Medien und Banken schwärmen von Aktien mit hohen Dividenden: «Zurich, Swiss Re, OMV – setzen Sie jetzt auf Dividende», titelte zum Beispiel die «Handelszeitung». Und die Grossbank Credit Suisse empfiehlt den Kauf von «Dividendenperlen von bilanzstarken Firmen mit beständigen Gewinnen, die regelmässig eine hohe Dividende ausschütten». Börsenkrisen seien mit solchen Papieren nicht so schlimm, meinte die «NZZ am Sonntag». Denn «eine Dividende versüsst das Warten auf bessere Zeiten».
Die Zinsen von Obligationen und Sparkonten sind in den letzten Jahren immer tiefer gesunken. Gleichzeitig stiegen die Dividenden steil an. Im April 2015 zum Beispiel zahlte der Rückversicherer Swiss Re seinen Aktionären Fr. 7.25 pro gehaltenem Titel. Im Vergleich zum Aktienkurs entsprach dies einer Rendite von 6,8 Prozent.
Im kargen Zinsumfeld wirken üppige Dividenden verlockend. Da wollen auch die Banken profitieren. Eine um die andere hat deshalb in der jüngeren Vergangenheit entsprechende Fonds auf den Markt gebracht. Mit verheissungsvollen Prognosen. «Wir erwarten, dass sich unsere Dividendenfonds im Vergleich zum breiten Aktienmarkt überdurchschnittlich entwickeln», sagte etwa Credit-Suisse-Portfolio-Manager Felix Maag 2011 in einem Interview. Den Schweizer Anlegern stehen mittlerweile rund 150 Dividendenfonds zur Auswahl, überwiegend ausländische.
Aber Achtung: Aktien haben zwei Rendite-Komponenten: Dividenden und Kursveränderungen. Eine hohe Dividende nützt nichts, wenn die Kursentwicklung schlecht ist. Es kommt also auf die Gesamtrendite an. Womit sich die Frage stellt: Kann man mit Dividendenfonds eine höhere Gesamtrendite herausholen als mit einer Investition in den breiten Markt? Beispiel Fonds, die Schweizer Aktien mit hohen Dividenden den Vorzug geben: Werfen sie eine höhere Gesamtrendite ab als der Gesamtmarkt, repräsentiert durch den Index SPI, der über 200 Titel enthält?
Wäre es ein Leichtes, mit dividendenstarken Aktien eine Mehrrendite zu erzielen, müsste die Antwort lauten: Meistens ja. Das ist aber nicht der Fall. Aus Daten der Fonds-Analysefirma Morningstar geht hervor: Die durchschnittliche Gesamtrendite der Dividendenfonds war in den letzten zehn Jahren nicht höher als jene der breit investierenden Fonds.
Ausschlaggebend ist das Glück der Fonds-Manager. Das zeigt auch der Blick auf die Tabelle unten: Es gibt zwar viele Fonds, die den breiten Aktienmarkt ihres Anlagegebiets geschlagen haben, zum Teil sogar beträchtlich. Etwa der DWS Top Dividende. Viele andere Fonds fallen hingegen ab, einige sogar stark. Zu ihnen zählt etwa der Swiss Life Global High Dividend. Der in Euro aufgelegte Fonds hat vor allem darunter gelitten, dass er Währungsschwankungen grundsätzlich eliminiert. Deshalb habe er etwa aus dem erstarkenden Dollar keinen Vorteil ziehen können, begründet Swisslife-Sprecher Florian Zingg.
Es gibt auch Fonds, die eine Zeit lang stark sind, dann aber zurückfallen. Der DJE – Dividende und Substanz zum Beispiel hat seit seiner Gründung 2003 gegenüber dem Index eine Mehrrendite von 73,3 Prozent erzielt. Doch diese holte er in den ersten Jahren heraus. Wer auf Grund der damals exzellenten Leistung 2009 oder 2010 einstieg, wurde enttäuscht. Denn der Fonds schnitt in den letzten fünf Jahren um 7,6 Prozent schlechter ab als der breite Markt.
Bei breiten Investitionen in Schweizer, europäische, US- oder andere Aktienbörsen schwingen die Indexfonds dank ihrer tiefen Kosten meist obenaus. Geht es aber um Aktien mit hohen Dividenden, ist die Leistung der Indexfonds durchzogen. So glänzte der ETF iShares Swiss Dividend bisher nicht, weder im Feld der Dividendenfonds noch gegenüber dem SPI. Viele am Reissbrett entstandene Dividenden-ETFs erzielten keinen Mehrwert, schreibt die Fonds-Analysefirma Morningstar in einem Kommentar.
Tipps: Der richtige Umgang mit Dividendenfonds
1. Dividendenfonds sind kein Muss. Am ehesten eignen sie sich in einem grösseren Depot als Beimischung zu Aktienfonds Schweiz, Welt oder anderer Regionen, die breit in verschiedenste Unternehmen und Branchen investieren.
2. Am besten setzt man auf Dividendenfonds, die sich schon eine lange Zeit bewährt haben. Eine gute Rendite in der Vergangenheit ist aber keine Garantie für die Zukunft. Deshalb müssen Anleger die Fonds überwachen und gegebenenfalls abstossen. Anleger, die möglichst wenig Zeit für die Geldanlage aufwenden möchten, sollten keine Dividendenfonds kaufen.
3. Wer Vermögen aufbauen will, sollte ausgeschüttete Dividenden wieder investieren. Nur so kommt der Zinseszinseffekt voll zum Tragen.
Dividendenstrategie auf eigene Faust?
Wer Dividendenfonds selbst verwalten will, sollte folgende Punkte bedenken:
Es kommt immer wieder vor, dass sogenannte «Dividendenperlen» ihre Ausschüttungen streichen, ja zu Sanierungsfällen werden.
Wer nur wenige Einzeltitel im Depot hat, geht Klumpenrisiken ein.
Aktien schwanken viel stärker als Obligationen. Wer wegen der tiefen Zinsen Aktien statt Obligationen kauft, erhöht die Schwankungen seines Wertschriftendepots massiv.
Eine Dividendenstrategie auf eigene Faust braucht ausreichend Finanzwissen, Zeit fürs intensive Verfolgen der einzelnen Unternehmen und Durchstehvermögen in Börsenkrisen.