Wenn ein lediger, kinderloser Mann stirbt und die Eltern noch leben, erben sie seinen gesamten Nachlass. Oder der Vater bzw. die Mutter, falls ein Elternteil bereits gestorben ist. Das gilt allerdings nur, wenn ein Testament fehlt. Andernfalls haben die Eltern einer ledigen, kinderlosen Person mindestens Anspruch auf den Pflichtteil. Er beträgt für jeden Elternteil ein Viertel des Nachlasses.
Was tut deshalb dieser Mann, wenn er eine Freundin hat und will, dass sie sein Geld bekommt? Er kann zum Beispiel bei der Bank ein 3a-Konto eröffnen, regelmässig einzahlen – und seine Freundin begünstigen. Das heisst: Er kann ein Testament verfassen, in dem er seine Freundin als Erbin einsetzt, und der Bank schriftlich mitteilen, dass seine Freundin bei seinem Tod die ganze 3a-Summe erhalten soll.
Das ist gängige Praxis. So informieren die Banken Kunden in der Regel, und diese Möglichkeit steht so auf allen Unterlagen bzw. Formularen, die die Banken für das Festlegen einer Begünstigtenordnung abgeben.
Doch die Sache hat einen Haken, viele 3a-Sparer wiegen sich in falscher Sicherheit. Denn eine Mehrheit der Rechtsgelehrten ist der Ansicht:
Eine solche Begünstigungserklärung gegenüber einer Bank kann das Erbrecht – im konkreten Fall der Eltern – für ein 3.-Säule-Konto nicht aushebeln. So sieht es zum Beispiel Rechtsprofessorin Regina Aebi-Müller von der Universität Luzern. In einem Fachaufsatz vom März 2014 schreibt sie: «Die überwältigende Mehrheit der Lehre wendet auf die Säule 3a die normalen erbrechtlichen Bestimmungen an, welche für freies Sparvermögen gelten.»
Noch existiert kein klarer Entscheid des Bundesgerichts
Das Bundesgericht hat sich zu diesem Problem noch nicht klar geäussert. Doch einige Bemerkungen der Richter kann man durchaus so interpretieren, dass auch sie Bankguthaben der 3. Säule als Teil des Erbschaftsvermögens betrachten.
Für den Fall des ledigen, kinderlosen Manns bedeutet das Folgendes:
- Falls er kein Testament gemacht hat, können die Eltern als Alleinerben mit einem Erbenschein in der Hand bei der Bank die gesamte Summe herausverlangen. Begünstigung der Freundin hin oder her. Dabei spielt es auch keine Rolle, wie lange das Konkubinat schon gedauert hat. Die Chance ist gross, dass die Eltern ihren Anspruch im Streitfall gerichtlich durchsetzen könnten.
- Hat er ein Testament verfasst, seine Freundin dort als Erbin eingesetzt und sie gegenüber der Bank bezüglich des 3a-Kontos als Begünstigte erklärt, hätten seine Eltern aber immer noch Anspruch auf ihren Pflichtteil.
- Falls also der ledige Mann keine wesentlichen sonstigen Vermögenswerte hinterlässt, um daraus den Pflichtteil der Eltern zu berappen, haben die Eltern zusammen einen Anspruch auf die Hälfte des 3a-Guthabens.
- Falls die Bank dennoch die ganze Summe ohne weitere Abklärungen und vorschnell der Freundin ausbezahlt hat, riskiert sie, dass sie den Eltern noch einmal Geld auszahlen muss. Unter bestimmten Umständen kann allenfalls die Freundin verpflichtet werden, einen Teil des Geldes zurückzugeben.
Das Gesagte gilt auch in anderen Konstellationen. Etwa wenn ein geschiedener Mann mit zwei Kindern seine neue Lebenspartnerin punkto 3a-Geld begünstigt. Die Chance ist gross, dass seine Kinder ihren Pflichtteil dennoch erhalten – notfalls aus dem 3a-Vermögen.
