«Soll ich das machen?», fragt ein K-Geld-Leser aus dem Raum Appenzell. Er hatte sich an die Appenzeller Kantonalbank gewandt und nach Anlage-Ideen für 500000 Franken gefragt. Und er erkundigt sich bei K-Geld: «Was meinen Sie dazu»?
Das Anlagekonzept ist auf dieser Doppelseite abgedruckt. Anhand der einzelnen Posten des Konzepts lassen sich typische und wichtige Anlagegrundsätze aufzeigen. Einige sind im vorliegenden Vorschlag umgesetzt, andere nicht.
Grundsätzlich ist zu sagen: Tiefe Kosten tragen wesentlich zur Rendite bei. In dieser Hinsicht ist das vorliegende Konzept nicht ideal. Und: Der Investitionsvorschlag hat einen Aktienanteil von 53 Prozent. Bei einem Anlagehorizont von zehn Jahren oder länger ist das vertretbar und üblich.
Das sagt K-Geld zu den einzelnen Posten des Anlagevorschlags:
1. Sparkonto: Viel Liquidität ist sinnvoll
Viele professionelle Vermögensverwalter halten heute hohe Anteile in bar – mangels Alternativen. Das ist sicher kein Fehler. 18 Prozent der Anlagesumme auf dem Sparkonto zu belassen, ist vertretbar.
2. Obligationen: Verzicht ist richtig
Wer heute mit neu herausgegebenen Obligationen eine attraktive Rendite erwirtschaften will, muss sein Geld riskanten Schuldnern anvertrauen. Das ist gefährlich. Ebenfalls heikel ist es, laufende Obligationen an der Börse oder Anteile von Obligationenfonds zu kaufen: Sie sind sehr hoch bewertet. Damit besteht die Gefahr, dass sie bei steigenden Zinsen stark an Wert verlieren. Bei Obligationenfonds ist die zu erwartende Rendite aktuell oft tiefer als die Gebühren.
3. Anlagefonds: «Fremde» Fonds ignoriert
Regelmässig ist zu beobachten, dass Banken nur hauseigene Fonds empfehlen. Damit lassen sie «fremde» Fonds ausser Acht, die für den Kunden vielleicht besser und günstiger wären. Im Vorschlag dominieren Swisscanto-Fonds. Das Fondshaus Swisscanto gehörte bis Juli 2014 allen Kantonalbanken. Heute ist es im Besitz der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Noch immer empfehlen die Kantonalbanken gerne Swisscanto-Fonds.
Die Appenzeller Kantonalbank sagt dazu, der Kundenberater habe «jahrzehntelange Erfahrungen» mit Swisscanto-Fonds. Er kenne die «Prozesse sowie die involvierten Personen bei der ZKB».
Eine Aufteilung auf drei Indexfonds mit den Anlagegebieten Welt, Europa sowie kleine und mittlere Schweizer Firmen ist grundsätzlich sinnvoll. Konkret zeigt sich hier aber, wie die Beschränkung auf Swisscanto-Produkte nachteilig sein kann: Der Swisscanto Index EF World ex Schweiz hat laufende jährliche Kosten von fast 0,3 Prozent. Der vergleichbare Indexfonds von iShares kostet nur 0,2 Prozent. Zwar enthält das iShares-Produkt Schweizer Aktien, während der Swisscanto-Indexfonds nicht in Schweizer Titel investiert – deshalb seine Bezeichnung «ex Schweiz». Doch dieser Unterschied ist praktisch irrelevant, denn das Börsenschwergewicht Nestlé kommt im Weltindex auf einen Anteil von nur gerade 0,7 Prozent des investierten Vermögens.
4. Aktien: Einzeltitel haben Vor- und Nachteile
Es ist vertretbar, auf Schweizer Einzelaktien zu setzen. Der Kunde habe das gewünscht, sagt die Appenzeller Kantonalbank. Der Vorschlag enthält acht Unternehmen aus verschiedenen Branchen, die vergleichsweise hohe Dividenden zahlen. Viele Anlegerinnen und Anleger schätzen die jährliche Zusammenkunft an der Generalversammlung. Mit Einzeltiteln sind Anleger flexibel, sie können sie jederzeit verkaufen oder dazukaufen – was aber mit Kosten verbunden ist. Zudem besteht bei Einzeltiteln die grosse Gefahr der Fehleinschätzung.
