Kaum ein Fertigbau ist frei von Mängeln. Laut Gesetz wäre das nicht unbedingt ein Problem, denn Käufer haben gegenüber dem Verkäufer bestimmte Rechte. Sie haben Anspruch auf eine Preisreduktion, auf Schadenersatz und bei massiven Mängeln haben sie sogar das Recht, die Wohnung oder das Haus gegen Rückerstattung des Kaufpreises zurückzugeben.
In der Praxis ist es komplizierter. Das Problem liegt in einer Klausel in immer mehr Kaufverträgen. Mit ihr will der Verkäufer – meist das Generalunternehmen, welches das Haus gebaut hat – künftige Probleme loswerden. Gemäss dieser sogenannten Freizeichnungs- und Abtretungsklausel entledigt sich der Verkäufer seiner Haftung und tritt gleichzeitig seine Ansprüche, die er gegenüber den Handwerkern hat, an den Käufer der Liegenschaft ab.
So kann es zum Beispiel im Vertrag heissen: «Soweit gesetzlich zulässig, wird die Haftung des Verkäufers für Sachmängel wegbedungen. Der Verkäufer tritt dem Käufer sämtliche Mängelrechte gegen die vom Verkäufer beigezogenen Werkunternehmer ab.»
Was auf den ersten Blick keinerlei Bedenken weckt – schliesslich kann sich der Käufer bei Problemen ja an die einzelnen Handwerker wenden –, kann sich in Wirklichkeit als Falle entpuppen. Denn mit der Unterzeichnung des ersten Satzes der Klausel verliert der Käufer alle Ansprüche aus Mängeln gegen den Verkäufer.
Mängelverhandlungen sind kompliziert und häufig erfolglos
Darum: Einen solchen Passus im Vertrag streichen. Denn sonst können Wohnungskäufer nur noch direkt mit den einzelnen Baufirmen und Handwerkern über Mängel verhandeln. Das ist kompliziert, aufwendig und nicht selten erfolglos. Zumal nicht immer klar ist, welches Unternehmen den Schaden verursacht hat. Und: Hat ein Handwerker gepfuscht und ging sein Betrieb in der Zwischenzeit in Konkurs, bleibt der Hauskäufer auf dem Schaden sitzen.
Hubert Stöckli, Professor für Zivilrecht an der Uni Freiburg, kennt die mit solchen Klauseln verbundenen Probleme. Er erachtet auch den zweiten Satz der Klausel als juristisch problematisch: «Die Abtretung der Mängelrechte an den Käufer kann zu Schwierigkeiten führen.» So ist laut einem Urteil des Bundesgerichts einzig das Recht auf Reparatur abtretbar, nicht aber das Recht auf Preisreduktion. Ob ein Käufer sämtliche Rechte geltend machen kann, die dem Verkäufer ursprünglich gegenüber den Handwerkern zustanden, ist nach diesem Urteil zweifelhaft.
Beispiel: Ist eine Wohnung wegen Baumängeln feucht, kann der Käufer weder gegenüber der verantwortlichen Baufirma noch gegenüber dem Verkäufer Schadenersatz geltend machen, wenn er die ganze Freizeichnungs- und Abtretungsklausel unterschrieben hat. Er kann höchstens eine Reparatur durch die Baufirma verlangen. Manchmal aber ist eine Reparatur aus bautechnischen Gründen gar nicht möglich. Die Folge: Der Käufer bleibt auf einer feuchten Wohnung sitzen, die einen geringeren Wert hat als der bezahlte Kaufpreis.
Das Notariatsinspektorat des Kantons Zürich hat ein Merkblatt zum Gewährleistungsrecht bei Grundstückkaufverträgen publiziert: www.notariate.zh.ch/Download/Bereich Grundbuch/Gewährleistung im Kaufvertragsrecht