Ende April 2016 entschloss sich Beat Gehring (Name geändert) aus Altendorf SZ, auf einen steigenden Ölpreis zu setzen. Er kaufte für rund 80 000 Franken einen ETC. Die Abkürzung steht für Exchange Traded Commodity, auf Deutsch: börsengehandelter Rohstoff. Geh-rings Einschätzung war richtig: Heute kostet Erdöl der Sorte West Texas Intermediate 75 Prozent mehr als im Frühling 2016. Eine böse Überraschung erlebte Gehring, als er seinen Depotauszug studierte. Seine Öl-Anlage hatte 83 Prozent des Wertes verloren. Er verkaufte sie mit rund 66 000 Franken Verlust. Was war passiert?
ETC-Herausgeber verkauft Termingeschäfte mit Öl
Das Wertpapier des Schwyzers war nicht mit existierendem Erdöl gedeckt. Das Einlagern von Ölfässern wäre zu aufwendig. Wisdom Tree Commodity Securities Limited mit Sitz auf der Kanalinsel Jersey ist der Herausgeber des ETC und kauft sogenannte Terminkontrakte. Das sind Finanzprodukte, die einen Anspruch auf eine Erdöllieferung verbriefen. Terminkontrakte haben ein Ablaufdatum. Wisdom Tree kauft jeweils Verträge, die im übernächsten Monat fällig werden. Beispiel: Im Oktober werden Papiere gekauft, die im Dezember fällig werden.
Wisdom Tree will kein Erdöl besitzen – also verkauft die Firma die Kontrakte, bevor das Öl geliefert wird. Mit dem Erlös aus dem Verkauf werden neue, in Zukunft fällige Kontrakte gekauft. So bleibt Wisdom Tree am Ölmarkt investiert. Das Ablösen der alten durch die neuen Kontrakte heisst «Rollen». Wenn genügend Öl vorhanden ist, entsteht dabei ein Rollverlust. Der Verkaufserlös der aktuellen Kontrakte bringt weniger ein, als die künftigen Kontrakte kosten. Dafür verantwortlich sind Lager- und Versicherungskosten. Deshalb kostet eine Öllieferung in Zukunft normalerweise mehr, als wenn man sofort kauft. Der umgekehrte Fall tritt ein, wenn das Öl knapp und sehr begehrt ist: Der aktuelle Preis ist dann höher als der Terminpreis. Das ergibt einen Rollgewinn.
Dazu kam in Gehrings Fall ein weiteres Problem. Sein ETC enthielt einen Hebel. Das Produkt widerspiegelt das Doppelte der täglichen prozentualen Veränderung des Ölpreises. Das heisst: Wenn sich der Ölpreis am ersten Tag um 2 Prozent erhöht, steigt der ETC um 4 Prozent. Verringert sich der Ölpreis am nächsten Tag um 4 Prozent, sinkt der Preis des ETC um 8 Prozent. Wer also 100 Franken in den ETC investierte, hat in diesem Fall nach zwei Tagen nur noch Fr. 95.68. Das entspricht einem Minus von 4,32 Prozent. Damit verliert man mehr als das Doppelte des Ölpreises. Dieser sank in zwei Tagen nämlich nur um 2,08 Prozent auf Fr. 97.92. Je mehr Tage man investiert bleibt, desto negativer wird die Rendite. Im Basisinformationsblatt zu besagtem Produkt steht: «Empfohlene Haltedauer: ein Tag». Im besten Fall bringen solche Papiere kurzfristig einen Mehrwert für Spekulanten. Langfristig bereichern sie nur die Finanzindustrie.
Währungsverluste und Produktkosten schmälern das Vermögen zusätzlich
Weil die Ölkontrakte in US-Dollar gehandelt werden, musste Gehring über die gut fünf Jahre zusätzlich einen Währungsverlust von rund 5 Prozent hinnehmen. Dazu kommen die Produktkosten, die jährlich über 1,3 Prozent des investierten Betrags verschlangen. Darum rät K-Geld von ETCs ab. Solche Produkte gibt es auch für Industriemetalle wie Eisen, Kupfer oder Aluminium.
Wer von langfristig steigenden Ölpreisen profitieren möchte, kauft besser börsengehandelte Indexfonds, die in Aktien von Ölproduzenten investieren. Das können nordamerikanische Konzerne wie Exxon Mobil, Chevron und Conoco Philips sein oder europäische Unternehmen wie Total, Royal Dutch Shell und BP. Mit jährlichen Fondskosten von 0,15 und 0,46 Prozent des investierten Betrags sind diese deutlich günstiger als ETCs und bringen langfristig einen viel besseren Ertrag (siehe Grafik im PDF).
Anleger, die auf steigende Metallpreise setzen wollen, kaufen statt ETCs besser Fonds mit Aktien von Schürfern. In Franken handelbar ist etwa der VanEck Vectors Global Mining ETF (Valor 41125207). Mit jährlichen Kosten von einem halben Prozent ist der Fonds relativ günstig. Er enthält etwa die Titel des brasilianischen Eisenerzproduzenten Vale und der australischen Bergbauriesen Rio Tinto und BHP Group sowie des US-Kupferkonzerns Freeport-MacMoran.