Felix Scherrer aus Binningen BL hat Freizügigkeitsgelder und Ersparnisse der 3. Säule bei verschiedenen Banken in Anlagefonds angelegt – vor allem in Fonds mit hohen Aktienanteilen. Bei steigenden Börsen verkauft Scherrer Fondsanteile. Tauchen die Aktienkurse, kauft er Anteile zu. So versucht er, die Renditen seiner Anlagen zu steigern.
Besonders angetan war Scherrer vom Vorsorge-Indexfonds Pension Growth der Raiffeisenbank (ISIN CH0189322339, siehe Seite 21). Er hat einen hohen Aktienanteil von rund 67 Prozent. Unlängst stellte Scherrer fest, dass ihm Raiffeisen für diese Fondsanteile nicht den Kurs am Tag des Kaufs belastete, sondern denjenigen mehrere Tage nach dem Kauf. So etwa Mitte Juni: «Als ich den Auftrag am 14. Juni vor 12 Uhr gab, bekam ich den Kurs vom 16. Juni.»
Dazu muss man wissen, dass der von den Banken jeweils veröffentlichte Wert von Fondsanteilen kein aktueller Kurs ist. Es ist der sogenannte Nettoinventarwert, in der Regel als NAV abgekürzt (aus dem Englischen «Net Asset Value»). Netto bedeutet in diesem Zusammenhang: Die laufenden Kosten des Fonds sind abgezogen.
Viele Fonds sind in zahlreiche Einzelpositionen investiert – in Aktien, Obligationen, Immobilien und weitere Anlagen. Um den Inventarwert des Fonds berechnen zu können, müssen zunächst die Schlusskurse dieser Einzelanlagen zusammengetragen werden. Das geschieht in der Regel abends nach Börsenschluss. Der so ermittelte Wert (NAV) wird dann am Folgetag bekannt gegeben und auf elektronischen Plattformen aufgeschaltet.
Aus diesem Grund erfährt der Käufer von Fondsanteilen den genauen Preis erst im Nachhinein. Im Moment, in dem er einen Kauf- oder Verkaufsauftrag erteilt, liegt ihm nur der Inventarwert des Vortags vor. Die an diesem Tag in Zeitungen veröffentlichten Preise sind die Inventarwerte von vorgestern.
Nicht alle Fonds schliessen zur gleichen Tageszeit ab
Bei allen Fonds gilt für Aufträge eine tägliche Schlusszeit. Bei vielen Fonds beziehungsweise Banken liegt sie bei 15 Uhr. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Kauf- und Verkaufsaufträge bei der Fondsleitung eintreffen, um am selben Tag noch verarbeitet zu werden. Wohl kann man auch später Aufträge erteilen. Dann werden sie aber erst zum Nettoinventarwert des Folgetags abgerechnet.
Bei einzelnen Fondskategorien, etwa bei Vorsorgefonds, ist die Schlusszeit bei den meisten Banken früher angesetzt: 13 Uhr bei der UBS, 12 Uhr bei Credit Suisse und Raiffeisen, 10.30 Uhr bei der Zürcher Kantonalbank. Bereits um 6 Uhr früh ist Eingabeschluss beim Vorsorgefonds Pension Growth von Raiffeisen. Die Bank begründet den frühen Zeitpunkt damit, dass dieser Fonds weltweit investiere. Die Zeichnung von Fonds in Asien müsse bereits am Vormittag erfolgen.
Damit erhellt sich auch Scherrers Fall. Er erteilte am 14. Juni kurz vor Mittag den Kaufauftrag für Anteile des Pension Growth, also mehrere Stunden nach dem für diesen Fonds geltenden Termin. Raiffeisen berechnete ihm deshalb den Inventarwert vom 15. Juni, der am 16. Juni bekannt gegeben und Scherrer mitgeteilt wurde.
Er ärgert sich darüber, dass er ein Anlageprodukt kaufen soll, dessen genauen Preis er erst zwei Handelstage später erfährt: «Das ist für mich absolut unverständlich.» Tatsächlich zahlte er statt des ihm am 14. Juni bekannten Nettoinventarwerts von Fr. 108.04 einen Preis von Fr. 108.37 pro Fondsanteil. Der Unterschied von 33 Rappen mag gering sein. Doch beim Kauf von 100 Fondsanteilen sind es bereits 33 Franken.
Tipp:Wer beim Kauf von Fondsanteilen genau wissen will, welchen Preis er zu entrichten hat, kann auf ETFs (Exchange Traded Funds) ausweichen. Diese werden zu Börsenkursen gehandelt.