Der Luzerner Andreas Vonlanthen (Name geändert) schloss im Juni 2012 eine «indexgebundene» Kapitalversicherung bei der Helvetia namens «Helvetia Value Trend» ab. Diese Sparversicherung im freien Vermögen kombiniert eine Sparanlage mit einer Risikoabdeckung (Todesfall): Bei einer Einmalzahlung von 50'000 Franken erhalte er nach zehn Jahren garantiert 54'813 Franken. Dieselbe Summe würden die Hinterbliebenen im Todesfall erhalten. Die Helvetia versprach ein «ertragsreiches Wachstum», sein Geld werde garantiert zu 19 Prozent verzinst.
Hohe Renditen in Aussicht gestellt
Darüber hinaus versprach die Helvetia einen Bonus: Die Spargelder würden im «Morgan Stanley Multi-Asset CHF Index» angelegt. Das Produkt investiert in internationale Aktien, Obligationen und Geldwerte. Den Bonus gibt es aber nur, wenn der Index bei Vertragsende mehr als 19 Prozent über dem Stand bei Vertragsbeginn liegt – also über dem garantierten Zins. Die Differenz zwischen Indexstand bei Vertragsende und dem garantierten Zins (119 Prozent des Sparkapitals) ist dann der «Bonus».
In der Werbebroschüre wurde Vonlanthen auch eine Indexperformance von 35 Prozent in Aussicht gestellt – und damit ein Bonus in der Höhe von 16 Prozent, der zum Zins hinzukommen sollte.
Ende 2021 erhielt Vonlanthen von der Helvetia ein Dokument für seine Steuerrechnung. Darin war der Wert seiner Sparversicherung mit 61'884 Franken ausgewiesen. Nur wenige Monate später folgte dann aber die grosse Ernüchterung: Bei Vertragsende am 28. Juni erhielt er die Leistungsabrechnung. Die Helvetia überwies ihm nur 56'023 Franken. Er ärgert sich über die «irreführende Helvetia-Kampagne», denn erwartet hatte er dank dem «garantierten Zins» von 19 Prozent mindestens 59'500 Franken. Was war passiert? Es gibt mehrere Gründe, warum Vonlanthen enttäuscht wurde:
- Die Helvetia zieht von der Einmaleinlage die Provision des Versicherungsverkäufers, die Verwaltungskosten der Helvetia und den Risikoteil, also die Lebensversicherung, ab. Insgesamt zog die Helvetia von der Einzahlung von 50'000 Franken rund 8 Prozent ab. Das ergab einen «Basiswert» von 46'108 Franken. Erst von diesem effektiven Sparteil aus berechnete sie den «garantierten Zins» von 19 Prozent (siehe Grafik im PDF).
- Die in der Werbebroschüre vorgerechneten Werte mit einer angeblichen Performance des «Multi-Asset Index» von Morgan Stanley von 35 Prozent waren rein hypothetische Annahmen. Wie falsch die Versicherung lag, zeigt die Realität: Am Ende lag der Index nicht 35 Prozent höher als vor zehn Jahren, sondern lediglich 21,51 Prozent. Abzüglich der 19 Prozent garantierten Zinses blieben für Vonlanthen noch magere 2,51 Prozent «Bonus».
Helvetia begründet die schwache Performance damit, dass in den letzten sechs Monaten ein weltweiter Wertzerfall an den Kapitalmärkten stattgefunden habe – wegen des Ukraine-Kriegs, steigender Energiepreise und Inflation. Damit hätten weder die Versicherung noch Vonlanthen bei Vertragsabschluss rechnen können.
Das Beispiel zeigt, wie unvorteilhaft Investitionen in Börsenprodukte sind, die nach festen Laufzeiten aufgelöst werden müssen – wie es bei gemischten Sparversicherungen fast immer der Fall ist. Wer während eines ungünstigen Zeitraums aus einem Aktienindex aussteigen muss, fährt massive Verluste ein. Hätte Vonlanthen sein Geld über eine Bank in einen Aktienindex investiert, könnte er die unvorteilhaften Börsenkurse aussitzen. Bei Banken gibt es kein festes Ausstiegsdatum.
Tipp: Wer langfristig Geld anlegen will, sollte das nicht über gemischte Policen bei Versicherungen tun – auch nicht in Kombination mit einer Lebensversicherung. Todesfallversicherungen als Einzelprodukte sind meist deutlich günstiger und flexibler als kombiniert in einer Sparversicherung (K-Geld 3/2021).