Die Zofinger Firma Versicherungs Xpert AG macht Finanzplanungen und Vorsorgeberatungen. Unter dem Titel «Sicher anlegen» schreibt sie auf ihrer Website, mit Investitionen in Hochseeschiffe könne man 6 bis 8 Prozent Rendite pro Jahr erzielen. Möglich mache das die Swiss Shipcapital Invest AG.
Das ist doppelt falsch: Dieses Angebot gibt es seit Jahren nicht mehr, und zahlreiche Anleger verloren mit einem solchen Investment ihren ganzen Einsatz.
Ab 2008 schipperten viele Betreiberfirmen in die Verlustzone
Zum Beispiel Marianne S. aus dem Raum Genfersee: Im Jahr 2004 investierte sie 15000 Euro in die deutsche Betreiberin des Containerschiffs MS Coral Bay. Diese Gesellschaft wurde im Januar 2016 liquidiert. Das Geld ist verloren. Der Verkauf von solchen Schiffsbeteiligungen boomte von 2004 bis 2008. Sie wurden von deutschen Gesellschaften als sichere und rentable Anlagen angepriesen. Für viele einzelne Schiffe wurde je eine Betriebsgesellschaft gegründet. Allein das Unternehmen Fondshaus Hamburg packte rund 30 Containerschiffe in je eine Gesellschaft und verkaufte Beteiligungen an Investoren. Zur MS Coral Bay hiess es bei der Lancierung 2004, es seien in den ersten Jahren «9% jährliche Ausschüttungen» vorgesehen.
Doch 2008 kehrte der Wind: Überkapazitäten und sinkende Frachtpreise führten dazu, dass die Betreiberfirmen in die Verlustzone schipperten und Konkurs gingen.
Der deutsche Fachanwalt Peter Mattil aus München listet auf seiner Website rund 40 deutsche Insolvenzverwalter auf, die insgesamt über 600 Schiffsbeteiligungsgesellschaften liquidieren oder bereits liquidiert haben. Die Verluste für die Anleger gehen in die Milliarden.
Auch der Ehemann von Marianne S., Bruno S., hat sich 2004 eine Schiffsbeteiligung aufschwatzen lassen. Er beteiligte sich 2004 mit 15000 Euro am Containerschiff MS Cardonia. Zu Beginn sah es gut aus: Von 2004 bis 2008 erhielt Bruno S. insgesamt 8084 Euro als sogenannte «Ausschüttungen» zurückbezahlt. Dann war Funkstille und im April 2017 wurde über die Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet.
2018 dann die böse Überraschung. Der deutsche Insolvenzverwalter forderte von Bruno S. genau diese 8084 Euro zurück. Der Grund: Die Anlagen wurden zwar meist als «Schiffsfonds» bezeichnet, doch die Anleger kauften keine Fondsanteile, sondern sie wurden Kommanditisten. Sie kauften also eine unternehmerische Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft – mit allen Chancen und Risiken.
Im deutschen Handelsgesetzbuch heisst es sinngemäss: Wenn sich ein Kommanditist einen Teil seiner Einlage auszahlen lässt, kann er bei einer Insolvenz zur Wiedereinzahlung des herausgenommenen Kapitals verpflichtet werden.
Genau dies geschah bei vielen Schiffsfonds: Sie machten als Gesellschaft von Anfang an Verlust, zahlten aber trotzdem Ausschüttungen aus, um die Anleger bei Laune zu halten. Jetzt fordern die Insolvenzverwalter diese Gelder für die Insolvenzmasse zurück. Denn Ausschüttungen dürfen nur aus Gewinnen erfolgen – und nicht zulasten des Gesellschaftskapitals.
Sollen die Anleger zahlen? Dazu schreibt die deutsche Konsumentenschutzorganisation Stiftung Warentest: «Ob die Forderungen zu Recht gestellt werden oder nicht, hängt von den genauen Regelungen im Gesellschaftsvertrag ab. Es gab schon Anleger, die sich mit Erfolg vor Gericht gewehrt haben, aber auch schon viele, denen dies nicht gelang.»
Das Problem für Schweizer Anleger: Der Gerichtsstand liegt am Sitz der Kommanditgesellschaft, also in Deutschland. Dort werden sie von den Insolvenzverwaltern eingeklagt, wenn sie die erhaltenen Ausschüttungen nicht zurückzahlen. Es entstehen Gerichts- und Anwaltskosten – bei oft schlechten Erfolgschancen. Es lohnt sich also kaum, sich auf einen Prozess in Deutschland einzulassen.
Verlust allenfalls beim Vermögensverwalter geltend machen
Etwas besser stehen die Chancen bei Schweizer Kommanditisten, die im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrags mit einer Bank oder einem selbständigen Vermögensverwalter zu einer solchen Anlage kamen. Sie können je nach Vertrag den Verlust aus solchen Schiffsanlagen in der Schweiz beim Vermögensverwalter geltend machen. Denn bei diesen Schiffsbeteiligungen handelte es sich offensichtlich um Hochrisikoanlagen, die man Laien nicht ohne Aufklärung vermitteln durfte.
Für Anleger Bruno S. sieht es nicht gut aus. Er wird die erhaltenen Ausschüttungen in der Höhe von 8084 Euro wohl zahlen müssen. Zudem wird er seine ganze Anlage verlieren, weil er als Kommanditär aus der Konkursmasse nach Abschluss des Verfahrens nichts erhalten wird. Auch das steht im Brief des Insolvenzverwalters.
Vorsicht bei exotischen Anlagen
Banken, Vermögensverwalter und provisionsgesteuerte Anlagenvermittler versuchen immer wieder, Laien unkonventionelle, alternative Produkte zu verkaufen. Generell gilt: Kaufen Sie nur Anlagen, die Sie verstehen. Beachten Sie auch folgende Regeln:
Renditeversprechen: Seien Sie skeptisch, wenn Ihnen hohe und gleichzeitig sichere Renditen in Aussicht gestellt werden.
Liquidität: Achten Sie darauf, dass die von Ihnen getätigte Anlage handelbar ist, damit Sie sie bei Bedarf rasch verkaufen können. Bei den Schiffsfonds war das nicht der Fall. Sie wurden in der Schweiz von Banken wie etwa M. M. Warburg Schweiz oder von Vermittlern wie Kurt Schori sowie seinen Gesellschaften Swiss Shipcapital Invest AG und Swiss Invest Group (beide in Bern) vertrieben. Schori versprach seinen Kunden, Verkäufe seien «jederzeit möglich» und die Swiss Shipcapital Invest sei «bei der Festlegung eines marktkonformen Preises oder bei der Suche nach einem Käufer jederzeit behilflich». Als die Fonds kriselten, konnte Schori dies nicht einhalten.
Klumpenrisiko: Investieren Sie nie einen grösseren Teil Ihres Vermögens in eine einzige Anlage. Verteilen Sie die Risiken auf mehrere Anlageklassen. Exotische Anlagen wie zum Beispiel direkte Firmenbeteiligungen sollten Sie höchstens als kleine Beimischung tätigen.
Ausgabe-Aufschlag: Bei den im Artikel erwähnten Schiffsfonds zahlten die Anleger nebst dem Investitionsbetrag teils noch einen Aufschlag von meist 5 Prozent. Daraus wurden die Verkäufer entschädigt. Tätigen Sie keine Anlagen, bei denen ein so hoher Ausgabeaufschlag anfällt.