Immer wieder geraten Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten. Jahr für Jahr wird in der Schweiz über mehr als 3000 insolvente Unternehmen der Konkurs eröffnet. Im ganzen Jahr 2015 waren davon rund 31000 Angestellte betroffen, schätzt die Wirtschaftsauskunftei Bisnode D&B.
Firmen in Geldnöten bleiben manchmal auch die Prämien schuldig, die sie für die Versicherungen der Angestellten zahlen müssten. Welches sind die Auswirkungen für die Betroffenen? Die Antwort steht auf dieser Doppelseite.
1. AHV
Kein Grund zur Sorge bei der AHV: Überweist ein Arbeitgeber der Ausgleichskasse keine AHV-Beiträge mehr, hat das für die betroffenen Angestellten keine negativen Folgen. Sie müssen aber mit Lohnabrechnungen oder Lohnausweisen belegen können, dass sie einen Verdienst erzielt haben und die AHV-Beiträge abgezogen wurden. Dann entstehen keine Beitragslücken.
Deshalb der wichtige Tipp:Bewahren Sie Lohnausweise und -abrechnungen immer auf. Und: Betroffene sollten unbedingt mit der zuständigen Ausgleichskasse Kontakt aufnehmen und einen Auszug aus dem individuellen Konto (IK-Auszug) bestellen.
Ihr Arbeitgeber kann Ihnen sagen, welche Ausgleichskasse für Sie zuständig ist. So können Sie überprüfen, ob die Löhne korrekt abgerechnet wurden. Sollte dies nicht der Fall sein, muss man innerhalb von 30 Tagen ab Erhalt des IK-Auszugs ein Berichtigungsbegehren stellen.
2. Pensionskasse
Entwarnung auch bei der Pensionskasse: Bleibt ein Betrieb die Prämien für die berufliche Vorsorge definitiv schuldig, springt der Sicherheitsfonds BVG ein. Dieser zahlt die fehlenden Sparbeiträge und Zinsen an die Pensionskasse des säumigen Betriebs. Somit kann das Altersguthaben so geäufnet werden, wie wenn der Arbeitgeber immer alle Prämien korrekt bezahlt hätte. Versicherte verlieren also kein Altersgeld.
Die Zahlungen des Sicherheitsfonds sind aber beschränkt auf Altersbeiträge, die sich aufgrund eines versicherten Lohnes von höchstens 126900 Franken ergeben (Stand 2016). Grossverdiener können also eine Einbusse erleiden.
Und passiert in der Zeitspanne, in der die Prämien des Betriebs ausbleiben, ein Unfall oder wird jemand schwer krank und invalid, zahlt der Sicherheitsfonds die im Reglement vorgesehenen Renten. Im Todesfall des Betroffenen erhalten die Hinterbliebenen vom Sicherheitsfonds ebenfalls das, was ihnen gemäss Reglement zusteht. Auch diese Risikoleistungen sind auf einen versicherten Jahreslohn von 126900 Franken begrenzt. Weitere Infos finden Sie unter www.sfbvg.ch.
Tipp: Prüfen Sie die Austrittsabrechnung der Pensionskasse, wenn Sie nach der Firmenpleite die Stelle verlieren.
3. Arbeitslosenversicherung und Insolvenzentschädigung
Erhalten Angestellte wegen einer Firmenpleite die Kündigung, können Sie Arbeitslosentaggelder beantragen, sofern sie die Voraussetzungen der Rahmenfrist erfüllen: Sie müssen in den zwei Jahren vor der Arbeitslosigkeit mindestens zwölf Monate lang Beiträge gezahlt haben. Falls der Arbeitgeber kurz vor der Pleite die AHV-Beiträge nicht mehr gezahlt hat, hat er auch die Beiträge an die Arbeitslosenversicherung (ALV) nicht mehr überwiesen, weil diese gemeinsam erhoben werden. Für den Anspruch der Angestellten auf ALV-Taggelder spielt das aber keine Rolle.
