Der damals 63-jährige Reto Ziegler (Name geändert) aus Zürich machte im Jahr 2019 vor seiner Pensionierung einen Gesundheitscheck. Die Ärzte diagnostizierten Krebs. Ziegler liess sich frühpensionieren. Das Altersgeld der Pensionskasse bezog er als Kapital. Er starb im Herbst 2020.
Ziegler war ledig und hatte keine Kinder. Verwandte konnte das Bezirksgericht nicht eruieren. In seinem Testament hatte er drei Freunde als Erben eingesetzt. Das Gericht bestätigte diese als Erben.
Einer von ihnen ist Martin Koller (Name geändert) aus Rümlang ZH. Koller fand im Nachlass des verstorbenen Freundes einen Auszug eines Freizügigkeitskontos bei der Migros-Bank mit einem Guthaben von rund 110000 Franken. Die Bank verweigerte die Auszahlung des Gelds und wollte es behalten. Laut Gesetz fällt das Freizügigkeitsgeld im Todesfall nämlich nur an «gesetzliche Erben». Im Fall von Ziegler seien keine gesetzlichen Erben bekannt, sondern nur die im Testament bestimmten sogenannten eingesetzten Erben. Koller kritisiert: «Reto hätte nie gewollt, dass die Bank sein Geld behält.»
Das Problem: Bei Freizügigkeitskonten regelt das Gesetz, wer das Geld erhält, wenn jemand vor dem Pensionsalter stirbt. Begünstigt werden nur Verwandte, der Konkubinatspartner oder andere Personen, die der Versicherte erheblich unterstützt hatte. Fehlen gesetzliche Erben, bleibt das ganze vom Verstorbenen gesparte Geld in der Pensionskasse oder der Freizügigkeitsstiftung. Basile Cardinaux, Professor an der Uni Freiburg, bestätigt: «Das Gesetz ist klar.» Die Bank hätte das Geld behalten können.
Doch Koller fand nach langer Suche einen Cousin des Verstorbenen. Er sagt erleichtert: «Immerhin bleibt das Geld so in der Familie.»
Dieser Fall zeigt: Leute ohne gesetzliche Erben sollten bei ihrem Vorsorgegeld einige Punkte beachten. K-Geld sagt, was bei Guthaben aus der zweiten und der dritten Säule gilt.
Pensionskasse: Alleinstehende sollten nicht mehr als nötig einzahlen
Das in der zweiten Säule gesparte Altersguthaben wird im Todesfall nicht gemäss Erbrecht verteilt. Das heisst: Es landet nicht im Nachlass des Verstorbenen, sondern wird nach den Regeln der zweiten Säule verteilt. Davon profitieren die Pensionskassen – die Erben gehen oft leer aus. Beispiel: Stirbt ein alleinstehender Versicherter ohne Kinder vor dem Pensionsalter, kann die Kasse das gesamte ersparte Geld behalten. Sie kann in ihrem Reglement jedoch freiwillig vorsehen, dass in solchen Fällen Lebenspartner sowie Eltern oder Geschwister Geld erhalten – oder die übrigen gesetzlichen Erben, also Verwandte. Diese allerdings nur im Umfang der vom Verstorbenen selbst einbezahlten Beträge oder der Hälfte des Altersguthabens. Der Rest bleibt in der Pensionskasse.
Tipp:Alleinstehende Versicherte ohne Kinder sollten nicht mehr Geld als nötig in die Pensionskasse einzahlen. Auch freiwillige Einkäufe sind nicht zu empfehlen. Denn das Geld ist möglicherweise verloren, falls sie das Pensionsalter nicht erreichen. Immerhin gilt auch für Alleinstehende: Sie dürfen das Altersgeld vor der Pensionierung beziehen, wenn sie sich selbständig machen, oder das Geld in ein selbstbewohntes Haus investieren.
Auch wer definitiv auswandert, kann das Alterskapital vorzeitig beziehen. Das gilt allerdings nicht für EU- und Efta-Staaten. Denn hier gilt ein Staatsvertrag. Wer hingegen etwa nach Thailand oder Albanien auswandert, darf das Kapital auszahlen lassen.
Übrigens: Zum Teil haben nicht einmal die Kinder einer verstorbenen Person Anspruch auf eine Leistung. Die kantonalzürcherische Pensionskasse BVK etwa verwehrt ihnen den Anspruch auf das ersparte Altersguthaben, wenn der Versicherte vor dem Tod eine IV-Rente erhielt. So ging zum Beispiel die 35-jährige Tochter einer Verstorbenen aus dem Kanton Zürich leer aus, weil die Mutter in ihren letzten zwei Lebensjahren eine IV-Rente bekam. Die BVK behielt das Altersguthaben in der Höhe von einer halben Million Franken. Deshalb ist wichtig: Bevor man eine Rente beantragt, sollte man das Reglement der Pensionskasse genau studieren.
Freizügigkeitskonto: Geld geht an die Begünstigten
Was für Pensionskassen gilt, ist nicht automatisch auf das übrige Geld in der zweiten Säule übertragbar. Bei Freizügigkeitsguthaben gilt: Wer die Arbeitsstelle verliert oder kündigt, muss das Geld bei einer Freizügigkeitsstiftung parkieren, bis er oder sie eine neue Stelle antritt oder pensioniert wird. Das Guthaben ist im Todesfall nicht verloren. Die Ersparnisse werden in folgender Reihenfolge ausbezahlt an:
1. Ehegatten und unmündige Kinder
2. bei ledigen Versicherten ohne Kinder: begünstigte Konkubinatspartner oder vom Verstorbenen zu Lebzeiten unterstützte Personen
3. ältere Kinder, Eltern oder Geschwister
4. die restlichen gesetzlichen Erben.
Innerhalb derselben Gruppe sind mehrere Personen grundsätzlich im gleichen Verhältnis begünstigt. Der Versicherte kann einzelnen Begünstigten jedoch einen grösseren oder kleineren Anteil zusprechen. Er darf auch bestimmen, dass der Konkubinatspartner neben den Kindern mitbegünstigt wird. Er darf aber die Kinder und den Ehegatten nicht vollständig ausschliessen. Die Kassen haben Formulare, mit welchen man die Reihenfolge der Begünstigten festhalten kann.
Wichtig: Wer bloss im Testament als Erbe aufgeführt ist, bekommt von der Freizügigkeitsstiftung nichts. Die Stiftung verteilt das Geld gemäss dem vom Kontoinhaber unterzeichneten Begünstigungsformular.
Dritte Säule: Guthaben wird ebenfalls vollständig ausbezahlt
Das in der dritten Säule geäufnete Altersguthaben wird nach dem Tod des Sparers ebenfalls vollständig und in einer bestimmten Reihenfolge ausbezahlt. Laut Gesetz erfolgt die Auszahlung an:
1. Ehegatten
2. bei ledigen Verstorbenen: dessen Kinder, den Lebenspartner und allenfalls zu Lebzeiten unterstützte Personen
3. Eltern
4.Geschwister
5. die übrigen Erben.
Tipp: Wer eines oder mehrere 3a-Konten besitzt, sollte den Banken eine Begünstigungserklärung schicken. So ist sichergestellt, dass das Geld nach einem allfälligen Tod des Sparers vor Bezug des Altersgeldes im Sinne des Verstorbenen verteilt wird.