Es ist Mittagspause in der Stadt Goma. Ich gehe um die Ecke zu Dekila Kahambu. Sie verkauft an ihrem Stand Chikwangue, eine Paste aus fermentiertem Maniok. Dazu gibt es Erdnüsse. Ich will mit US-Dollar bezahlen, da mir die kongolesischen Francs ausgegangen sind. Der Dollar ist die Parallelwährung in der Demokratischen Republik Kongo. Denn der kongolesische Franc verliert stetig an Wert. Die Inflation betrug 2023 fast 20 Prozent. Kahambu freut sich deshalb über die Dollars.
Allerdings nehmen die Kongolesen nur Noten an, die sich in einem Topzustand befinden. Kahambu dreht die 10-Dollar-Note, die ich ihr gebe, mehrmals um, hält sie gegen das Licht und prüft, ob der Schein beschädigt ist. Ich versichere, dass eine dunkle Stelle auf der Note kein Löchlein sei. Es müsse sich um ein Staubkorn handeln. Kahambu schüttelt den Schein. Wir diskutieren, halten die Note immer wieder hoch. Wir lassen uns dabei auch vom Bombendonner nicht ablenken.
Goma ist von einer Miliz umzingelt, die Front ist nah. Aber die Qualitätskontrolle einer US-Note muss sein, Krieg hin oder her. Dann die Erleichterung: Kahambu akzeptiert den Dollarschein. Mein Mittagessen ist gerettet, denke ich bei mir. Doch Kahambu hat am Vormittag noch nicht viele Chikwangue für je 1000 Francs (30 Rappen) verkauft. «Ich kann nicht herausgeben», sagt sie, nachdem sie ihren Umsatz gezählt hat. Ihr fehlen 5 Dollar. Also mache ich mich zum Geldwechsler gegenüber auf, um die Dollars in Francs zu tauschen, damit ich Kahambu bezahlen kann.
Die Prozedur beginnt von vorn: Magélan Mutima dreht und wendet den Schein, wir diskutieren, ob allenfalls ein Riss in der Note ist, den man vielleicht mit Hilfe einer Lupe entdecken könnte. Wenn die Geldwechsler auf Dollarscheinen einen Makel entdecken, geben sie einen Kurs, der 10 Prozent schlechter ist als die offizielle Rate. Francs dagegen dürfen zerrissen, verblichen oder blutverschmiert sein. Jeder akzeptiert sie. Ich argwöhne, dass die Wechsler die Rissphobie schüren, damit sie einen miesen Kurs geben können.
Doch das sei eine Unterstellung, sagt Mutima zu mir. Schuld seien die Importeure. Sie würden für eingerissene Dollarscheine weniger geben und später damit zum besseren Kurs im Ausland einkaufen. Glücklicherweise bestätigt Mutima meinem Geldschein nun die 100- prozentige Unversehrtheit und händigt mir zum offiziellen Kurs 28 500 kongolesische Francs aus. Ich freue mich darüber und beginne auszurechnen, wie oft ich damit Chikwangue kaufen kann.