«Du, meine Schwester besucht nächsten Monat einen medizinischen Fachkongress in Europa.» Wenn jemand zu mir so etwas sagt, weiss ich meistens schon, was als Nächstes kommt. Nämlich die Frage, ob ich nicht vielleicht die Registrierungsgebühren vorstrecken könnte.
Jetzt ist es natürlich nicht so, dass das Spital, bei dem die erwähnte Schwester angestellt ist, die Gebühr für den Kongress nicht zahlen würde. Nur: Bis die Freigabe der Devisen durch die Zentralbank organisiert, die Überweisung dann tatsächlich durchgeführt und das Geld angekommen ist, dürfte der Kongress wahrscheinlich schon vorbei sein – ohne die Schwester.
Als Ausländerin in Tunesien bekomme ich häufig solche Anfragen meiner einheimischen Freunde und Kollegen. Denn zum einen darf die Landeswährung, der tunesische Dinar, nicht ausgeführt werden. Zum anderen hat der tunesische Staat seinen Bürgern strikte Devisenbestimmungen auferlegt. Denn Devisen sind ein rares Gut. Die will der Staat möglichst im Land behalten.
So ist zum Beispiel der Währungstausch für Auslandsreisen streng reglementiert. Der tunesische Normaltourist darf zurzeit maximal 6000 tunesische Dinar pro Kalenderjahr wechseln – das sind aktuell rund 2370 Franken. Die sind bei einer Auslandsreise schnell aufgebraucht. Ausnahmeregelungen gibt es nur für Mitarbeiter internationaler Firmen. Diese erhalten auch international gültige Kreditkarten.
Die strengen staatlichen Regeln besagen auch: kein Paypal. Also muss der tunesische Bürger jedes Mal, wenn er per Internet ausserhalb Tunesiens irgendeinen virtuellen Dienst oder ein Produkt erwerben möchte, erst einmal jemanden mit Kreditkarte fragen: «Könntest du vielleicht mal ...?». Auch ich höre diese Frage oft von Freunden und Kollegen.
Besonders verärgert über diese strengen Regelungen sind all die jungen Unternehmer, die in kleinen Start-ups unterwegs sind. Immerhin gibt es für sie seit zwei Jahren eine sogenannte «Internationale Technologiekarte». Man kann sie bei der tunesischen Post oder einer Bank erwerben und darauf Dinar laden. Pro Jahr und Firma sind maximal 10000 Dinar erlaubt – knapp 4000 Franken. Damit dürfen die Unternehmer internationale Geschäfte abwickeln.
Doch nicht nur die Kreditkarte ist häufig gefragt. Auch der ausländische Ausweis. Vor allem am Freitag, dem muslimischen Ruhetag, und an wichtigen religiösen Feiertagen. Denn der Ausweis erlaubt es, im grössten Supermarkt der Hauptstadt Tunis trotz Verbot Alkohol einzukaufen – auch für einheimische Freunde. Den brauchen sie wahrscheinlich schon, um den Ärger über die strengen Devisenregeln ertragen zu können.