Die Frage einer 63-jährigen Leserin aus dem Kanton Schwyz an die K-Geld-Finanzberatung ist typisch: «Kann ich von meinem BVG-Freizügigkeitskonto eine Rente beziehen?».
Die Antwort lautet: Im Prinzip nein. Betroffen sind insbesondere ältere Pensionskassen-Versicherte, die zum Beispiel ihren Job verlieren und dann aus der Pensionskasse ausscheiden. Dann müssen sie ihr Altersguthaben auf ein oder zwei Freizügigkeitskonten überweisen lassen. Und dieses Pensionskassengeld kann man im AHV-Alter nur als Ganzes bar beziehen, wenn man es nicht vorher wieder in eine Pensionskasse einzahlen konnte.
Ein solcher Barbezug überfordert viele Betroffene. Unter Umständen kommen grosse Summen zur Auszahlung. Und es ist nicht einfach, das auf einen Schlag ausbezahlte Kapital so zu verwalten und dosiert auszugeben, dass es möglichst viele Jahre reicht. Die Rente der Pensionskasse hingegen ist garantiert und fliesst lebenslang, Rentenbezüger müssen sich um nichts kümmern.
Beginn der Rentenzahlungen lässt sich individuell festlegen
In diese Lücke springt das Unternehmen Pensexpert aus Luzern. Seit Mitte 2015 zahlt die ihr angeschlossene Independent-Freizügigkeitsstiftung ihren Kundinnen und Kunden auf Wunsch eine sogenannte Altersrente ab dem Freizügigkeitsguthaben aus. Das sind die Details:
Das Angebot ist sehr flexibel. Der Beginn der Rentenzahlung kann individuell festgelegt werden – und zwar zwischen dem Alter 59 und 69 (Frauen) bzw. 60 und 70 (Männer). Interessenten können auch eine Partnerrente vereinbaren oder darauf verzichten. Ein Mann kann zum Beispiel bestimmen, ob seine Ehefrau nach seinem Tod weiterhin eine Rente erhalten soll oder nicht – und falls ja, in welcher Höhe.
Die abgemachte Rente ist lebenslang garantiert und somit interessant für Leute, die sehr alt werden.
Der Umwandlungssatz ist schlechter als bei den Pensionskassen. «Wir versuchen aber, besser als die Leibrente zu sein», sagt Fabio Preite von Pensexpert.
Leibrenten sind Versicherungsprodukte, die aus einbezahltem Kapital eine lebenslang garantierte Rente ausschütten. Der Umwandlungssatz bestimmt, zu welchem Prozentsatz ein vorhandenes Kapital in eine Rente umgewandelt wird. Beispiel: Bei 100000 Franken Kapital und dem gesetzlichen Pensionskassen-Umwandlungssatz von 6,8 Prozent resultiert eine Jahresrente von 6800 Franken.
Ein konkretes Beispiel: Wenn ein 65-jähriger Mann mit einer 54-jährigen Frau eine Altersrente abschliesst, erhält er gemäss Independent einen Umwandlungssatz von 3,91 Prozent (also 3910 Franken pro Jahr auf 100000 Franken Kapital). Dies unter der Voraussetzung, dass seine Gattin nach seinem Tod 60 Prozent der ursprünglichen Rente erhält.
Gemäss Independent gäbe es bei der Leibrente der Versicherer in dieser Konstellation nur rund 3,3 Prozent. Eine Pensionskasse würde im Obligatorium 6800 Franken Rente pro 100000 Franken Kapital pro Jahr auszahlen.
Wer eine Leibrente kauft, muss das Geld ab dem Freizügigkeitskonto beziehen und dafür die Kapitalbezugssteuer zahlen. Wer dieses Geld hingegen zur Independent transferiert, zahlt keine Steuer.
Attraktiver könnte Independent für Ledige sein, die nur für sich und nicht noch für die Partnerin schauen müssen. Ein 65-jähriger Mann zum Beispiel erhält bei Independent einen Umwandlungssatz von 5,05 Prozent. Einige Pensionskassen zahlen inzwischen noch weniger, weil sie beim überobligatorischen Altersguthaben frei sind. Überobligatorische Altersguthaben entstehen, wenn Pensionskassen-Versicherte mehr einzahlen als gesetzlich vorgeschrieben.
Genau dieser überobligatorische Bereich ist ein Haken beim neuen Angebot der Independent. Denn sie wandelt nur das Überobligatorium in eine Rente um. Den obligatorischen Anteil müssen Interessenten im Alter trotzdem bar beziehen. Denn das Obligatorium müsste Independent mit dem gesetzlichen Pensionskassen-Umwandlungssatz von 6,8 Prozent verrenten. «Im gegenwärtigen Umfeld ist ein solcher Satz nicht realistisch», sagt Fabio Preite von Pensexpert.
Wer sein Freizügigkeitsgeld im Alter zu Independent transferiert und dann beispielsweise schon nach einem halben Jahr die Altersrente nimmt, zahlt eine «Service- und Setupgebühr» von 5000 Franken. «Wir möchten als erster Anbieter einer Rente aus der Freizügigkeit verhindern, dass Vorsorgenehmer ihr Geld an unsere Stiftung transferieren, nur um eine Altersrente zu beziehen», begründet Preite. Lag das Geld bei Rentenbeginn schon länger als vier Jahre bei Independent, reduziert sich diese Gebühr auf 1000 Franken.
Der Zins auf dem Independent-Freizügigkeitskonto liegt im Vergleich zur Konkurrenz im Mittelfeld.
Übrigens: Eine Altersrente von Independent ist zu 100 Prozent als Einkommen zu versteuern – wie auch die AHV- und Pensionskassenrente. Leibrenten hingegen sind nur zu 40 Prozent steuerbar.
Fazit: Wer im Alter auf Freizügigkeitsgeld sitzt und mit der Anlage eines Teils des Geldes nichts zu tun haben will, erhält von Independent eine zwar lebenslang garantierte, aber nicht gerade attraktive Altersrente. Wer sehr alt wird, profitiert dennoch.
Zum Schluss ein wichtiger Tipp: Das Gesagte gilt nur für Leute, die ihr Geld bereits – aus welchen Gründen auch immer – auf einem Freizügigkeitskonto haben. Und die es nicht mehr in eine Pensionskasse einzahlen können. Es lohnt sich auf keinen Fall, Gelder von der Pensionskasse absichtlich abzuziehen, um damit eine Leibrente oder eine Altersrente von Pensexpert zu kaufen.