K-Geld-Leser Fritz Küchler (Name geändert) aus dem Kanton Schwyz wurde Mitte letztes Jahr 65 Jahre alt. Sein Arbeitgeber war der Pensionskasse der Swiss Life Sammelstiftung angeschlossen. Küchler überlegte sich, auf welchen Zeitpunkt sich die Pensionierung am meisten lohnt. Er dachte: Je länger er die Rente aufschiebt, desto höher wird sie sein. Grund: Die Pensionskasse verzinst das Altersguthaben weiterhin. Die Sammelstiftung Swiss Life zahlt zudem eine Überschussbeteiligung. Das ist ein Anteil am Gewinn, der auf die Versicherten verteilt wird.
Küchler plante, Ende 2018 in Rente zu gehen. Dann teilte ihm die Swiss Life auf Anfrage mit: Nur wer am 1. Januar 2019 noch versichert sei, erhalte einen Anteil am Gewinn für das vorherige Jahr. Swiss Life begründet dies mit dem Kassenreglement. Dort steht: «Eine versicherte Person hat Anspruch auf die errechnete Summe, wenn sie dem Vorsorgewerk am massgeblichen Stichtag angehört.» Der Anteil des Überschusses werde am Stichtag – am 1. Januar des Folgejahrs – fällig.
Diese Formulierung stützt die Ansicht der Swiss Life jedoch nicht. Denn der massgebliche Stichtag für die Entstehung des Anspruchs ist nicht das Gleiche wie der Fälligkeitstermin für die Auszahlung des Betrags. Ist ein Reglement unklar, gilt rechtlich die für den Kunden günstigere Interpretation.
Beim Verteilen einer Gewinnbeteiligung ist aber im Grunde nichts unklar. Der Anspruch entsteht für eine bestimmte Periode – hier ein Jahr. Wenn Küchlers Altersguthaben bis Ende Jahr bei der Swiss Life liegt und zum Gewinn beiträgt, hat er für diese Zeit Anspruch auf Gewinnbeteiligung.
Wer Ende Jahr aus der Kasse austritt, hat Anspruch auf den Zins
Die Haltung der Swiss Life widerspricht der Praxis des Bundesgerichts. Bis vor wenigen Jahren hatten viele Pensionskassen festgelegt, dass nur Versicherte Zinsen auf ihrem Kapital erhalten, die am 1. Januar des Folgejahrs noch versichert sind. Der «K-Tipp» zog diese Praxis in einem Musterprozess ans Bundesgericht. Es entschied: Wer Ende Jahr austritt, hat Anspruch auf den Zins («K-Tipp» 6/2015). Dasselbe muss auch für den Anteil am Gewinn der gleichen Periode gelten.
Swiss-Life-Sprecherin Barbara Studer sieht dies anders: «Die Rechtsprechung des Bundesgerichts bezieht sich nur auf die Verzinsung des Altersguthabens.» Sie räumt jedoch gegenüber K-Geld ein: «Die unterschiedliche Behandlung der Verzinsung von Altersguthaben und der Überschusszuweisung wirft gewisse Fragen auf.» Die Swiss Life prüfe zurzeit «verschiedene Möglichkeiten, ob und wie man die Beteiligung anpassen kann».
Der Neurentner Fritz Küchler wartete nicht ab, bis die Swiss Life die Möglichkeiten geprüft hat. Er liess sich Mitte des letzten Jahres pensionieren. Auf die Überschussbeteiligung verzichtete er. Denn stärker als diese sowie der Sparzins fiel bei ihm der Umwandlungssatz ins Gewicht. Die Swiss Life wendet nämlich für jeden Monat des Aufschubs der Rente einen tieferen Umwandlungssatz an. Küchler bekam somit eine höhere Rente, wenn er sie früher bezog.