Die Hypothekarzinsen sind tief wie noch nie. Gleichzeitig steigen die Immobilienpreise Jahr für Jahr. Da spielen viele mit der Idee, eine Ferienwohnung in den Bergen oder am See zu kaufen.
Doch so verlockend die Überlegung ist – sie geht meist an der Realität vorbei. Zwar haben sich die Preise in einigen Schweizer Touristenorten innerhalb der letzten zehn Jahre verdoppelt. Dies hat eine Untersuchung der Immobilienspezialisten Wüest & Partner im Auftrag von K-Geld ergeben. Basis waren die effektiv gehandelten Preise in 140 touristischen Gemeinden der Schweiz. Aber: Zu dieser Preisentwicklung trugen in erster Linie neue Wohnungen bei, Altbauten nur beschränkt.
Immerhin: Ältere Ferienwohnungen erlebten dort den stärksten Preisschub, wo die Preise am heftigsten hochschossen, also vor allem an sehr guten, aber noch nicht überteuerten Lagen. Etwa in Lens. Die Walliser Gemeinde hat mit der Golfanlage und der Skiarena von Crans viel zu bieten, ist jedoch günstiger als die Nobelorte Zermatt oder Verbier.
Ähnliches gilt für La Punt im Oberengadin, das von der Nähe zu St. Moritz und Pontresina profitiert, preislich aber leicht zurückliegt.
Ferienwohnung kostet pro Jahr rund 1 Prozent des Kaufpreises
In weniger prestigeträchtigen Regionen hingegen stiegen die Kauf- und Verkaufspreise für alte und neue Wohnungen in den letzten Jahren nur schleppend. In Disentis GR, Beatenberg BE oder Fiesch VS zum Beispiel legten die Preise innerhalb von zehn Jahren nur um ein Drittel oder weniger zu. Besitzer älterer Liegenschaften mussten sich mit einer Wertsteigerung von 15 bis 20 Prozent zufrieden geben – weniger als 2 Prozent pro Jahr.
Nun könnte man einwenden: 1,5 bis 2 Prozent jährliche Rendite seien doch besser als das, was in diesen zehn Jahren mit sicheren Anlagen zu holen war. Ganz zu schweigen von den mickrigen Zinsen auf dem Sparkonto.
Dabei wird allerdings vergessen, dass eine Ferienwohnung deutlich höhere Kosten verursacht als ein Wertschriftendepot oder die Gebühren auf Sparkonten: Der Fiskus besteuert den Eigenmietwert oder die effektiven Erträge aus der Vermietung. Die Gemeinde verlangt Gebühren für Wasser, Kehricht sowie die Schneeräumung. Es fallen unter anderem Kurtaxen, Liegenschaftssteuern und teils sogar spezielle Steuern auf Zweitwohnungen an. Hinzu kommen die Betriebs- und Unterhaltskosten für die Wohnung selbst. Nimmt man noch die Versicherungen, Abschreibungen und die Altersentwertung hinzu, kommt man Jahr für Jahr auf mindestens 1 Prozent des Kaufpreises.
Eine gewisse Kompensation kann es geben, wenn man sein Feriendomizil wochenweise vermietet. Eine grosse Nachfrage und attraktive Mieterlöse gibt es allerdings meist nur wenige Wochen lang: In den Bergen über Weihnachten und Neujahr sowie im Februar und vielleicht noch während ein paar Wochen im Hochsommer. In der Südschweiz sind vor allem die Sommerzeit plus ein paar Wochen im Frühling und im Herbst gefragt. Doch die schönsten Jahreszeiten möchten viele Zweitwohnungsbesitzer gerne selber in ihrer Ferienresidenz geniessen.
So lassen sich selbst bei sehr guter Belegung kaum die Unterhaltskosten hereinspielen, wie K-Geld gezeigt hat (Ausgabe 5/2010). Immerhin: In dieser Rechnung zu berücksichtigen sind die Ersparnisse durch die eigenen Aufenthalte: Wer während der Hochsaison zwei Wochen in seiner Ferienwohnung statt im Hotel verbringt, hat mindestens den Grossteil der jährlichen Unterhaltskosten wieder hereingeholt.
9000 Zweitwohnungen warten auf Käufer: Spielraum fürs Verhandeln
Offen ist, ob die Preisentwicklung der letzten Jahre anhält: «Franken und Immobilienpreise sind sehr hoch», sagt Sascha Ginesta, Geschäftsführer des gleichnamigen Bündner Immobilienvermittlers in Chur. «Das schreckt ausländische Kaufinteressenten ab.» Dennoch glaubt er, dass die Preise langfristig weiter steigen werden.
Diese Einschätzung teilt Markus Berger von der Andermatt Swiss Alps AG: «Wegen der erhöhten Bautätigkeit der letzten zwei Jahre» werde dies allerdings «erst mit einer Verzögerung» geschehen. Aktuell warten in der Schweiz gegen 9000 Zweitwohnungen auf Käufer. Das gibt Interessenten Spielraum für Preisverhandlungen.
Robert Ferfecki von Fine Swiss Properties in Herrliberg ZH stellt denn auch stagnierende bis leicht fallende Preise fest. Dies sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass praktisch kein Schwarzgeld mehr in den Immobilienmarkt fliesse. «Die Leute haben nun Angst vor dem Informationsaustausch und den Steuerbehörden ihres Landes.»
Alle von K-Geld befragten Immobilienexperten beklagen jedoch vor allem die Unsicherheit rund um die Zweitwohnungsinitiative, die im Februar 2012 angenommen worden ist. Sie verbietet den Bau oder die Umnutzung bestehender Gebäude zu Zweitwohnungen in allen Gemeinden, in denen es mehr als 20 Prozent «kalte Betten» gibt.
«Doch niemand weiss, was nun als Ferienwohnung gilt und was nicht», sagt Ronny Haase von Wüest & Partner. «Das ist Gift für den Markt.» Sein Fazit: «Eine Ferienwohnung als Kapitalanlage lohnt sich nicht – sie dient nur der Lebensfreude.»
Wertsteigerung: Nur an begehrten Orten können alte Ferienwohnungen mithalten
Angaben für ein mittleres Objekt mit 110 m2 Wohnfläche, Baujahr 1999, guter Zustand, guter Standard und gute Lage, Zweitwohnsitz.
Lesebeispiel: Eine fünf Jahre alte Ferienwohnung, die 2004 im Engadiner Dorf La Punt für 850 000 Franken erworben wurde, konnte 2014 durchschnittlich für 1 685 000 Franken wieder verkauft werden. Das entspricht einer Wertsteigerung um 98 Prozent. Über alle Handänderungen gesehen, also inkl. Neubauten, sind die Preise in La Punt innerhalb dieser zehn Jahre um 122 Prozent gestiegen.
Die Altliegenschaft hat die allgemeine Preissteigerung in La Punt also zu 80 Prozent mitgemacht. Im Bündner Dorf Disentis legte eine vergleichbare Ferienwohnung im gleichen Zeitraum nur um 16 Prozent zu. Ihr Wert erhöhte sich dabei nur halb so stark wie der Preisindex aller Käufe und Verkäufe in Disentis.