Von Anfang 2015 bis September 2022 mussten die Banken auf ihren Einlagen bei der Schweizerischen Nationalbank Negativzinsen zahlen. Nach Abzug eines Freibetrages verlangte die Nationalbank von den Banken fast während der ganzen Periode 0,75 Prozent Zins. Die meisten Banken überwälzten mindestens einen Teil dieser Zinsen als Gebühren auf die Privat- und Geschäftskunden.
Inzwischen sind die Zinsen wieder im positiven Bereich. Seit Juni liegt der Leitzins bei 1,75 Prozent. Erstmals in ihrer Geschichte bezahlt die Nationalbank auf das Geld, das Banken bei ihr hinterlegen, einen Zins. Auf Einlagen bis zum 28-Fachen ihrer individuellen Mindestreserven erhalten die Banken den Leitzins von heute 1,75 Prozent gutgeschrieben.
Einlagen oberhalb dieser Limite verzinst die Nationalbank zu 1,25 Prozent. Keine Bank begnügt sich mit dem tieferen Zins. Sie verleihen Einlagen oberhalb der Limite an Banken, die ihre Limite noch nicht ausgeschöpft haben. Dafür erhalten die verleihenden Banken einen Zins, der dem Saron-Zinssatz entspricht – zurzeit etwa 1,7 Prozent. Gemäss dem Rechenschaftsbericht der Nationalbank wurden Ende 2022 83 Prozent der Sichtguthaben zum Leitzins verzinst.
Zusammenfassend heisst das: Für Einlagen bei oder Handelsgeschäften mit der Nationalbank erhalten die Banken einen Zins, der sich zurzeit zwischen knapp 1,7 und 1,75 Prozent bewegt.
Die Nationalbank bezahlte den Banken für die bei ihr hinterlegten Sichtguthaben im ersten Halbjahr 2023 3,28 Milliarden Franken Zinsen. Zurzeit lagern bei der Nationalbank Guthaben in der Höhe von 475 Milliarden Franken. Verzinst die Nationalbank davon, wie im Rechenschaftsbericht erwähnt, 83 Prozent (394,25 Mia.) zum Leitzins, kommen bis Ende Jahr weitere 3,45 Milliarden Zinsen dazu. Das heisst: Dieses Jahr dürften die Banken von der Nationalbank 6,73 Milliarden Franken an Zinsen einnehmen – und das, ohne Risiken eingehen zu müssen.
Gewinn der Finanzinstitute stieg um mehr als 25 Prozent
Die Banken profitieren also enorm. Kein Wunder, erzielten im ersten Halbjahr 2023 von den 24 Kantonalbanken 16 einen Rekordgewinn. Allein die Zürcher Kantonalbank machte einen Halbjahresgewinn von 677 Millionen Franken – eine Steigerung zur Vorjahresperiode um 25 Prozent. Noch höher ist der Anstieg des Reingewinns bei der Raiffeisen-Gruppe mit einem Plus von 26 und der Migros-Bank von 27 Prozent.
Treiber dieser Entwicklung ist das Zinsgeschäft. Die Zürcher Kantonalbank titelt entsprechend im Halbjahresbericht: «Ausgezeichnetes Zinsengeschäft». Ihr Nettozinsertrag wuchs um sagenhafte 45,5 Prozent auf 946 Millionen Franken. Bei Raiffeisen beträgt der Zuwachs im Zinsgeschäft gegenüber der Vorjahresperiode 25 Prozent, bei der Migros-Bank 31 Prozent.
Die Zinswende liess auch die Zinsen für Hypotheken in die Höhe schnellen. Laut dem Hypothekenvermittler Moneypark kostet eine 5-jährige Festhypothek zurzeit im Durchschnitt 2,67 Prozent. Noch teurer sind 2- und 10-jährige Festhypotheken. Die Banken verdienen also auch hier viel Geld mit den Spareinlagen der Kunden.
Banken zahlen Sparern nur 0,5 bis 0,65 Prozent Zins
Die Schweizer Banken verzinsen die Sparkonten nach Berechnungen von K-Geld zurzeit mit durchschnittlich gerade mal 0,72 Prozent, also 1,03 Prozentpunkte weniger, als sie von der Nationalbank für die Einlagen erhalten. Die Raiffeisenbanken zahlen in der Regel auf dem normalen Sparkonto 0,6 Prozent Zins, bei der Migros-Bank gibt es zurzeit 0,55 Prozent.
Die Zürcher Kantonalbank gewährt zwar 0,75 Prozent Zins – aber nur bis 50'000 Franken. Darüber hinaus beträgt die Verzinsung 0,25 Prozent. Auch gegenüber Vorsorgesparern ist die ZKB geizig: Bei 3a-Konten beträgt der Zins 0,8 Prozent, bei Freizügigkeitskonten 0,4 Prozent. Es ist offensichtlich: Die Banken streichen auf Kosten der Kunden fette Zinserträge ein.
Die Zürcher Kantonalbank sagt K-Geld, sie profitiere unter dem Strich kaum von den Zinseinnahmen auf Sichtguthaben bei der Nationalbank. Denn sie müsse ihren von der Aufsicht vorgeschriebenen Liquiditätspuffer bei der Nationalbank weitestgehend am Geldmarkt finanzieren. Und die Spargelder der Kunden würden in die Finanzierung der Hypotheken fliessen. Ein grosser Teil der laufenden Festhypotheken sei noch in der Tiefzinsphase abgeschlossen worden.
Diese tiefen Zinssätze blieben bis zum Ablauf der Festhypotheken unverändert. Deshalb würden die Sparkontozinsen den Leitzinsen erst verzögert folgen. Auch Raiffeisen und die Migros-Bank weisen darauf hin, dass die Sparzinsen wegen des Bestandes an Althypotheken erst mit einer Verzögerung steigen.
Die drei Banken liefern aber keine Erklärungen dafür, wie die massiven Nettogewinne bei den Zinsen im ersten Halbjahr 2023 zustande kamen. Sie wollen auch nicht offenlegen, wie hoch in dieser Periode die Zinserträge auf Sichtguthaben bei der Nationalbank und bei den Hypotheken waren.