«Ihre Vorsorgepolice ist frei verfügbar»: So beginnt der Brief, den ein Axa-Winterthur-Kunde aus Zürich im Februar 2017 erhielt. Darin will man ihm eine «vorzeitige Auflösung» seiner Lebensversicherung schmackhaft machen. Der Kunde könne nicht mehr «mit den ursprünglich erhofften Renditeüberschüssen rechnen». Und: «Wir bieten Ihnen bei einer Auflösung eine einmalige Zusatzvergütung an.»
K-Geld hat nachgerechnet und kommt zum Schluss: Wer Bargeld braucht, kann auf das Rückkauf-Angebot eingehen. Wer hingegen das in der Police gebundene Sparkapital nicht sofort benötigt, sollte die Police weiterlaufen lassen. Denn die Axa-Winterthur-Idee bringt den Versicherten eine finanzielle Einbusse.
Mit der «Vorsorgepolice» meint die Axa Winterthur ihre normale Lebensversicherung, die in der Regel mit Jahresprämien finanziert wird. Ein Teil der Kundenprämie geht für die Absicherung des Todesfalls und für die Kosten weg. Der grössere Brocken landet im Spartopf, wo ihn die Axa Winterthur mit einem festen, garantierten Satz verzinst. Die Gesellschaft hat viele ältere Policen mit einer garantierten Verzinsung von 2,5 oder 3 Prozent.
Und genau hier liegt das Problem: Ein garantierter Zins von 2,5 bis 3 Prozent ist im gegenwärtigen Tiefzinsumfeld für die Sparer interessant, für die Axa Winterthur weniger. Deshalb will sie nun die hohen Zinsversprechen loswerden.
Wie negativ das für die Kundschaft wird, zeigt ein Rechenbeispiel: Bei einer noch laufenden Sparpolice mit einer garantierten Verzinsung von 2,5 Prozent käme es bei sofortiger Auflösung zu einer Auszahlung von 43284 Franken (inkl. 917 Franken «einmalige Zusatzvergütung»). Garantiert sind hier per Ablauf in knapp sechs Jahren 68952 Franken.
Wer die 43284 Franken nimmt und dieses Geld neu selbst mit einem konstanten Zins von angenommen 0,4 Prozent pro Jahr anlegt, kommt mit der gleichen Sparquote auf ein Endkapital von nur 65722 Franken. Bei einem künftig konstanten Zins von 0,5 Prozent wären es 66037 Franken, bei 0,6 Prozent 66353 Franken. Das ergibt unter dem Strich eine Einbusse von rund 4 bis 5 Prozent.
Die Axa Winterthur betont: «Wir weisen unsere Kunden ausdrücklich darauf hin, dass wir die Police zu den vereinbarten Konditionen und mit den garantierten Leistungen weiterführen, falls der Kunde das wünscht.»
Unabhängige Versicherungsberater sind empört über das Vorgehen der Axa Winterthur. Bruno Dönni von der Dönni Finanzbutler GmbH in Lachen SZ: «Dass die Gesellschaft noch mit einer Zusatzvergütung lockt, ist stossend. Dieses Zückerchen ist vergiftet.»
Die Axa Winterthur sagt: «Diese Einschätzung teilen wir nicht. Wir schaffen Transparenz für unsere Kunden, unterbreiten ihnen ein unverbindliches Angebot und weisen sämtliche Konditionen transparent aus.»
Auch die Mobiliar zieht die Schraube an
2015 hat die Mobiliar eine neue Sparversicherung lanciert. Sie ist punkto Kosten sehr transparent. Und sie ist dann vergleichsweise attraktiv, wenn Kunden die Police vorzeitig kündigen. Das garantierte Mindestkapital, das am Ende der Laufzeit ausbezahlt wird, beträgt 100 Prozent der sogenannten Sparprämie – also von dem, was nach Abzug der Kosten effektiv in den Spartopf geht.
Doch die tiefen Zinsen motivierten auch die Mobiliar zum Handeln. Bei neuen Verträgen beträgt die Garantie nur noch 97 Prozent der Sparprämie, und die Einzahlungen sind bei neuen Policen auf 3000 Franken pro Jahr beschränkt.