Nach dem Tod ihrer Eltern entschieden sich Jörg Haller und sein Bruder Urs, das elterliche Haus im aargauischen Möriken zu verkaufen. 56 Jahre lang hatten ihre Eltern dort gelebt. Ein Käufer war rasch gefunden. Für das 4,5-Zimmer-Haus und das Grundstück mit 813 Quadratmetern zahlte dieser 825 000 Franken. Die Gemeinde Möriken-Wild-egg veranschlagte die Grundstückgewinnsteuer darauf im März 2020 provisorisch auf 14 437 Franken.
Bei den Brüdern Haller war der Schock gross, als im Oktober 2020 die definitive Abrechnung kam: 26 322 Franken sollten sie zahlen – fast 12 000 Franken mehr als erwartet. Begründung der Steuerverwaltung: Der Landanteil sei «übermässig gross». Und die Baulandreserve werde höher besteuert als der bebaute Teil des Grundstücks.
Tatsächlich kennt der Aargau als wohl einziger Kanton zwei Berechnungsmethoden für die Grundstückgewinnsteuer.
Pauschal: Die Steuer fällt umso tiefer aus, je länger man die Liegenschaft besitzt. Abzüge für wertvermehrende Investitionen oder sonstige Kosten sind in diesem Fall aber nicht zulässig. Voraussetzung ist eine Besitzdauer von mindestens zehn Jahren.
Effektiv: Die Besteuerung erfolgt auf die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis, abzüglich wertvermehrender Investitionen und übriger Kosten.
Es ist üblich, dass die Steuerpflichtigen zwischen den beiden Methoden wählen dürfen. Die Pauschale fällt oft günstiger aus als die Besteuerung nach der effektiven Methode, falls kaum wertvermehrende Investitionen vorgenommen wurden. So auch im Fall Haller. Allerdings: Die günstigere Pauschale darf man laut Aargauer Steuergesetz nur wählen, wenn es sich um ein «normal» grosses Grundstück handelt. Den Brüdern Haller wurde deshalb die halbe Grundstückfläche zum höheren «effektiven» Tarif für «übermässige» Baulandreserven in Rechnung gestellt.
Eine Rückfrage von K-Geld bei Dave Siegrist, Chef der Aargauer Steuerverwaltung, ergab, dass bei einem Grundstück von 800 bis 1000 Quadratmetern «in der Regel nicht von einem übernormalen Umschwung ausgegangen» werden könne. Das fand auch K-Geld und unterstützte die Brüder Haller bei ihrer Einsprache gegen den Möriker Einschätzungsentscheid.
Steuerbehörden mussten schliesslich zurückrudern
Doch die Möriker Steuerbehörde und die Abteilung Grundstückgewinnsteuer des Kantons beharrten auf ihrem Standpunkt: Es handle sich eben gerade nicht um einen Regelfall. Grund: Das Haus steht am Rande des Grundstücks. Die Abparzellierung für ein zusätzliches Haus wäre deshalb theoretisch möglich. Pech für die Hallers: Stünde das Haus mitten im Grundstück, wäre eine Abtrennung der Baulandreserve nicht möglich.
Immerhin: Auch die Steuerbehörden sahen schliesslich ein, dass zur Berechnung des Steuerbetrags die Grundstückfläche nicht einfach halbiert werden kann. Unter Berücksichtigung der Grenzabstände kamen sie im April 2021 zum Schluss, eine Flächenaufteilung von rund 2 zu 1 sei angemessen. Die Rechnung reduziert sich damit von 26322 auf etwa 20000 Franken.
Die Brüder Haller freuen sich über die eingesparten 6000 Franken. Dennoch bleibt bei ihnen ein bitterer Nachgeschmack: «Ich bin überzeugt, dass die Steuer auch mit 20000 Franken noch zu hoch ist», sagt Jörg Haller. Angesichts der verbleibenden Differenz und der mit einer Einsprache verbundenen Kosten wollen sein Bruder und er den neuen Einschätzungsentscheid aber nicht anfechten.