Auf den Namen der 12- und 14-jährigen Töchter von Karin Seiler (Name geändert) aus Hittnau ZH lauten je ein Jugendsparkonto und ein «Youngmember»-Privatkonto bei der Raiffeisenbank Zürcher Oberland. Die Mutter eröffnete die Konten vor zwei Jahren, nachdem der Vater der Töchter gestorben war. Die Pensionskasse des Vaters zahlte ihnen ein Todesfallkapital aus. Die Mutter liess den grösseren Teil auf das Sparkonto der Töchter überweisen, der Rest ging auf deren Privatkonto.
Die Mädchen bezogen für ihren Lebensunterhalt monatlich rund 1300 Franken von ihren Privatkonten. Die Mutter wollte im Sommer je 20000 Franken von den Spar- auf die Privatkonten der Mädchen überweisen, damit dort weiterhin genügend Geld für die monatlichen Raten zur Verfügung stünde. Doch die Bank verweigerte den Übertrag. Sie verlangte von Karin Seiler einen Nachweis für die Verwendung des Geldes – oder das Einverständnis der Kindesschutzbehörde.
Die Bank berief sich auf den Vertrag «Konto für Minderjährige», den Seiler bei der Eröffnung unterschrieben hatte. Darin steht: «Rückzüge durch den Eröffner sind nur in Ausnahmefällen und in beschränktem Umfang zulässig. Die Bank ist befugt, jederzeit einen Verwendungsnachweis zu verlangen. Der Eröffner hat unter Umständen einen Entscheid der zuständigen Kindesschutzbehörde über die Zulässigkeit des geplanten Rückzuges beizubringen.» Sonst sei die Bank berechtigt, eine Auszahlung zu verweigern.
Diese Regelung weicht deutlich vom Gesetz ab. Gemäss Zivilgesetzbuch haben die Eltern «das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten». Also steht ihnen auch das Recht zu, im Rahmen des Kindesvermögens Aufträge an die Bank zu erteilen. Im vorliegenden Fall besonders stossend: Die Mutter erteilte den Auftrag, das Geld von einem Konto der Kinder auf ihr anderes bei der gleichen Bank zu überweisen. Es wäre also kein einziger Franken aus dem Kindesvermögen abgeflossen. Die Raiffeisenbank sagt dazu, ihre Regeln würden dem Schutz des Kindes dienen.
Enthalten Jugendkontoverträge anderer Banken ähnliche Klauseln wie derjenige der Raiffeisenbank? K-Geld hat die Verträge der zehn grössten Schweizer Banken punkto Rückzugsbedingungen bei Jugendkonten verglichen. Ergebnis: Kein Finanzinstitut ist so streng wie die Raiffeisenbank. Einige Banken verlangen aber bei einem Bezug von hohen Beträgen durch die Eltern einen Verwendungsnachweis oder einen Entscheid der Kindesschutzbehörde.
Das gilt etwa für die Credit Suisse, die Luzerner und die St. Galler Kantonalbank sowie die UBS. Die Geldinstitute sagen gegenüber K-Geld nicht, ab welchem Betrag aus ihrer Sicht ein Nachweis nötig sei. Anders als bei der Raiffeisenbank ist das Beibringen eines Nachweises aber nicht im Vertrag vereinbart – und daher unzulässig. Die Banken begründen ihre Praxis mit ihrer Sorgfaltspflicht gegenüber dem Kind als Kontoinhaber.
Migros-Bank hält sich an gesetzliche Regelung
Es geht auch anders, wie die Migros-Bank zeigt: Dort dürfen Eltern bis zur Volljährigkeit des Kindes dessen Geld verwalten – wie es im Gesetz steht. Zu berücksichtigen ist lediglich die vertraglich festgelegte Rückzugslimite von 20000 Franken pro Monat.
Tipp: Bei allen Banken ist es möglich, das Geld eines Jugendkontos auf ein Kinderkonto einer anderen Bank zu überweisen.