Aktiv verwaltete Aktienfonds weisen üblicherweise Verwaltungskosten (Management Fees) von über 1 Prozent pro Jahr auf. Die hohen Verwaltungsgebühren begründen die Fondsmanager mit ihrem Aufwand für Handel, Analyse und Selektion. Bei passiven Fonds (etwa ETFs) hingegen, die einfach einen Index abbilden, machen die Managergebühren normalerweise weniger als 0,5 Prozent jährlich aus.
Es gibt aber bedeutende angeblich aktiv gemanagte Aktienfonds, die grösstenteils auch bloss einen Index abbilden. Änderungen gegenüber ihrem Vergleichsindex sind bei ihnen nur in sehr geringem Mass zu beobachten. So gewichten sie einzelne Titel etwas stärker oder schwächer, als es ihrer Marktkapitalisierung im Index entsprechen würde.
Solche angeblich aktiven Aktienfonds heissen bei den Börsianern despektierlich «Closet Indexer» oder «Benchmark Hugger», frei übersetzt also «Index-Kleber». Ihre Eigenschaften sind natürlich nicht im Sinne der Fondskäufer, die sich vom aktiven Management – zu Recht oder zu Unrecht – einen Mehrertrag gegenüber einem reinen Indexfonds versprechen. Und auch bereit sind, dafür einen Mehrpreis zu bezahlen.
Deshalb regt sich international Widerstand gegen diese pseudoaktiven Aktienfonds. In Schweden haben letztes Jahr 2500 Investoren gegen solche Vehikel eine Sammelklage eingereicht. Die betroffenen Anleger fordern, dass ein Aktienfonds, der eigentlich nur einen Index abbildet, nicht ähnlich hohe Gebühren aufweisen darf wie einer, der erheblich anders investiert und gewichtet und selber Akzente setzen will.
Auch in Dänemark stellte die Aufsichtsbehörde Finanstilsynet im September 2014 fest, dass etwa jeder dritte der 188 im Land aufgelegten Fonds als «Closet Indexer» zu klassifizieren sei. Die Londoner Vermögensverwaltungsfirma SCM Private stuft in einer breit angelegten Studie fast jeden zweiten britischen Aktienfond als «Index-Kleber» ein. Selbst die europäische Aufsichtsbehörde ESMA wurde inzwischen aktiv und leitete im November 2014 eine Untersuchung zum Thema ein.
Schweizer Aktienfonds: Viele weichen kaum vom Vergleichsindex ab
Auch bei den in der Schweiz zum Verkauf zugelassenen Fonds gibt es Grund zur Annahme, dass sich «Closet Indexer» darunter befinden. Definiert werden sie als Aktienfonds mit sehr geringer Renditeabweichung zu ihrem Vergleichsindex und mit gleichzeitig hohen Managementgebühren, wie sie bloss bei aktiv verwalteten Aktienfonds üblich sind (siehe Kriterien). Darunter befinden sich auch 13 sehr grosse Aktienfonds mit einem Anlagevolumen von jeweils über 500 Millionen Franken.
Dass es sich bei ihren Aktienfonds um überteuerte «Index-Kleber» handle, bestreiten die meisten Fondsherausgeber. Unifonds zum Beispiel sagt, dass zehn Prozent der Titel in ihrem Fonds im Vergleichsindex (hier der deutsche Dax) gar nicht enthalten seien. Das wären dann allerdings nur gerade drei Titel, da der Dax lediglich 30 deutsche Schwergewichte umfasst.
Swisscanto – das Fondshaus der Kantonalbanken, das kürzlich von der Zürcher Kantonalbank gekauft wurde – meint, der Analyseaufwand falle ohnehin an, auch wenn man sich nachher auf eine indexnahe Strategie beschränke.
