Wirtschaftsinformatiker Peter Lüscher (Name geändert) aus dem Kanton Zürich liess sich vor einigen Jahren Unterlagen der Teakholzfirma Life Forestry zuschicken. Seither rufen ihn ab und zu Leute an, die ihm Investmentangebote unterbreiten. So auch im vergangenen Jahr der Österreicher Stefan H. Er habe einen «Trader» entwickelt, erzählte er dem 55-jährigen K-Geld-Leser – also eine Software, mit der sich Fremdwährungen handeln lassen.
Lüscher zeigte sich zunächst nicht interessiert. «Ich sagte ihm, dass ich eine längere Auszeit vom Job nehmen wolle und darum keine Zeit haben würde, mich um Handelsgeschäfte zu kümmern», erinnert er sich. Darauf habe der Anrufer entgegnet, dass dieser «Trader» genau das Richtige für Lüscher sei. Er müsse nichts tun, sondern könne von unterwegs ab und zu «reinschauen», wie der «Trader» für ihn Geld verdiene.
Hochspekulative Wette auf Euro und britisches Pfund
Lüscher wurde neugierig und vereinbarte im April 2019 ein Treffen in Zug. H. brachte seinen Geschäftspartner Martin F. mit. H. behauptete, er habe 30 Jahre Erfahrung als Händler. Er und sein Partner seien Gesellschafter der Firma SM Bro Trading Ltd mit Sitz auf Gibraltar. Das Risiko mit dem «Trader» sei gering, weil der Handel automatisiert sei und mögliche Verluste schnell wieder aufgeholt werden könnten. Zudem unterstehe die IG Bank, über die der Handel laufe, der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma. Vom «Trader» gebe es eine «konservative» Variante und eine mit hohem Risiko. Beide Varianten wurden Lüscher vorgestellt. Es ging um den Handel mit Währungsdifferenzkontrakten (Contracts for Difference, CFD) auf Euro und britisches Pfund. Auf dem «konservativen» Konto habe es noch nie Verlust gegeben, behauptete H.
Was Peter Lüscher nicht wusste: Der Handel mit CFD ist immer hochspekulativ. «Konservativ» anlegen ist unmöglich. Denn mit CFD wettet der Kunde auf Kursveränderungen von Währungen. Man setzt also auf steigende oder fallende Kurse. Liegt man richtig, winken hohe Gewinne – liegt man falsch, drohen hohe Verluste, schlimmstenfalls ein Totalverlust.
Lüscher war nach der Präsentation beeindruckt. Er eröffnete Konten bei der IG Bank und überwies auf das «konservative» Konto zunächst 100000 Euro, später noch einmal 150000 Euro und auf das Hochrisiko-Konto 10000 Euro. Die ersten Wetten bescherten dem Anleger kleine Gewinne. Das war für ihn der Beweis, dass die Software erfolgreich ist.
Danach setzte H. zwei Wochen lang auf ein schwächeres Pfund beziehungsweise einen stärkeren Euro. Auch da folgten kleine Gewinne. Doch Anfang Mai 2019 teilte die IG Bank Lüscher mit, dass die minimale Sicherheit für die Wetten nicht mehr erfüllt sei. Er wurde aufgefordert, zusätzliche Gelder einzuzahlen. Das machte Lüscher. H. erklärte ihm, das betreffe nur das Hochrisiko-Konto. Da brauche man «gute Nerven». Lüscher glaubte deshalb, dass dies beim «konservativen» Konto nicht der Fall sei.
Einen Monat nach Beginn der Wetten änderte H. die Anlagestrategie wieder. Nun setzte er auf ein stärkeres Pfund beziehungsweise einen schwächeren Euro. Doch diese Wette ging gründlich schief.
Anleger verlor innert vier Monaten seine gesamte Investition
Von Mitte Mai bis Ende Juli 2019 realisierte Lüscher einen Gewinn von 72579 Euro. Gleichzeitig beliefen sich die Verluste auf insgesamt 335205 Euro. Das führte zum Totalverlust auf dem sogenannten «konservativen» Konto. Die Handelstätigkeit von H. und F. führte innert weniger als vier Monaten somit quasi zum Totalverlust von Lüschers Investitionen. Insgesamt verlor er knapp 300000 Euro. Umgekehrt kassierten die zwei Händler für «die Nutzung ihrer Software und Dienste» von Lüscher insgesamt über 42000 Euro.
Recherchen von K-Geld zeigen: Die angebliche Firma von H. und F. namens SM Bro Trading Ltd auf Gibraltar ist nicht im Handelsregister eingetragen. H. ist allerdings im Schweizer Handelsregister als Verwaltungsrat der X-Trago AG eingetragen – und zwar mit Einzelunterschriftsberechtigung. Zweck des Unternehmens: Beratung und Vermittlung im Bereich von Investitionen aller Art. H. und F. nahmen zu Fragen von K-Geld nicht Stellung.