Eine der Grundregeln beim Geldanlegen lautet: Nicht alle Eier in einen Korb legen. So sollte man etwa nicht nur Aktien von zwei oder drei Unternehmen halten, sondern das Risiko streuen. Aber gilt das Prinzip der Diversifikation auch geografisch? Sollten Anleger das Geld nicht nur in Schweizer, sondern auch in Aktien aus dem übrigen Europa, den USA, Japan, Asien oder den Schwellenländern stecken?
Überall auf der Welt gibt es Anleger, die bevorzugt oder sogar ausschliesslich auf Aktien aus dem eigenen Land setzen. In der Fachliteratur herrscht die Meinung vor, dass das ein Anlagefehler ist. Gemäss finanzwissenschaftlichen Studien kann man mit dem geografischen Streuen der Anlagesumme eine höhere Rendite bei gleichen Schwankungen an den Aktienmärkten herausholen. Oder eine gleiche Rendite bei geringeren Schwankungen. Nur: Eine Theorie muss in der Praxis nicht zutreffen. Auch gibt es immer Ausnahmen von der Regel.
Ein Blick zurück zeigt: Schweizer Anleger erzielten mit ausländischen Aktien keine höhere Rendite als mit einheimischen:
Der letzte Aktienmarktzyklus mit guten und schlechten Zeiten setzte Mitte 2007 ein. Bis Mitte 2019 legte der Schweizer Aktienmarkt gemäss dem Index SPI um fast 60 Prozent zu. Aktien Welt, inklusive Schwellenländer, kamen in Franken gerechnet auf ein Plus von 34 Prozent (Index: MSCI ACWI). Das ist nur etwas mehr als die Hälfte.
Vor einigen Jahren schaute sich die Vermögensverwaltungsfirma Hinder eine noch viel längere Zeit an: 1950 bis 2015. Und zwar für Schweizer, europäische und US-Aktien. Der Schweizer Aktienmarkt erzielte im Durchschnitt der Jahre eine Rendite von 8 Prozent – die anderen Aktien blieben in Franken gerechnet mit 7,2 (Europa), respektive 7,3 Prozent (USA) etwas darunter.
Die umfassendsten Daten zu historischen Renditen stammen von Elroy Dimson, Paul Marsh und Mike Staunten. Die drei Wissenschafter aus dem Umfeld der London Business School untersuchten über 20 Länder, von Neuseeland im Osten bis USA und Kanada im Westen – und zwar seit dem Jahr 1900. In der Schweiz rentierten Aktien seitdem real – nach Abzug der Inflation – 4,5 Prozent pro Jahr. Damit lagen sie ungefähr im weltweiten Mittel.
Am meisten Umsatz erwirtschaften Schweizer Unternehmen in den USA
Wie relevant ist der Unterschied zwischen in- und ausländisch heute überhaupt noch? Im Zuge der Globalisierung spielt das Domizilland der Unternehmen nicht mehr die gleiche Rolle wie früher. Das gilt besonders für die an der Schweizer Börse kotierten Unternehmen. Beispiel Nestlé: Der Nahrungsmittelkonzern mit Hauptsitz in Vevey am Genfersee erwirtschaftet nur noch 1,4 Prozent des Umsatzes in der Schweiz.
Nestlé ist zwar ein Extremfall. Aber tatsächlich ist kein Aktienmarkt so globalisiert wie der schweizerische. Zumindest was den Stellenwert des Domizillandes beim Umsatz anbelangt (siehe Grafik im PDF). Die an der Schweizer Börse kotierten Unternehmen erwirtschaften total nur noch etwa 10 Prozent des Umsatzes im Heimatland. Andere Regionen fallen viel mehr ins Gewicht. Am meisten Umsatz erwirtschaften die Schweizer Unternehmen mit fast 30 Prozent in den USA. Die Euro-Länder kommen auf 20 und die asiatischen Schwellenländer auf 13 Prozent. Das zeigt eine Auswertung von Morningstar, einem international anerkannten Finanzdienstleister.
Zweifellos hat die Schweiz für einheimische Unternehmen eine grössere Bedeutung, als es die Umsätze nahelegen. Zum Beispiel bei der Forschung und anderen hochqualifizierten Arbeiten. Trotzdem steckt im Swiss Market Index (SMI) viel weniger Schweiz, als man wegen des Namens meinen könnte. Das Gleiche gilt für den SPI (Swiss Performance Index) oder SLI (Swiss Leader Index).
Oder anders ausgedrückt: Anleger, die breit in den Schweizer Aktienmarkt investieren, zum Beispiel mit einem Indexfonds, sind sehr international aufgestellt.
Ausländische Aktien sorgen für ein ausgewogenes Portfolio
Trotzdem sollten Anleger auch in ausländische Aktien investieren. Denn historisch gute Renditen sind keine Garantie für die Zukunft. Aktienmärkte entwickeln sich zudem nicht gleichläufig. Zum Beispiel schnitten US-Aktien in den vergangenen zehn Jahren insgesamt viel besser ab als Schweizer Titel. Es war aber auch schon umgekehrt. Wer also auch in ausländische Aktienmärkte investiert, verringert die Schwankungen seines Portfolios.
Anleger sollten auch bedenken: Der Schweizer Aktienmarkt ist stark von den Titeln Nestlé, Novartis und Roche abhängig. Mit verschiedenen ausländischen Aktien sorgt man für mehr Ausgewogenheit im Portfolio.
Wer gerade erst anfängt, Aktienpositionen aufzubauen, macht nichts falsch, wenn er in einem ersten Schritt einen Indexfonds auf den SPI oder SLI kauft. Das Ziel sollte aus Risikoüberlegungen aber doch ein Portfolio sein, dass auch ausländische Aktien enthält. Denn man weiss nie, welche Titel, Branchen oder Aktienmärkte sich künftig wie entwickeln.