T. P. ist eine vielseitige Frau. Sie betreibt eine Verlags- und Werbeagentur, sie hat einen Geschenk-Shop, sie vermittelt Heimarbeit, und sie verkauft Esoterik-Bücher. Etwa «Das Geheimnis der Mlle Lenormand», in dem eine «grosse Seherin» zeigt, wie man «mit Hilfe der Karten die geistigen Gesetze von Ursache und Wirkung verstehen» kann.
Die 57-jährige P. dilettiert auch als Malerin – ein Ölgemälde heisst «Der Butler» und kostet 1400 Franken, ihr «Wildwasser» ist für 3700 Franken zu haben.
T. P. fühlt sich auch befähigt, fremden Leuten Vorsorgeprodukte zu verkaufen. So kam es, dass sie im Sommer bei Margrit Weibel (Bild) in Dierikon LU auftauchte, um ihr eine Fondspolice der Pax-Versicherung zu verkaufen.
WNB verspricht Traumrendite für Fundstar, aber ...
Dabei stellte sich P. als Mitarbeiterin der WNB Finanzanlagen vor, den K-Geld-Lesern als Strukturvertrieb bekannt. Die Pax schreibt, P. habe die «interne Grundausbildung» des WNB durchlaufen. Tatsache ist – und das gibt P. auch zu: Es war lediglich eine Schulung über das Produkt, das sie jetzt zu verkaufen sucht. Zudem absolviere sie eine wöchentlich stattfindende Weiterbildung.
Das Produkt – das ist eine Fondspolice namens Fundstar. Auffallend dabei ist die stolze Ablaufleistung. Bei einer Jahresprämie von 3000 Franken resultiert gemäss dem Papier nach 35 Jahren ein hohes Endkapital von 696963 Franken – und zwar bei einer angenommenen Fondsrendite von 10 Prozent pro Jahr.
10 Prozent pro Jahr – das ist unrealistisch. Eine so hohe Erwartung zu wecken sei «absolut unseriös», sagt der ehemalige Wirtschaftsprofessor Walter Wittmann aus Bad Ragaz GR. Niemand wisse, wie sich die Börse in Zukunft entwickle.
Die Pax sagt dazu, Fundstar habe sich seit seiner Gründung im März 2003 gut entwickelt und eine jährliche Rendite von 9,5 Prozent erzielt. Deshalb habe die hohe Prognose für die Zukunft «ihre Begründung».
... allein dieses Jahr verlor er 17 Prozent
Dieses Resultat ist ein reiner Glückstreffer. Es war nur möglich, weil im März 2003 eine Börsenbaisse endete und damit der ideale Zeitpunkt für den Börseneinstieg gegeben war. Heute sieht es anders aus: Allein im laufenden Jahr hat das Portfolio 17 Prozent an Wert eingebüsst. Kommt noch dazu, dass die aufgeführten Ablaufleistungen für den Fundstar nicht die Wahrheit zeigen.
Beispiel: Bei einem angenommenen Fondswachstum von 9 Prozent pro Jahr prognostiziert die Pax bei einer Jahresprämie von 3000 Franken eine Endsumme von 81785 Franken. Effektiv ist das nur ein Zuwachs um 7,16 Prozent pro Jahr.
Strukturbetrieb: Kunden sollen Verkäufer werden
Würden effektiv 9 Prozent gutgeschrieben, müsste die Zahl viel höher sein, nämlich 96010 Franken. Doch dem stehen die hohen Kosten entgegen, die die Rendite schmälern. Die Pax sagt, die Kosten seien marktüblich.
Typisch für Strukturvertriebe ist, dass die Verkäufer ihre Kunden auch gleich zum Mitmachen animieren wollen, damit sie ebenfalls Fondspolicen verkaufen. So verdienen sie mehr.
Dazu zeichnete T. P. einen Verdienstplan für Mitarbeiter im Nebenverdienst. Er zeigt: Wenn ein Verkäufer jede Woche zwei Policen verkauft und gleichzeitig neue Verkäufer anheuert, verdient er im Monat 4500 Franken. Später sollen monatlich 10000 Franken oder mehr locken.
Das ist auch der Grund, warum P. im Internet Leute für einen «Nebenberuf mit Zukunft oder neue Karriere» sucht, und zwar für eine «seriöse Nebentätigkeit». Im Inserat heisst es, sie biete ein «überdurchschnittliches Einkommen». Das dürfte genauso übertrieben sein wie die unrealistischen Gewinnaussichten der Fondspolice.