Bisherige durchschnittliche Jahresrenditen von 12,8 Prozent: Diese Zahl stach Anleger Urs Bärtschi aus Thun ins Auge, als die Credit Suisse im Jahr 2007 eine Werbekampagne startete. Verkauft wurde ein strukturiertes Produkt mit der sperrigen Bezeichnung «Open-end- Zertifikat auf den CS Rolling Optimised Carry Index G18».
Die Idee hinter dem Produkt mit dem Valor 2942997: Der Manager leiht Geld in Ländern mit niedrigen Zinsen aus. Dieses billige Geld legt er in Hochzins-Ländern an. Die Zinsdifferenz ergibt den Profit – solange die Zins- und Währungslandschaft stabil bleibt. Vor der Lancierung des Produkts im Jahr 2007 ging das gut. Laut CS legte der entsprechende Index in den Jahren 1999 bis 2007 durchschnittlich um 12,8 Prozent pro Jahr zu. In den Verkaufsunterlagen erwähnte die CS auch «empirische Studien». Diese hätten gezeigt, dass die «Währungsschwankungen im Durchschnitt nicht gross genug sind, um die Vorteile der Zinsdifferenzen zwischen den Ländern zu gefährden.»
Doch dann geschah genau das Gegenteil. Die Finanzkrise 2008/ 2009 warf das Konzept über den Haufen. In vielen Ländern sanken die Zinsen deutlich, die Zinsdifferenzen wurden kleiner. Auch die entsprechenden Währungsverschiebungen bescherten dem CS-Produkt Verluste: Währungen mit Niedrigzinsen (zum Beispiel der Schweizer Franken) gewannen an Wert, während Hochzinswährungen schwächer wurden (etwa Südafrikanischer Rand, Brasilianischer Real, Türkische Lire).
So kam es, dass das Zertifikat stetig an Wert verlor, wie die Grafik zeigt. Anleger Urs Bärtschi investierte 7000 Franken. Der aktuelle Wert seiner Anlage liegt bei 3130 Franken. Das bedeutet einen Verlust von 55 Prozent. Bärtschi kritisiert, bei der CS seien Anfänger am Werk. Und diese hätten mit einer «Fehlkonstruktion» sein Geld verspielt. Die CS entgegnete ihm, historische Wertentwicklungen seien «kein verlässlicher Indikator für zukünftige Ergebnisse». Bärtschi verlangte auch eine Entschädigung, weil er findet, die CS hafte für dieses fehlerhafte Produkt. Davon wollte die CS aber nichts wissen.
Inzwischen hat die Bank die Reissleine gezogen: Sie kündigte Ende Oktober 2015 an, sie werde das Produkt am 6. Mai 2016 auflösen und den Restbetrag den Anlegern auszahlen. Die CS selber hat dennoch gut verdient: Jedes Jahr zog sie den Anlegern eine Verwaltungsgebühr von 1,5 Prozent ab.
Tipps: Die Lehren aus der Zinsspekulation
Spekulationen auf Zinsdifferenzen und Währungen sind hochriskant. Laien sollten die Finger davon lassen.
Zu spezielle Investitionsstrategien funktionieren meist einige Zeit sehr gut – doch bei Veränderungen der wichtigsten Einflussfaktoren verändert sich ihr Risikoprofil, und das Verlustrisiko steigt.
Lassen Sie sich nicht von schönen Werbeaussagen blenden. Und seien Sie skeptisch, wenn man Ihnen tolle Renditen in Aussicht stellt. Hohe Renditechancen bedeuten immer auch hohe Risiken. Prognosen im zweistelligen Prozentbereich sind unrealistisch.
Hausprodukte einer Bank sind nicht immer die besten Anlagen.
Halten Sie sich an den Grundsatz der Diversifikation: Nie alle Eier in den gleichen Korb legen.
Bevorzugen Sie beim Investieren einfache und leicht verständliche Produkte. In der Regel sind das Anlagefonds und ETFs.
Gebühren fressen an der Rendite. So gesehen haben kostengünstige Anlagen langfristig bessere Renditechancen.