Der pensionierte Elektromechaniker Peter B. aus Wallisellen ZH erhielt im Januar einen unerwarteten Telefonanruf von der Bluebird Equity Partners AG aus Zürich. Der Mann am Telefon wollte ihm Aktien des kanadischen Biotech-Unternehmens Altum Pharmaceuticals schmackhaft machen. Der Schweizer Pharmagigant Novartis offeriere der Altum die Übernahme eines Produkts, das gegen Multiple Sklerose eingesetzt werde. Ein Börsengang sei noch für 2020 geplant. Peter B. solle jetzt die Gelegenheit beim Schopf packen und mindestens 10000 US-Dollar (umgerechnet etwa 9700 Franken) einsetzen. Denn ein Anteil der Altum, der jetzt noch einen Wert von 8 Dollar aufweise, sei nach dem Börsengang 16 Dollar wert – eine sagenhafte Rendite von 100 Prozent. Peter B. wurde neugierig.
Rasch erhielt er Dokumente mit Instruktionen «für die Überweisung des Kaufpreises» an die BMO Bank of Montreal. Kontoinhaber: die Ortac Capital Corporation. Eine Firma namens Ortac AG gibts auch in Zürich. Dieses Unternehmen rief bereits vergangenes Jahr Rentner an und machte ihnen die Altum-Aktien schmackhaft – zum Beispiel auch Fritz B. aus Stäfa ZH. Die Ortac stellte damals schriftlich einen kurz bevorstehenden Börsengang fürs zweite Halbjahr 2019 in Aussicht – was nicht geschah. Fritz B. lehnte dankend ab. Er hatte schon früher durch Aktienverkäufer Zehntausende Franken verloren.
Eine Investition in die Altum Pharmaceuticals ist eine Hochrisikoanlage. Im schlimmsten Fall droht der Totalverlust. Wer in Firmen investiert, deren Aktien und Obligationen nicht an der Börse gehandelt werden, kann die Anteile schlecht verkaufen. Denn es gibt dafür meist kaum Abnehmer. Solche Firmen sind auch nicht zur Transparenz verpflichtet. Dazu kommt in diesem Fall auch das Risiko, dass sich bei Streitigkeiten der Gerichtsstand im Ausland befindet.
Angeblicher Pressebericht entpuppt sich als bezahlte Werbung
Die Bluebird Equity Partners AG sandte Peter B. einen Pressebericht zu, in dem die Altum zum Kauf empfohlen wurde. Er stammt angeblich vom deutschen Nachrichtensender «n-tv». Recherchen zeigen jedoch: Dieser «Pressebericht» ist bezahlte Werbung und kein Beitrag von «n-tv». Peter B. erhielt auch eine Hochglanzbroschüre. Darin steht nichts Konkretes, dafür finden sich medizinische Fremdwörter, Statistiken, Absichtserklärungen und Prognosen – für einen Laien unverständlich. Nach Rücksprache mit K-Geld verzichtete Peter B. schliesslich auf eine Investition.
Markus Hadulla, Chef von Bluebird Equity Partners AG, sagt gegenüber K-Geld, man wende sich nur an qualifizierte Investoren, etwa an Ärzte und Unternehmer. Ein Blick in die Vergangenheit legt aber den Schluss nahe, dass die Firma nicht zufällig an Pensionierte wie Peter B. gelangt. Denn Hadulla war früher Telefonverkäufer bei der Firma Global Equity Associates AG (GEA) und strich dort satte Provisionen ein. Diese Firma unter der Führung von Christian Walliker drehte Männern um die 80 mehrfach wertlose Aktien der inzwischen bankrotten Firma Amvac AG an. Gegen die Führungsriege der GEA erhob die Zuger Staatsanwaltschaft 2019 Anklage wegen Betrugs. K-Geld liegt die Anklageschrift vor. Demnach beläuft sich der Schaden für die Anleger auf mindestens 55 Millionen Franken.
Wie hoch die Provisionen im Fall Altum Pharmaceuticals sind, will Markus Hadulla gegenüber K-Geld nicht verraten. Die Höhe sei «branchenüblich». Was dies bedeuten kann, mussten auch die Geschädigten von Amvac zur Kenntnis nehmen: Die Aktienverkäufer von GEA kassierten bis zu 60 Prozent der eingezahlten Gelder (K-Geld 4/2016).
In der Schweiz droht Aktienverkäufern wie der Bluebird von der Finanzmarktaufsicht Finma wenig Ungemach. Anders sieht es in Deutschland aus: Auch dort waren Aktienverkäufer für die Altum Pharmaceuticals aktiv. Die deutsche Finanzmarktaufsicht schritt ein und verbot bereits im Herbst 2019, diese Aktien öffentlich anzubieten.