Tipp: Melden Sie sich sofort beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV), wenn Sie die Stelle verlieren. Bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit gibt es keine Einstelltage, es drohen also keine «Straftage» ohne Taggeld-Auszahlung, wie das bei selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit der Fall sein kann.
Wer ALV-Taggelder bezieht, ist automatisch und obligatorisch bei der Suva gegen Unfall versichert. Taggeld-Bezüger sind zudem auch pensionskassenversichert, falls ihr ALV-Taggeld höher ist als Fr. 81.20 (Stand 2016). Dieser Vorsorgeschutz deckt aber nur die Risiken Tod und Invalidität ab, nicht das Alterssparen.
Wichtig: Hat der konkursite Arbeitgeber am Schluss die Löhne nicht mehr gezahlt, haben Angestellte Anspruch auf eine entsprechende Insolvenzentschädigung der Arbeitslosenversicherung. Betroffene müssen aber ihre Lohnforderungen «unverzüglich und konsequent» durchsetzen, wie es das Bundesgericht formuliert. Das heisst: sofort den Arbeitgeber betreiben oder am Gericht eine Lohnklage einreichen. Bleibt jemand monatelang untätig, geht der Anspruch auf Insolvenzentschädigung verloren.
4. Kollektiv-Krankentaggeldversicherung
Pech hingegen haben Angestellte, die via Betrieb einer Kollektiv-Krankentaggeld-Versicherung angeschlossen sind. Diese untersteht in der Regel dem Privatversicherungsrecht VVG, und das heisst: Wenn der Arbeitgeber die Prämien nicht zahlt, kann die Versicherung ihre Leistungspflicht schon 14 Tage nach der Mahnung einstellen.
Wenn eine angestellte Person nach Ablauf dieser Frist für lange Zeit krank wird, erhält sie somit kein Geld von der Kollektiv-Krankentaggeld-Versicherung. Zwar könnte sie diese Summe vom säumigen Arbeitgeber einfordern, doch dieses Recht nützt nichts, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist.
Immerhin: Ist eine Person schon länger krank und bezieht sie bereits Gelder von der Taggeldversicherung, so zahlt die Versicherung in der Regel weiter, meist maximal zwei Jahre lang.
5. Unfallversicherung
Punkto Unfallversicherung müssen sich Betroffene keine Sorgen machen – zumindest nicht im Leistungsbereich, der gesetzlich vorgeschrieben ist. Der Versicherungsschutz läuft auch dann, wenn der Arbeitgeber die Prämien nicht (mehr) gezahlt hat. Passiert ausgerechnet in dieser Zeit ein Unfall, zahlt die bisherige Unfallversicherung des Betriebs trotzdem Arzt- und Spitalkosten, Taggelder sowie alle weiteren gesetzlichen Leistungen.
Dies betrifft sowohl Unfälle im Betrieb als auch Unfälle in der Freizeit – sofern die betroffene Person acht Stunden oder mehr pro Woche gearbeitet hat. Dies ergibt sich aus dem sogenannten «Notstandsabkommen», dem alle Unfallversicherer beigetreten sind. Diese Lösung gilt auch für die Suva.
Aber: Diese Regelungen gilt nicht für freiwillige Zusatzversicherungen, also nicht für die sogenannten UVG-Zusätze. Es gibt Betriebe, die beispielsweise die Behandlung im Einer- oder Zweierzimmer versichern. Oder Betriebe, in denen gut verdienende Angestellte auch Lohnanteile über dem gesetzlichen Maximum von 148200 Franken abgesichert haben. Weil solche Zusätze über das Privatversicherungsrecht VVG laufen, kann die Deckung wie beim Kollektiv-Krankentaggeld schon nach 14 Tagen wegfallen.
Tipp: Bei Unsicherheiten oder Problemen wenden Sie sich am besten an die Ersatzkasse UVG in Zürich (Tel. 058 358 05 70, www.ersatzkasse.ch).