Am 30. Juni 1994 erhielt Carla Schlittler (Name geändert) per Einschreibebrief den Partizipationsschein, mit dem sie sich an der CCC Country Club Conception AG beteiligte. Das Beteiligungspapier war gewissermassen die Eintrittskarte für den damals neu gegründeten Golfclub Erlen im Kanton Thurgau. Sie bezahlte dafür 6000 Franken. Ein Partizipationsschein ist faktisch eine Aktie der AG ohne Stimmrecht.
Doch Schlittler liess sich ihr Engagement als Gründungsmitglied des Golfclubs weit mehr kosten. Sie leistete zusätzlich einen Baukostenbeitrag von gut 11000 Franken, zwei Sanierungsbeiträge von zusammen 10000 Franken sowie ein Darlehen von 1500 Franken. Alles in allem zahlte sie 28750 Franken, die jährlichen Mitgliederbeiträge des Clubs nicht miteingerechnet.
Golfclub wird von Aktiengesellschaft kontrolliert
Gut 20 Jahre später zog Carla Schlittler vom Thurgau an den Zürichsee. Wegen des zu langen Anfahrtswegs und des fortgeschrittenen Alters kündigte sie Ende 2016 ihre Mitgliedschaft beim Golfclub Erlen. Gleichzeitig bat sie um die Rückerstattung der geleisteten Zahlungen.
Clubpräsident Christoph Vonplon bot ihr an, den Partizipationsschein zum Nominalwert von 100 Franken zurückzunehmen. An einem Rückkauf sei der Club nicht interessiert, da er keine Partizipationsscheine mehr ausgebe. Die alten Partizipationsscheine wurden inzwischen in Aktien umgewandelt. Zudem schrieb Vonplon: «Eine Rückerstattung von Baukostenbeiträgen und Kompensation von Zuschüssen sind zurzeit nicht vorgesehen.»
Damit gab sich Schlittler nicht zufrieden. In einem Brief an den Präsidenten fragte sie unter anderem, was «zurzeit nicht vorgesehen» bedeute. Vonplon reagierte nicht auf ihr Schreiben. Eine E-Mail-Anfrage von K-Geld leitete der Clubpräsident an Vorstandsmitglied und Rechtsanwalt Dominik Kumschick weiter. Kumschick liess viele Fragen unbeantwortet und untersagte K-Geld, Äusserungen von ihm zu veröffentlichen.
Der Golfclub Erlen ist als Verein organisiert. Dieser ist aber nicht Besitzer der Golfanlage. Besitzerin ist die CCC Country Club Conception AG. Der Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft ist nahezu identisch mit dem Vereinsvorstand des Golfclubs. Sechs von je sieben Mitgliedern sitzen in beiden Gremien, so auch Vonplon und Kumschick. Damit ist klar, dass der Golfclub praktisch durch diese sechs Leute beziehungsweise die CCC AG kontrolliert wird. Fragen zur Aktiengesellschaft beantwortet Kumschick nicht. So bleibt unklar, in wessen Händen die Aktien sind, ob die Gesellschaft eine Dividende zahlt, ob ein Handel mit Aktien stattfindet –und wenn ja, zu welchem Kurs.
Mitgliedschaft in Golfclubs: Die Reihen lichten sich
Die heute geltenden Vereinsstatuten verpflichten Vollmitglieder zum Erwerb «von mindestens zwei Namenaktien der CCC AG». Über den Kaufpreis der Aktien sagen die Statuten nichts aus. Auch über die Rücknahme der Aktien bei einem Vereinsaustritt ist nichts festgehalten. Ebenso wenig über geleistete Baukosten-, Sanierungs- oder andere Beiträge an den Club.
Damit ist klar: Es fehlt die Rechtsgrundlage, auf der Carla Schlittler ihre Zahlungen zurückfordern könnte.
Der Golfclub dürfte Geldprobleme haben. Ein Insider des Clubs erklärt, dass dieser zu wenig Mitglieder habe. Das ist ein Problem vieler Golfclubs. Die Zahl der Golfspielerinnen und -spieler in der Schweiz nahm zwar lange zu: Die Zahl stieg von knapp 7000 im Jahr 1975 auf aktuell über 90 000. Doch seit 2013 verlieren die Golfclubs Mitglieder.
Dagegen steigt die Mitgliederzahl jener Golfsportorganisationen, die ihre Mitglieder nicht zu einer teuren Mitgliedschaft in einem Club verpflichten, sondern nur Jahresbeiträge verlangen. Es sind dies namentlich der Schweizer Verband der unabhängigen Golfer (ASGI) und die ASG Golfcard Migros.
Jörg Eggen, Sprecher des Schweizerischen Golfverbands (ASG), bestätigt die Entwicklung. Er verweist darauf, dass viele Vereine – nicht nur im Sport – Mitglieder verlieren. Er bestätigt aber auch, dass Golfer rechnen können: «Finanzielle Überlegungen spielen bei der Frage nach einem Clubbeitritt sicher eine Rolle.» Golfclubs sind vielen Spielern zu teuer – besonders, wenn sie schlechte Erfahrungen gemacht haben.
Auch Carla Schlittler wird weiterhin golfen – als unabhängiges Mitglied der ASGI.
Tipp: Auch bei Vereinen das Kleingedruckte lesen
Niemand tritt einem Verein wegen der Statuten bei. Man will Golf oder Fussball spielen, jassen, wandern oder dem Gesang frönen. Trotzdem sollte man vor dem Beitritt die Vereinsstatuten studieren – insbesondere, wenn nicht nur Mitgliederbeiträge geschuldet sind, sondern auch Baukostenbeiträge oder Darlehen.
Besondere Vorsicht ist am Platz, wenn der Vereinsbeitritt mit einem Aktienkauf verbunden ist. Aktien, die an keiner Börse gehandelt werden, sind in der Regel schwer verkäuflich.