Der Schreck sass tief, als ein Ehepaar aus Turbenthal ZH unerfreuliche Post vom Gemeindesteueramt erhielt. Statt der erwarteten 10134 Franken Grundstückgewinnsteuer sollten die beiden für den Verkauf der Liegenschaft mehr als das Vierfache bezahlen: exakt 43028 Franken.
Das Paar hatte die Wohnung an seine Tochter verkauft – und diese gewährte im Gegenzug den Eltern einen Mietvertrag zu Vorzugskonditionen. Statt der marktüblichen 1950 Franken pro Monat – inklusive Nebenkosten – müssen sie nur 1400 Franken bezahlen.
Das Dumme ist nur: Ein Verkauf gegen Einräumung einer Vorzugsmiete kann den steuerbaren Verkaufsgewinn in die Höhe treiben. Deshalb taucht im Einschätzungsvorschlag der Gemeinde die «unterpreisliche Vermietung» auf. Das Steueramt Turbenthal sah im vergünstigten Mietvertrag eine finanzielle Leistung, die zum Verkaufserlös hinzuzurechnen sei.
Konkret: Aufgrund der verbleibenden durchschnittlichen Lebenserwartung der Eltern kam das Gemeindesteueramt für den «Kapitalwert aus unterpreislicher Vermietung» auf einen Betrag von 137281 Franken, die dem beurkundeten Kaufpreis hinzuzurechnen seien. Damit katapultierte das Steueramt den steuerbaren Verkaufsgewinn von den erwarteten 63000 auf satte 200000 Franken.
Bundesgericht: Aufrechnung ist nur in gewissen Fällen erlaubt
Ob diese Aufrechnung rechtmässig ist, ist zweifelhaft. Denn eine solche Aufrechnung darf nur erfolgen, wenn ein klares Wohn- oder Nutzniessungsrecht als Gegenleistung vereinbart wurde. Oder wenn Zusatzverträge zu einem ähnlichen Resultat führen, wie das Bundesgericht im Jahr 2002 in einem Luzerner Fall festgehalten hat (Urteil 2A.232/2001 vom 31. Januar 2002). Dabei hatten sich die Verkäufer aber ein lebenslanges Mietrecht zu Vorzugskonditionen sowie ein Vorkaufsrecht zum Tiefpreis von 100000 Franken ausbedungen.
Der Mietvertrag des Ehepaars aus Turbenthal kann dagegen jederzeit auf drei Monate gekündigt werden. Und dass die Tochter dem verkaufenden Ehepaar noch viele Jahre Vorzugskonditionen einräumen wird – dafür haben die Verkäufer keine schriftliche Garantie.
Wie eine Umfrage von K-Geld bei Steuerämtern ergab, würde zumindest im Kanton Luzern aufgrund des erwähnten Urteils der Fall aus Turbenthal wohl anders entschieden. Eine sogenannte Vorbehaltsnutzung würde gemäss Hien Le vom kantonalen Steueramt Luzern nur vorliegen, «wenn die Kombination der Vereinbarungen inhaltlich zu einem Wohnrecht oder zu einer Nutzniessung führen» würde. Das dürfte mit dem jederzeit kündbaren Mietvertrag in Turbenthal nicht gegeben sein.
Jakob Rütsche, Vorsteher der Steuerverwaltung Thurgau, geht eher davon aus, dass bereits «der ermässigte Mietzins eine weitere Leistung darstellt», sofern er unter dem marktüblichen Mietwert liegt.
Wie dem auch sei: Dieser Fall wird nicht vor Gericht landen. Denn die Betroffenen machten einen Rückzieher: Sie setzten für den Mietvertrag rückwirkend einen marktüblichen Mietzins fest – und das Steueramt liess dafür den Zuschlag wegen der «unterpreislichen Vermietung» fallen.