Die Mutter von Jens Spörri (Name geändert) aus Staufen AG starb Anfang 2018 im Alter von 79 Jahren. Sie besass bei ihrem Tod ein Bankkonto mit rund 12200 Franken und ein Wertschriftendepot im Wert von knapp 30000 Franken. Einzige Erben waren ihre beiden Söhne. Im Testament setzte sie einen Sohn auf den Pflichtteil und hinterliess Jens Spörri den Rest.
«Der Willensvollstrecker liess uns lange im Dunkeln»
Spörris Mutter bestimmte im Testament zudem einen ehemaligen Amtsnotar als Willensvollstrecker. Dessen Aufgabe ist es, die Erbschaft zu verwalten, offene Rechnungen zu zahlen, Forderungen einzutreiben und den Erben Vorschläge für die Teilung zu machen (K-Geld 5/2019). Das kann jedoch teuer werden, wie Jens Spörri erfahren musste.
Spörri und sein Bruder hatten von Anfang an ein mulmiges Gefühl: «Der Willensvollstrecker liess uns lange im Dunkeln, wie es um den Nachlass unserer Mutter stand.» Nach rund einem Jahr erhielten sie eine erste Zwischenabrechnung. Der Willensvollstrecker stellte für seinen Aufwand 37 Stunden zu 350 Franken in Rechnung. Er listete detailliert auf, wie viel Zeit er wofür gebraucht hatte. Zusammen mit Porti und Kopien kam er so auf ein Honorar von fast 13400 Franken.
Die Erben waren erstaunt und reklamierten. Der Willensvollstrecker hielt daran fest. Zwei Monate später verlangte er weitere 6800 Franken. Schliesslich legte er das Mandat nieder. Mit der Schlussabrechnung verlangte er nochmals rund 2000 Franken Honorar. Insgesamt kassierte er 22200 Franken.
Das Problem: Ein Willensvollstrecker kann sein Honorar von der Erbschaft abziehen. Nach dem Zahlen der offenen Rechnungen für das Altersheim, den Grabstein und Weiteres betrug der Nachlass von Spörris Mutter rund 29000 Franken. Für die Brüder blieben nach Abzug des Honorars noch 6800 Franken übrig.
Ein weiteres Problem: Laut Gesetz hat ein Willensvollstrecker Anspruch auf das übliche Honorar. Näher ist es nicht festgelegt. Das bedeutet: Es stellt sich die Frage, ob der grosse Stundenaufwand für die Verwaltung der Erbschaft nötig war und das Stundenhonorar angemessen. Dabei ist klar: Ein Verwandter, der den Nachlass in der Freizeit verwaltet und keine eigene Büroinfrastruktur mit Angestellten benötigt, darf kein Honorar von 350 Franken pro Stunde verlangen – ein selbständiger Anwalt hingegen schon. Gerichte betrachten bei selbständigen Anwälten mit eigener Kanzlei und Infrastruktur einen Stundenansatz von 300 bis 500 Franken als angemessen.
Gemäss Hans Rainer Künzle, Rechtsanwalt und Titularprofessor für Privatrecht an der Universität Zürich, müssen Erben nicht akzeptieren, dass ein Honorar bei kleinen Nachlässen 40 Prozent der Erbschaft übersteigt. Das wäre seines Erachtens unangemessen. In einem solchen Fall müsse der Willensvollstrecker das Mandat niederlegen, bevor sein Honorar diese Grenze überschreite – oder gratis weiterarbeiten.
Stellt ein Willensvollstrecker eine überhöhte Rechnung und zahlt er sich das Geld aus dem Nachlass selbst aus, können die Erben die Differenz zum angemessenen Honorar gemeinsam gerichtlich geltend machen.
Willensvollstrecker: Lebenspartner oder Nachkommen sind oft die bessere Wahl
Die gerichtliche Aufsicht über Willensvollstrecker wird sehr zurückhaltend ausgeübt. Gerichte setzen einen Vollstrecker nur in extremen Fällen ab, wenn mildere Massnahmen wie ein Verweis oder eine Ordnungsbusse wirkungslos waren. Deshalb ist es wichtig, eine vertrauenswürdige Person auszuwählen. Bei einfachen Verhältnissen ist es am günstigsten, wenn man eine nahestehende Person als Willensvollstrecker einsetzt. Das kann der Lebenspartner oder ein Nachkomme sein, der bereits über die finanziellen Verhältnisse Bescheid weiss. Nur bei komplexen rechtlichen Verhältnissen ist die Wahl eines Anwalts sinnvoll. Das Honorar des Willensvollstreckers kann im Testament festgelegt werden. Ist die eingesetzte Person damit nicht einverstanden, kann sie das Mandat ablehnen.
Tipp: Erben können den Aufwand des Willensvollstreckers minimieren, indem sie die Unterlagen über die finanziellen Verhältnisse selbst zusammentragen und dies gut dokumentieren. Sie können das Erbe auch rasch mit einem schriftlichen Vertrag aufteilen. Dann braucht es den Willensvollstrecker nicht mehr.
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