2019 beliefen sich die gesamten Hypothekarkredite in der Schweiz auf 1042 Milliarden Franken. Davon entfielen 81 Prozent auf Fest- und lediglich 19 Prozent auf Geldmarkthypotheken. Das geht aus Zahlen der Schweizerischen Nationalbank hervor. Ganz anders zeigt sich die Situation für dasselbe Jahr beim VZ Vermögenszentrum. Dieses vermittelt Hypotheken über seine Tochtergesellschaft Hypothekenzentrum. Dort lag der Anteil der Festhypotheken bei bloss 31 Prozent, Geldmarkthypotheken hingegen machten 69 Prozent aus.
Das VZ setzt schon seit vielen Jahren stark auf Geldmarkthypotheken – also auf Hypotheken, bei denen in periodischen Abständen Zinsanpassungen vorgenommen werden. Die Basis dafür ist der Referenzzinssatz Libor respektive der Nachfolger Saron (siehe Kasten). Denn vom VZ angestellte Vergleiche der Zinskosten über Zeiträume von zehn Jahren zeigen, dass Geldmarkthypotheken stets deutlich günstiger waren als 5- und 10-jährige Festhypotheken. In den Jahren 2010 bis 2020 etwa betrugen die gesamten Zinskosten für einen Kredit von 500 000 Franken mit einer Geldmarkthypothek 42 000 Franken. Mit einer Festhypothek mussten Wohneigentümer 96 000 (5 Jahre) respektive 151 000 Franken (10 Jahre) hinblättern.
Ein derart grosses Sparpotenzial liegt zurzeit mit einer Geldmarkthypothek nicht mehr drin. Denn die Zinssätze für kurz- und langfristige Hypotheken haben sich einander angenähert (siehe Grafik im PDF). Immobilienbesitzer können aber mit einer Geldmarkthypothek immer noch Zinskosten einsparen, wie Zahlen der Plattform Hypotheke.ch zeigen: So war eine Geldmarkthypothek am 13. April für durchschnittlich 0,82 Prozent erhältlich (offizielle Zinsen der Geldinstitute). Eine 5-jährige Festhypothek kostete hingegen 0,89 Prozent und eine 10-jährige sogar 1,16 Prozent.
Für Banken sind Hypotheken mit langen Laufzeiten lukrativer
Laut Hypothekenvermittler Moneypark sind 10-jährige Festhypotheken die «mit Abstand beliebteste Finanzierungsform». Mehr als die Hälfte der Hypothekarverträge werde auf diese Laufzeit abgeschlossen. Adrian Wenger vom VZ wundert das nicht: «Das Vermitteln von Geldmarkthypotheken bringt nicht allzu hohe Provisionen ein.» Lukrativer seien Hypotheken mit möglichst langen Laufzeiten. Auch Banken würden den Abschluss von Festhypotheken oft vorziehen. Denn an diesen verdienen sie mehr, und der administrative Aufwand ist geringer.
Aus Sicht der Kreditnehmer haben Festhypotheken einen unbestreitbaren Vorteil: Sie geben Budgetsicherheit. Der Zinssatz bleibt während der ganzen Laufzeit gleich. Festhypotheken zahlen sich für die Kunden aber nur aus, wenn die Zinsen nach Abschluss steigen und hoch bleiben. Geldmarkthypotheken dagegen lohnen sich bei sinkenden oder konstant tiefen Zinsen.
Klar ist: Niemand weiss, wie die Zinsen sich in Zukunft entwickeln. Momentan gibt es keine Anzeichen, dass die Schweizerische Nationalbank die Leitzinsen bald anhebt. Der neue Referenzzinssatz Saron liegt zurzeit bei minus 0,73 Prozent. Saron-Hypotheken würden sich erst dann verteuern, wenn dieser Satz über null Prozent stiege. Denn die Banken gehen bei der Berechnung der Zinssätze für Geldmarkthypotheken vom Nullpunkt aus und schlagen ihre Marge darauf.
Der Saron wird nicht von heute auf morgen auf über null Prozent ansteigen. Falls sich bei den Zinsen eine Trendwende abzeichnen würde, bliebe Kreditnehmern mit einer Geldmarkthypothek genügend Zeit, zu einer Festhypothek bei der gleichen Bank zu wechseln.
Geldmarkthypotheken sind in der Regel nicht nur günstiger als Festhypotheken, sondern auch flexibler. Muss eine Festhypothek etwa wegen Scheidung, Jobverlust oder Krankheit vorzeitig gekündigt werden, kann das eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung zur Folge haben. Einige Banken, etwa die UBS oder die ZKB, bieten Geldmarkthypotheken neuerdings auch als unbefristete Kredite an, die rasch gekündigt werden können. Aber selbst Geldmarkthypotheken mit Rahmenvertrag und einer Laufzeit von typischerweise zwei bis fünf Jahren lassen sich laut Hypothekarspezialist Adrian Wenger meist deutlich günstiger auflösen als Festhypotheken.
Referenzzinssatz: Saron ist der neue Libor
Bei einer Geldmarkthypothek berechnet sich der Zins, der vom Kreditnehmer geschuldet ist, aus einem Referenzzinssatz und einer individuell festgelegten Marge. Als Referenzzinssatz kam bisher der Libor zum Einsatz. Das ist der Zinssatz, zu dem sich Banken gegenseitig Geld ausleihen. Er beruht auf echten Transaktionen und Einschätzungen der Marktteilnehmer.
Bis Ende dieses Jahres wird der Libor abgeschafft. Die meisten Banken stellten bereits auf den neuen Referenzzinssatz Saron (Swiss Average Rate Overnight). Der Saron widerspiegelt den Zinssatz, zu dem sich rund 160 Schweizer Finanzinstitute gegenseitig kurzfristig Geld ausleihen. Die Börsenbetreiberin SIX berechnet ihn täglich neu. Aus diesen Tageszinssätzen leiten die Banken den Langfristzinssatz für die Saron-Hypotheken ab.
Der Saron und der 3-Monats-Libor entwickelten sich in der Vergangenheit fast gleich. Für die Hypothekarnehmer ändert sich deshalb mit dem Wechsel nicht viel. Allerdings erfahren Kunden mit einer Saron-Hypothek erst am Ende einer Zinsperiode (in der Regel drei Monate), wie hoch der zu zahlende Zinssatz ist. Beim Libor kennen die Kreditnehmer die Höhe bereits zu Beginn einer Zinsperiode.