Gottfried Heller: «Augen zu und einsteigen»
Inhalt
K-Geld 5/2002
01.10.2002
Wer mit einer Perspektive von zwei bis fünf Jahren investiert, kann jetzt blindlings einsteigen. Es ist nur eine Frage des Charakters, ob man gleich sein ganzes Geld anlegt oder schrittweise vorgeht. Mich persönlich schmerzt es nicht, wenn die Börsen kurzfristig noch einmal 10 Prozent tauchen, dann aber in die Höhe schnellen.
Woher mein Optimismus kommt? Die Börsen sind fundamental sehr billig geworden, vor allem in Europa. Im deutschen Dax oder im EuroStoxx verfügen ja nahe...
Wer mit einer Perspektive von zwei bis fünf Jahren investiert, kann jetzt blindlings einsteigen. Es ist nur eine Frage des Charakters, ob man gleich sein ganzes Geld anlegt oder schrittweise vorgeht. Mich persönlich schmerzt es nicht, wenn die Börsen kurzfristig noch einmal 10 Prozent tauchen, dann aber in die Höhe schnellen.
Woher mein Optimismus kommt? Die Börsen sind fundamental sehr billig geworden, vor allem in Europa. Im deutschen Dax oder im EuroStoxx verfügen ja nahezu zwei Drittel der Aktien nur noch über ein einstelliges Kurs-Gewinn-Verhältnis, Werte über 20 findet man dagegen kaum mehr. Auch sind die Dividendenrenditen vieler Aktien inzwischen höher als die Kapitalmarktzinsen.
Der Zustand des Aktienmarkts hat sich dramatisch verbessert. Der Ausverkauf an den Börsen geht nun schon in den 31. Monat - das ist die längste Baisse nach jener von 1929 bis 1932. Damals war die Weltwirtschaft zutiefst verletzt. Heute haben wir es dagegen mit einer kleinen Finanzkrise und einer mit Überkapazitäten beladenen Wirtschaft zu tun.
Inzwischen sind die Aktienmärkte überverkauft. Und den erwarteten Ausverkauf bei massiven Umsätzen haben wir in den beiden letzten Monaten erlebt. Einen Schlussausverkauf braucht es nicht. 1999 und 2000 gab es eine masslose Übertreibung nach oben, und jetzt erleben wir die Kehrseite.
Für Amerika kommt noch hinzu, dass es im dritten Amtsjahr einer Präsidentschaft bis anhin nur eine einzige Baisse gab - nämlich im Kriegsjahr 1939. Aber selbst damals beliefen sich die Verluste des US-Leitindex S&P 500 auf weniger als 1 Prozent.
Investieren sollte man dort, wo die Abschläge am grössten waren: nämlich in Europa, und zwar in Versicherungen, Finanzdienstleister und Banken. Die Deutsche Bank, die Credit Suisse, die Commerzbank oder die HypoVereinsbank werden ja nicht Pleite gehen. Und grosse Versicherungsgesellschaften wie Allianz, Zürich oder Swiss Life/Rentenanstalt werden vom Bereinigungsprozess in ihrer Branche sogar noch profitieren.
Technologietitel dagegen muss man noch keine haben. Dafür sollte man jedoch etwas Geld bereithalten.