Im Oktober liegt ein Prospekt der Zürcher Kantonalbank (ZKB) im Briefkasten des K-Geld-Redaktors. «Twinten ist bezahlen, nur besser», heisst es darin. Die ZKB verspricht jedem, der die Bezahl-App ausprobiert, eine Gutschrift von 10 Franken. Grund also, die App zu testen.
«ZKB Twint» lässt sich im App-Store von Google oder Apple schnell herunterladen. Installation und Einrichtung auf dem Smartphone dauern allerdings einiges länger. Die App verlangt Zugriff auf die Fotokamera, um die Bankkarte einzuscannen. Dann muss man noch einige Kontaktdaten sowie die Handynummer eintippen. Nach der Eingabe eines SMS-Aktivierungscodes, der Annahme der Ver-tragsbedingungen sowie der Festlegung einer 6-stelligen Zahlenkombination ist Twint provisorisch aktiviert. Die definitive Aktivierung erfolgt mit einem Code, der auf dem Postweg eintrifft.
Benutzung der App ist mit einigen Tücken verbunden
Als Erstes fordert der Tester die 10 Franken von der ZKB. Twint lässt sich fast wie eine Debitkarte (Maestro, Postfinance Card) mit Kontaktlosfunktion nutzen. An Ladenkassen mit Bezahlterminal öffnet man die App, tippt auf «QR-Code» (QR steht für «Quick Response») und scannt mit der Handykamera das schwarz-weisse Quadratmuster auf dem Bildschirm ein. Die Zahlung wird bestätigt, und die Bank bucht das Geld vom Konto ab.
In der Praxis ist das Zahlen mit Twint mit Tücken verbunden: Man muss die App rechtzeitig starten und via Fingerabdruck oder Code-Eingabe fürs Zahlen bereitmachen. Die Handykamera am Zahlterminal exakt auszurichten, ist nicht einfach. Und bisweilen kommt es zu technischen Verzögerungen bei der Übermittlung der Zahlungsdaten.
All das braucht Zeit und führt dazu, dass man von anderen Kunden in der Warteschlange vorwurfsvolle Blicke und spitze Bemerkungen erntet. Einfacher geht es an Kassen, die über einen «Beacon» verfügen – einen Bluetooth-Funksender, auf dem das Twint-Logo mit dem verschlungenen W steht (siehe Bild im PDF). Da braucht man mit der Kamera nicht mehr zu zielen. Doch Beacons sind rar.
Im zweiwöchigen Praxistest kommt es zu drei Totalversagern. Einmal zeigt das Terminal nach dem Scannen eine Fehlermeldung an, ein anderes Mal ist der Datenempfang zu schlecht, weil sich die Kasse im Untergeschoss befindet. Und das Terminal im Migrolino am Bahnhof Winterthur ZH ist technisch nicht in der Lage, Twint-Zahlungen zu verarbeiten. In diesen Fällen setzt der Tester auf Plan B und zahlt mit der Maestro-Karte. Das geht blitzschnell und problemlos.
Die Twint-App lässt sich angeblich in vielen Internetshops einsetzen. In der Praxis bietet aber erst der vierte angewählte Shop diese Möglichkeit. Bei Galaxus.ch wählt der Tester als Zahlungsmittel Twint. Dann erscheint auf dem Computerbildschirm ein QR-Code, der mit der Handy-App gescannt wird. Das ist bequemer und schneller als das Eingeben von Kreditkartendaten. Hat man diese Daten im Kundenkonto des Shops schon hinterlegt, fällt dieser Vorteil aber weg.
Kein Vorteil gegenüber Debit- und Kreditkarten
Eine weitere Möglichkeit, Twint zu benutzen, ist die Geldüberweisung. Das kann praktisch sein, wenn man Freunden oder Bekannten kleinere Geldbeträge schuldet und zu wenig Bargeld zur Hand hat. Man gibt in der App den gewünschten Betrag ein, wählt aus den Handykontakten den Empfänger aus und sendet den Betrag. In Sekundenschnelle ist das Geld dem Konto des Empfängers gutgeschrieben. Voraussetzung ist jedoch, dass er ebenfalls Twint installiert hat.
Das Fazit nach zwei Wochen Twint: Die Bezahl-App bringt gegenüber Debit- und Kreditkarten keinen Mehrwert. Beim Zahlen an Terminals erweist sich Twint als langsam, umständlich und fehleranfällig.
Twint-App: Viele Downloads, geringe Nutzung
Die App Twint soll das Zahlen erleichtern und das Handy zum digitalen Portemonnaie machen. Hinter Twint stehen Schweizer Banken wie UBS, Credit Suisse, Raiffeisen, Postfinance, diverse Kantonalbanken sowie der Zahlungsdienstleister Six.
Jede Bank hat ihre eigene Version der Twint-App. Sie wird mit dem eigenen Bankkonto oder einer Kreditkarte verbunden. Zudem gibt es in den App-Stores von Apple und Google eine bankenunabhängige Prepaid-Version. Download und App-Nutzung sind gratis. Twint verdient, indem die Händler bei jeder Transaktion einen kleinen Prozentsatz zahlen. Einsetzen lässt sich die App nur in der Schweiz.
Laut einer Studie der Hochschule Luzern haben sich bis Ende Oktober rund 1 Million Personen bei Twint registriert. Allerdings hat ein Drittel der Kunden seit Anfang Jahr noch keine einzige Zahlung getätigt. Nur etwa jeder vierte Kunde nutzte die App im Jahr 2018 mehr als einmal pro Monat.