Alliance Bernstein schreibt, man bevorzuge Aktien mit hoher Börsenkapitalisierung, weil diese attraktiver bewertet seien und bessere Dividenden sowie Aktienrückkäufe anbieten würden. Damit liege man aber automatisch nahe am Index, in diesem Fall beim S & P 500 auf US-Aktien.
UBS weist darauf hin, dass die drei Schwergewichte Nestlé, Novartis und Roche im Vergleichsindex SPI alleine schon 50 Prozent der Gewichtung ausmachten. Es sei daher naheliegend, dass auch die Rendite ähnlich ausfalle wie beim SPI, dem grossen Leitindex der an der Schweizer Börse SIX kotierten Aktien.
Lediglich Credit Suisse räumt ein, dass ihr Swiss Blue Chips bewusst nahe am Index geführt werde. Damit solle verhindert werden, dass eine grosse Abweichung zum Vergleichsindex SPI entstehe. Alex Hinder, Vorreiter von Indexanlagen in der Schweiz, sagt, ein grosser Teil der Schweizer Aktienfonds werde mit Absicht indexnah geführt: «So erzielt der Manager zwar nie eine Überperformance, aber er setzt sich auch keiner Kritik aus, wenn er einmal schief liegt.» Viele Fondshäuser verlangten dies explizit von ihren Managern.
Anders als ihre europäischen Kollegen sieht die eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma als Aufsichtsbehörde keinen Anlass, gegen «Index-Kleber» vorzugehen. Sie sei lediglich für die Genehmigung der Fondsreglemente zuständig. Die Gebühren seien Sache des Privatrechts. Im Klartext: Bezahlen die Anleger zu viel, sind sie selber schuld.
In der Branche selbst sieht man dies weniger entspannt. «Die Diskussion darüber, was aktives und was passives Investieren heisst und wie viel es kosten darf, wird sich weiter intensivieren», glaubt Markus Fuchs, Geschäftsführer des Fondsverbands SFAMA.
Bis die Branche diese Erkenntnis umsetzt und für pseudoaktive Aktienfonds deutlich tiefere Gebühren ansetzt, kaufen die Anleger besser gleich Indexfonds. Damit sparen sie mindestens die Hälfte der Gebühren, oft sogar ein Mehrfaches davon.
Pseudoaktive Fonds: So hat K-Geld gewertet
Eine offizielle Definition, wann ein Fonds als «aktiv» und wann nur noch als «indexnah» bezeichnet werden muss, gibt es nicht. Die Grenze ist fliessend. K-Geld hat in Zusammenarbeit mit dem VZ Vermögenszentrum folgende Kriterien angewandt:
- Tracking Error unter 2,5 Prozent. Der Tracking Error zeigt an, wie hoch ein Fonds (Minder- bzw. Mehrrendite) gegenüber seinem Vergleichsindex abweicht. Ein Tracking Error von 2,5 Prozent bedeutet eine Rendite von 97,5 bis 102,5 Prozent gegenüber dem Index. Um ein Zufallsresultat möglichst auszuschliessen, wurde der Beobachtungszeitraum auf drei Jahre ausgeweitet. Je grösser der Tracking Error, desto mehr ist der Fondsmanager vom Index abgewichen.
- Verwaltungsgebühren (Management Fees) über 1,1 Prozent. Die Managementgebühren von passiv verwalteten Fonds (zum Beispiel ETFs), die lediglich den Index abbilden, liegen üblicherweise unter 0,5 Prozent. Gebühren, die doppelt so hoch oder noch höher liegen, sind nur gerechtfertigt, wenn das Fondsmanagement einen echten Mehraufwand betreibt.
- Volumen über 500 Millionen Franken. Analysiert wurden sämtliche in der Schweiz zugelassenen Aktienfonds. In der Tabelle sind nur die 13 Fonds mit einem verwalteten Kapital von mehr als 500 Millionen Franken zu sehen, die sowohl einen tiefen Tracking Error unter 2,5 Prozent als auch hohe Verwaltungsgebühren über 1,1 Prozent aufweisen.