gekrochen war. Sämtliche Zahlungs- und Handelsbestätigungen sowie Aktienzertifikate, die er erhielt, waren gefälscht. Die Resona Dai-Ichi Group figuriert auf einer Warnliste der japanischen Behörden. Ein Ermittler der Polizei fand heraus, dass die E-Mails über Server im westafrikanischen Land Liberia liefen.
«Ich war naiv und gutgläubig», bilanziert der Mann. Aber die Täter seien äusserst raffiniert vorgegangen, ihre Argumente hätten jeweils vernünftig geklungen und hätten ihm eingeleuchtet.
Bei der deutschen Rechtsanwaltskanzlei Herfurtner in Hamburg wurden etliche Opfer vorstellig, die auf die Resona Dai-Ichi Group hereingefallen waren. Eine Anwältin sagt, die Vorgehensweise der Täter sei «so genau der Wirklichkeit angepasst», dass zumindest am Telefon «kein Unterschied zu echten Finanzmarktgeschäften erkennbar» sei. Jede kritische Frage des Kunden werde ohne Zögern glaubwürdig beantwortet.
Deshalb der Tipp: Gehen Sie nie auf Aktienverkäufer ein, die sich am Telefon bei Ihnen melden – egal, ob aus dem Aus- oder Inland. Und glauben Sie nie jemandem, der behauptet, er brauche von Ihnen Geld, bevor er eine Summe an Sie überweisen könne.