Wer das nicht will, kauft zum Beispiel den Indexfonds UBS ETF SLI mit tiefen Gesamtkosten von 0,2 Prozent.
Eine weitere Möglichkeit wäre der iShares Swiss Dividend ETF mit sehr tiefen laufenden Gesamtkosten (TER) von 0,15 Prozent.
Die Appenzeller Kantonalbank sagt dazu, sie habe dem Kunden diesen ETF empfehlen wollen, doch er habe dividendenstarke Einzeltitel gewünscht.
5. Strukturierte Produkte: Nein!
Viele unabhängige Fachleute raten von strukturierten Produkten ab (K-Geld 4/2017). Sie sind für Anleger teuer, intransparent, schwer verständlich und zu riskant. Sogar Produkte mit einem Kapitalschutz können über Nacht wertlos werden, wenn der Herausgeber pleite geht. Die Banken empfehlen strukturierte Produkte vor allem deshalb, weil sie daran satte Margen verdienen. Eine Gewichtung von 12 Prozent wie im vorliegenden Fall ist nicht zu verantworten.
Die Appenzeller Kantonalbank sagt, sie kassiere bei strukturierten Produkten «keinerlei Vetriebskommissionen». Und es komme häufig vor, dass der Einsatz von solchen Produkten nach dem Gespräch mit dem Kunden stark reduziert oder gestrichen werde.
6. Gold-ETF: Besser mit Goldbarren
Es ist vernünftig, als Depot-Beimischung 4 Prozent der Anlagesumme in Gold anzulegen. Und es ist praktisch, zu diesem Zweck – wie im Vorschlag – einen Gold-ETF zu kaufen. So behält man die maximale Flexibilität.
Wer Gold langfristig halten will, sollte aber Folgendes beachten: Der ETF hat laufende Kosten von 0,4 Prozent, die jährlich vom Wert der Anteile abgezogen werden. Das wirkt wie ein Negativzins: Man besitzt faktisch jedes Jahr weniger Gold.
Wer hingegen zum Beispiel einen 500-Gramm-Barren kauft (aktueller Preis: rund 20600 Franken, Stand 13.11.2017), hat auch in 50 Jahren noch 500 Gramm Gold. Anders ausgedrückt: Wer sowieso schon ein Schliessfach bei der Bank oder einen guten Tresor zu Hause hat, fährt langfristig mit physischem Gold besser.
7. Immobilien: Ein einzelner ETF genügt
Eine kleine Beimischung von Schweizer Immobilien kann durchaus angebracht sein – auch wenn diese längst nicht mehr günstig sind. Die relativ hohe Gewichtung von 13 Prozent ist aber nur sinnvoll, wenn der Anleger selbst kein Wohneigentum besitzt.
Der Vorschlag der Bank enthält Aktien der beiden grössten Schweizer Immobilienfirmen PSP Swiss Property und Swiss Prime Site. Beide sind überwiegend im Bereich der Büro- und Gewerbeliegenschaften aktiv. Der Swisscanto-Fonds investiert vorwiegend in Wohnliegenschaften. Diese Kombination ist schlüssig. Aber: Zwei Aktien aus dem gleichen Segment bringen keinen Mehrwert. Ihre Kursentwicklung ist sehr ähnlich. Ein Titel würde genügen, zwei verursachen nur mehr Kosten.
Die Kombination gibt es in einem einzigen Produkt: Kleinanleger, die einen Anteil an Immobilien wollen, greifen am besten zum breit diversifizierten UBS SXI Real Estate Funds ETF. Er bildet die Entwicklung aller Schweizer Immobilienfonds nach.
Die Appenzeller Kantonalbank sagt, die Vorschläge seien nur «eine Auswahlmöglichkeit».
Und allgemein hält die Bank fest, bei ihr stehe «das Kundenbedürfnis im Mittelpunkt». Die Bankberater hätten keine Weisungen, möglichst viel Umsatz und Ertrag zu erzielen.