Die teuerste Stadt der Welt

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K-Geld 01/2022

02.02.2022

Agnes Fazekas, Korrespondentin in Tel Aviv, Israel

Tel Aviv wurde vor kurzem zur teuersten Stadt der Welt gekürt. Darüber überrascht ist hier niemand. Schon im Jahr 2011 protestierten die Städter auf dem Rothschild-Boulevard mit Zelten gegen Mieten, für die es zwei Monatslöhne braucht, und gegen Mietverträge, die auf ein Jahr begrenzt sind.

Innert sieben Jahren bin ich sieben Mal umgezogen. In die erste Wohnung wurde eingebrochen, weil die Haustür aus einer Spanplatte bestand. Der Vermieter sc...

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Innert sieben Jahren bin ich sieben Mal umgezogen. In die erste Wohnung wurde eingebrochen, weil die Haustür aus einer Spanplatte bestand. Der Vermieter schraubte ein Vorhängeschloss daran. Die zweite Wohnung war ein illegaler Aufbau mit einer Aussentreppe – so wacklig, dass wir lieber am Himmel die Raketen aus Gaza bestaunten, statt den nächtlichen Abstieg zu wagen. Die dritte wurde im Winterregen zum Swimmingpool. Nummer fünf war ein ehemaliger Pferdestall mit Rattenbesuch. Aber die Lage an der Stadtmauer des Stadtteils Jaffa war so attraktiv, dass der Eigentümer lieber ein Café daraus machte. Meine heutige Wohnung schien ein Glückstreffer, bis mir im Schlaf ein Regentropfen ins Gesicht fiel. Die Miete zahle ich klaglos bar. So spart der Besitzer Steuern.

Freitags findet im Flohmarktviertel von Jaffa jeweils ein Künstlermarkt statt. Shlomi Atour verkauft Möbel, die er vor seinem Laden aufgestellt hat. Noch vor zehn Jahren war Jaffa ein raues Pflaster. «Da drüben hat ein Typ gestohlene Velos verkauft», sagt Shlomi. «Dort hinten, wo heute ein hippes Restaurant ist, gab es nur blinde Spiegel im Angebot. Aber das Quartier hatte Charakter.» Der 43-Jährige windet sich zwischen Lampenschirmen und Kommoden zur Werkstatt durch. Über unseren Köpfen hängen antike Gitarren. An der Wand verkündet ein Blechschild: «Arti Zachen». Das ist Jiddisch und bedeutet «Alte Sachen». «Alte Sachen bedeuten heute Abfall», sagt Shlomi. «Ich mache Kunst daraus.» Am Tischlein aus den 1960er-Jahren musste er nicht viel machen. Als er den Preis nennt, schlucke ich. Mit Flohmarktpreisen hat das nichts zu tun. Trotzdem kaufe ich den Tisch. Shlomi rechtfertigt sich: «Ich schenke den Leuten Aufmerksamkeit und bewahre die Geschichte. Anders als die Immobilienhaie, die das Quartier umkrempeln.»

Aber auch Shlomi und ich sind Teil der Gentrifizierung. Er lockt Leute wie mich an, die absurde Preise zahlen. So tragen wir dazu bei, dass sich die Araber Jaffa nicht mehr leisten können.

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