3a-Risikoversicherungen fallen nicht in den Nachlass
Denkbar ist auch, dass ein Lediger stirbt, der überschuldet ist. Weil allfällig vorhandenes Geld der dritten Säule zum Nachlass gehört, ist es wahrscheinlich, dass die Gläubiger darauf zugreifen können.
Und wie sieht es mit den Lebensversicherungen aus, die im Rahmen der dritten Säule abgeschlossen wurden? Hier gilt es zu unterscheiden:
- Handelt es sich um eine reine Todesfallrisiko-Versicherung, die zum Beispiel im Todesfall des Versicherten 200 000 Franken auszahlt, so fällt die ausbezahlte Summe nicht in den Nachlass und geht ohne Diskussion an die begünstigte Person. Es ist möglich, reine Todesfallrisiko-Versicherungen im Rahmen der 3. Säule abzuschliessen, damit die versicherte Person die Prämien in der Steuererklärung abziehen kann.
- Ähnlich ist es bei gemischten Versicherungen im Rahmen der Säule 3a, die die Risikoversicherung mit dem Sparen kombinieren. Auf die bei solchen Versicherungen übliche Todesfallsumme hat nur die begünstigte Person Anspruch, die Erben hingegen nicht. Bei der allfälligen Berechnung der Pflichtteile wird aber der Rückkaufswert der gemischten 3a-Versicherung mitgerechnet. Dieser Wert umfasst die einbezahlten Prämien minus die (hohen) Kosten der Versicherung.
Damit stellt sich die Frage: Was sollen Betroffene tun?
- 3a-Sparer sollten sich bei ihrer Bank erkundigen, ob das Geld im Todesfall an die begünstige Person ausbezahlt wird.
- Ledige können im Testament die Eltern auf den Pflichtteil setzen. So ist sichergestellt, dass die begünstigte und testamentarisch bedachte Freundin mindestens die Hälfte erhält.
- Eine vollständige Zuteilung des 3a-Sparguthabens an eine Konkubinatspartnerin ist nur gesichert, wenn keine pflichtteilsgeschützten Erben vorhanden sind. Oder wenn diese in einem notariell beurkundeten Erbverzichtsvertrag ausdrücklich auf dieses Geld verzichten. Ebenfalls keine Probleme gibt es, wenn allfällige Pflichtteilsansprüche aus dem übrigen Vermögen der Erbschaft befriedigt werden können.
- Übrigens: Wenn ein Lediger Pensionskassengeld auf einem Freizügigkeitskonto hat, gilt das Gesagte nicht. Das Bundesgericht hat klar festgehalten, dass solche Gelder nicht in die Erbmasse fallen. Also ist die Begünstigung einer Konkubinatspartnerin via Freizügigkeitskonto ohne Einschränkung möglich. Ihr Anspruch gilt unabhängig vom Erbrecht.
Banken: Problem erst zum Teil erkannt
Einige Banken klären ihre Kunden über die Problematik auf, andere nicht. Das zeigt eine Umfrage von K-Geld.
- Die Berner Kantonalbank schreibt: «Nach unserer Auffassung zählen Guthaben der 3. Säule zur Erbmasse. Pflichtteile dürfen nicht verletzt werden. In der Beratung machen wir die Kunden darauf aufmerksam.»
- Auch die Versicherung Swisslife ist der Ansicht, dass 3a-Bankguthaben wie freie Vermögenswerte zu handhaben sind. Und: Deshalb gebe es «unseres Wissens» Bankstiftungen, die Begünstigten das Geld nicht direkt auszahlten, «sondern es dem Nachlass gutschreiben und die Aufteilung den Erben überlassen». Denn so werde das Risiko einer Doppelzahlung vermieden.
- Raiffeisen räumt immerhin ein, dass die Sache umstritten ist.
- Bank Coop und Zürcher Kantonalbank hingegen sind eher der Meinung, dass 3a-Bankguthaben nicht dem Erbrecht unterstehen.
- Credit-Suisse, Migros-Bank und UBS haben sich zur Rechtslage nicht geäussert.