Im Dezember 2017 meldete sich Rentnerin Ursula Zürcher (67) aus Brenzikofen BE auf der Website von Prime CFDs an. Diese Firma lockt Privatanleger damit, an der Börse auf Kursentwicklungen von virtuellen Währungen wie Bitcoin oder Ethereum zu wetten. Dabei handelt es sich um Hochrisikowetten mit sogenannten Binären Optionen und Differenzkontrakten (CFD). Wenig später erhielt Ursula Zürcher per E-Mail eine Handelslizenz der Finanzaufsichtsbehörde Financial Services Commission der Britischen Jungferninseln für eine Firma namens Crown Finance Investment Bank. Diese Lizenz stellte sich später als gefälscht heraus.
Insgesamt fast 18000 Franken überwiesen
Eine Beraterin von Crown Finance verlangte darauf von Ursula Zürcher eine Passkopie und eröffnete auf der Plattform ein Konto. Damit Crown Finance an der Börse handeln konnte, überwies Zürcher mit ihrer Kreditkarte zunächst umgerechnet 2448 Franken an eine Firma namens Binmarket Birmingham in Grossbritannien. Bald darauf wurde auf Zürchers Konto bei Crown Finance ein angeblicher Gewinn von über 17 000 Franken angezeigt.
Die Beraterin versprach Ursula Zürcher, den Gewinn auf ihr Schweizer Privatkonto zu überweisen, sobald sie ein «Versicherungsgeld» von 5810 Franken hinterlegt habe. Zürcher schickte auch diesen Betrag. Aber Geld sah die Frau keines. Im Gegenteil: Während Monaten wurde sie mit neuen Versprechungen und Lügen dazu gebracht, noch mehr Geld einzuzahlen. Insgesamt überwies Zürcher über 17 800 Franken an die Crown Finance – für einen Phantomgewinn von rund 33 000 Franken. 15 600 Franken zahlte sie mit der Gratis-Kreditkarte der Migros, welche die Cembra Money Bank herausgibt. Was Ursula Zürcher nicht wusste: Sowohl Prime CFDs als auch Crown Finance stehen auf der Warnliste der britischen Finanzmarktaufsicht und werden als «betrügerisch» eingestuft.
Ähnlich erging es Jürg K. (66) aus dem Kanton Graubünden. Er meldete sich im Dezember 2017 auf der Handelsplattform Yesoption.com an. Betrieben wird diese von der rumänischen Firma Diamond Global Ltd in Bukarest. Auch für Jürg K. handelte ein «Finanzberater» vorgeblich mit CFDs und Binären Optionen. Auf dem virtuellen Konto von K. bei Yesoption summierten sich über 115 000 Franken «Gewinn». Doch dieser Gewinn wurde ihm bis heute nicht ausbezahlt. Jürg K. überwies insgesamt 49 909 Franken über seine Gratis-Kreditkarte Supercard Plus von Coop, die Swisscard herausgibt. Die Zahlungen landeten auf einem Konto in Baku (Aserbaidschan). Jürg K. war nicht bekannt, dass Yesoption und Diamond Global auf der Warnliste der österreichischen Finanzmarktaufsicht stehen.
Sowohl Ursula Zürcher als auch Jürg K. haben Strafanzeigen gegen die Firmen Crown Finance beziehungsweise Diamond Global eingereicht. Die Fälle sind noch hängig. Zudem setzten Zürcher und K. bei ihren Kreditkartenherausgebern ein Rückbelastungsverfahren in Gang. Dieses Verfahren ermöglicht es Kunden, unrechtmässig abgebuchte Beträge stornieren zu lassen. Es ist also ein Mittel gegen missbräuchliche Transaktionen. Dabei schreiben die Kreditkartenherausgeber den Kunden den Betrag provisorisch wieder gut und nehmen Kontakt mit dem Händler auf. Er hat dann 45 Tage Zeit, auf die Beschwerde zu reagieren.
Kreditkartenfirma Swisscard zahlt keinen Rappen zurück
Die Erfahrungen von Ursula Zürcher und Jürg K. mit den Kreditkartenfirmen Cembra und Swisscard könnten unterschiedlicher nicht sein. Im Fall von Ursula Zürcher äusserte sich Crown Finance innerhalb der gesetzten Frist nicht zum Rückbelastungsverfahren. Darum zahlte Cembra Ursula Zürcher im September den gesamten Betrag zurück.
Bei Jürg K. hingegen reagierte die Betrugsfirma Diamond Global auf die Beschwerde. In einem über 20-seitigen «Dossier» behauptete die Firma, Jürg K. sei ein zufriedener Kunde gewesen. Unerwähnt bleibt in diesem «Dossier», dass K. aufgrund von Falschinformationen zu den Überweisungen veranlasst wurde. Swisscard akzeptierte die Begründung von Diamond Global und schloss den Fall zu Ungunsten des Kunden ab. Das heisst: Swisscard zahlt Jürg K. keinen Rappen zurück.
Gegenüber K-Geld sagt Swisscard-Sprecher Urs Knapp, die Kartenherausgeberin könne nicht belangt werden, «wenn die mit ihren Zahlungsmitteln gekauften Leistungen nicht den Erwartungen entsprechen». Nicht beantworten mochte Knapp die Frage, ob Swisscard die Sorgfaltspflichten gewahrt habe.
Fakt ist: Swisscard genehmigte Transaktionen an eine Firma auf einer offiziellen Warnliste. Zudem fragte Swisscard bei Jürg K. nicht nach, obwohl er mit den Überweisungen nach Aserbaidschan Transaktionen tätigte, die seinem sonstigen Einkaufsverhalten völlig widersprachen.
So erkennen Sie unseriöse Angebote
Suchmaschinen-Recherche
Geben Sie den Namen der Firma oder der Person ein, mit der Sie Geschäfte machen wollen. Zu den im Artikel erwähnten Firmen Prime CFDs, Crown Finance und Diamond Global finden sich im Internet diverse negative Erfahrungsberichte von Kunden.
Zweitmeinung einholen Investieren Sie nie Geld, ohne vorher bei kompetenten Personen eine Zweitmeinung einzuholen. Oder informieren Sie sich in der Fachpresse.
Aufsichtsbehörden beachten
Machen Sie keine Geschäfte mit Firmen, die nicht bei der Schweizer Finma oder der jeweiligen Aufsicht am Sitz der Firmen angemeldet sind. Eine Liste der Finanzaufsichten ist zu finden unter: De.wikipedia.org/wiki/finanzmarktaufsicht.
Warnlisten studieren
Die Finanzaufsichten der meisten Länder veröffentlichen Warnlisten, auf denen dubiose und betrügerische Firmen aufgeführt sind. Auch K-Geld führt eine Warnliste: Kgeld.ch/service/warnlisten.