Erich Holzer aus Wien (Name geändert) war Ende 2019 auf der Suche nach einer Anlagemöglichkeit im Cannabis-Bereich. Bei der Swiss Premium Canna AG aus Dübendorf ZH wurde er fündig. Cannabis ist bei Anlegern zurzeit deshalb beliebt, weil einige Bundesstaaten der USA den Anbau und Verkauf des Krauts legalisierten oder dies in Erwägung ziehen. Cannabis mit niedrigem THC-Gehalt ist auch in der Schweiz legal.
Holzer war nicht bewusst, wie riskant ein Investment in dieser Branche ist. Er kaufte von Robert Matic, der sich als «geschäftsführender Gesellschafter» der Swiss Premium Canna AG vorstellte, Aktien im Wert von über 40 000 Franken.
Hersteller von CBD-Öl für pharmazeutische Zwecke
Swiss Premium Canna versprach, im Kanton Thurgau Cannabis-Pflanzen für pharmazeutische Zwecke anzubauen und daraus Cannabis-Produkte wie etwa CBD-Öl herzustellen. CBD ist legal und steht für den Hanfwirkstoff Cannabidiol. Dieser ist nicht berauschend wie der psychoaktive Hanfinhaltsstoff THC, soll aber etwa bei chronischen Schmerzen und Schlafmangel helfen.
Holzer legte für 600 Aktien, die nominal 10 Rappen wert waren, bis zu 95 Franken pro Stück hin. Total habe die Firma 25 000 Aktien für 95 Franken im Angebot, steht in einem Werbeprospekt. Also Papiere für 2,375 Millionen Franken. Schon für das erste Jahr wurden Dividenden von 3 Franken pro Aktie in Aussicht gestellt. «In den Folgejahren» würden es 7.50 bis 12 Franken pro Aktie sein.
Zu Beginn schien das Investment zu blühen. Holzer erhielt Geschäftsbriefe, in denen ihm eine baldige Dividende in Aussicht gestellt wurde. Der Umsatz habe sich verfünffacht. Auch während der Pandemie schien die Firma allen Widrigkeiten zu trotzen, obwohl die Preise für Cannabis um rund 30 Prozent eingebrochen waren.
Im November 2020 wurde Holzer stutzig. Denn statt Dividenden erhielt er von Matic einen «dringenden Aufruf», nochmals Geld in die Firma einzuschiessen – angeblich wegen eines Einbruchdiebstahls mit über 100 000 Franken Schaden. Zugleich zeichnete Matic ein rosarotes Bild vom Zustand der Firma: «Trotz dieser kleinen Rückschläge werden wir für das laufende Jahr ein gutes Ergebnis einfahren.»
Chaotische Buchhaltung, unbezahlte Rechnungen
Was Holzer nicht wusste: Die Firma befand sich schon damals gefährlich in Schieflage. Wenige Monate nach dem Brief an Holzer wurde Geschäftsführer Matic abgelöst. Im Mai 2021 erhielten die Aktionäre Post von der neuen Führungsmannschaft. Es gebe auch 2021 keine Dividenden, liess man die Aktionäre wissen.
Die neue Führung stiess auf ein heilloses Durcheinander in der Buchhaltung und unbezahlte Rechnungen. Noch gravierender: Offenbar hatte die Swiss Premium Canna keinen einzigen Abnehmer in der pharmazeutischen Branche für ihre Produkte.
Die neue Führung stellte auch fest, dass die meisten Waren der Firma ins Ausland geliefert wurden. Die Ware wurde legal produziert, aber abgesetzt wurde wohl nicht CBD. Vielmehr tauchte der Verdacht auf, dass die Blüten im Ausland jeweils «aufgespritzt» wurden. Das heisst, das legale Gras könnte im Ausland mit synthetischen Cannabinoiden versehen worden sein, die teilweise stärker wirken als natürliches Cannabis. Fakt ist: Als die neue Crew diese Verkäufe ins Ausland unterband, brach der Umsatz der Canna vollends ein.
Im Dezember 2021 erhielt Investor Holzer die Nachricht, dass die Firma pleite sei. Holzer zu K-Geld: «Ich war der Meinung, dass mein Erspartes in der Schweiz gut angelegt ist.» Sein Geld dürfte verloren sein, am 3. Februar wurde vom Bezirksgericht Uster über die Firma der Konkurs eröffnet.
Der Wiener Anleger wusste nicht, dass die Canna-Gründer Robert Matic und Orhan Yilmaz in der Aktienszene einschlägig bekannt sind: Robert Matic etwa war Verkäufer bei der Teakholz-Firma Prime Forestry, die 2006 von der Finma-Vorgängerin, der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK), aus dem Verkehr gezogen wurde. Orhan Yilmaz erhielt bis zu 30 Prozent Kommission für die Aktienverkäufe der Swiss Premium Canna. Schon in der Vergangenheit verkaufte er arglosen Investoren Risikoaktien von Firmen wie Keyreturn oder Condor Gold (siehe K-Geld 1/2014). Keine dieser Firmen existiert heute noch, die Investoren verloren Millionen.
Verantwortliche machen mit neuen Firmen weiter
Auf dem Geschäftsnetzwerk Linkedin gab Robert Matic bis zu einer Anfrage von K-Geld an, er arbeite für Cannabis-Firmen wie Rockweed AG und Agrotrade. Letztere sucht zurzeit auf Cannabiomasseinvest.com neue Investoren für «Outdoor Cannabis Anbau». Gelockt wird mit einer «Durchschnittsrendite» von 11 Prozent pro Jahr. Im «Team» der Agrotrade fungiert der Landwirt Ernst Fillinger, der bei der Swiss Premium Canna AG Verwaltungsratspräsident war.
Fillinger sagt, er mache nur den Anbau für Agrotrade – und er bestätigt gegenüber K-Geld, dass Matic Vorauszahlungen für diese Anpflanzung in bar überbrachte.Robert Matic nahm zu den Vorwürfen nicht Stellung. Er behauptet aber, er habe mit Agrotrade nichts zu tun. Der Eintrag auf Linkedin sei ein «Fehler» gewesen. Orhan Yilmaz nahm gegenüber K-Geld keine Stellung.