Er lasse sich auf dieses Abenteuer ein, sagte Thomas Bühlmann zur Anfrage, ob er bereit wäre, sich von K-Geld porträtieren zu lassen. Worum es genau geht, wollte er nicht wissen. Diese Spontaneität und Offenheit zieht sich durch sein Leben.
Mit 22 wanderte er kurzentschlossen nach Florida aus – wegen einer unerwiderten Liebe. Er sagt: «Ich hatte nicht den Drang, ins Ausland zu gehen. Eigentlich wollte ich immer nach Genf.» Der gelernte Automechaniker hatte sich auf eine Stelle in einer Wohnmobilvermietung in Fort Lauderdale beworben. Zwei Jahre lang arbeitete er dort. In der Freizeit erwarb er das Privatpilotenbrevet: «Damit verwirklichte ich meinen ersten Traum.»
Zurück in der Schweiz, erfüllte sich Bühlmann seinen zweiten Traum: Er fand eine Stelle in einer Autogarage in Genf und bildete sich zum Automobildiagnostiker weiter. «Ich arbeitete nicht als Mechaniker und verdiente deshalb 1000 Franken weniger, aber das war mir egal. Ich wollte Erfahrungen sammeln.»
Nach zwei Jahren kehrte er zurück nach Frauenfeld. Sein Vater betrieb dort eine Autogarage. Bühlmann war als Nachfolger vorgesehen. «Ich hatte Angst vor diesem engen System. Der Autoimporteur schreibt den Garagenbesitzern alles vor.» Er ging erneut nach Florida, seine Exfreundin dort und er hatten wieder Kontakt aufgenommen. Nach einigen Monaten reiste er zurück in die Schweiz. Beim Abschied sagte ihm seine Freundin: «Du machst nur, was deine Eltern von dir erwarten.» Das traf ihn.
Wieder zu Hause, arbeitete er bei seinem Vater in der Garage. Er begann sich zu fragen, was er im Leben erreichen wolle, machte eine Psychotherapie und verliebte sich. Seine neue Freundin und er entschieden sich für eine Weltreise. Sie sparten jeden Rappen, kündigten ihre gemeinsame Wohnung und ihre Arbeitsplätze und reisten auf dem Land- und Seeweg nach Singapur. Ihr Budget belief sich auf 1000 Franken pro Person und Monat.
Zwei Jahre sollte die Reise dauern. In Singapur angekommen, wollte Bühlmann aber nicht zurück. Was hätte er in der Schweiz machen sollen? Also reisten sie weiter nach Australien. Zehn Jahre lang blieb er dort, arbeitete als Berufsschullehrer für Automechaniker in einem verschlafenen Nest an der Westküste. Er lebt noch heute in Australien. Für seine Krankenversicherung zahlt er 1500 Franken pro Jahr.
Bühlmann unterrichtete viele Jugendliche aus zerrütteten Verhältnissen. Er sagt: «Das zwang mich, mich nach innen zu wenden.» Er begann sich für Meditation und Atemtherapie zu interessieren. Er zog weiter, nach Indien, zum Philosophen Osho nach Poona, nach Brasilien, zu Schamanen in den Dschungel, nach Peru, zu einem Heiler nach Bali, wieder zurück nach Australien. «Ich wollte mich befreien, von der Gesellschaft, von der kulturellen Konditionierung, von den Erwartungshaltungen.»
Als er wieder einmal in der Schweiz war, fragte ihn eine Therapeutin, ob er mit ihr Atemtherapie-Workshops geben wolle. Das taten sie erfolgreich – bis Corona kam. Die letzten zwei Sommer half er einem Freund, in Bhutan ein Kloster zu elektrifizieren. «Es öffnet sich immer wieder eine Tür. Ich habe Vertrauen.» In den letzten Jahren habe er von 15'000 Franken jährlich gelebt, in der Zeit als Therapeut seien es etwas mehr gewesen. Dieses Geld investierte er in Weiterbildungen.
Nur wenn er in der Schweiz sei, fühle er hin und wieder den Druck, richtig Geld verdienen zu müssen. Bühlmanns Erkenntnis: «Der Weg in die Freiheit führt durch die Angst.»