Der Bauernhof von Lea und Florian Graber (Namen geändert) ist mit 10 Hektaren Wiesland und 50 Aaren Wald nur klein. Die 50 Mastkaninchen, 100 Hühner und ein paar Kühe bieten kaum eine Existenzgrundlage. Das wissen auch Grabers. Florian Graber (42) arbeitet darum Vollzeit als Software- Ingenieur. Seine Frau Lea (39) kümmert sich zusammen mit ihren Eltern um den Hof.
Erträge bringen vor allem der Verkauf von Obst und Eiern sowie die Einnahmen aus dem kleinen Hofladen. Und dank der schönen Lage des Hofs im Kanton Solothurn beherbergen Grabers manchmal auch Feriengäste «im Stroh».
«Alles zusammen reicht gut zum Leben», sagt Florian Graber. Doch seit ein neues Dach und weitere Investitionen erforderlich waren, schreibt der Bauernbetrieb rote Zahlen. Aber diesen Verlust dürfen Grabers nicht vom Einkommen des Software-Ingenieurs abziehen. Die Solothurner Steuerbehörden schrieben dem Ehepaar: «Da der Betrieb nicht auf Gewinnbringung ausgerichtet ist, kann ein Verlust künftig nicht mehr zum Abzug zugelassen werden.»
Ähnlich geht es Selbständigerwerbenden am Anfang ihrer Karriere – etwa wenn sie als Kunstmaler, Galeristen, Musiker, Tierzüchter oder auch Sammler ihr Hobby zum Beruf machen möchten.
«Triebfeder der Tätigkeit ist nicht der berufliche Erfolg»
Am Anfang sind die Kosten ihres «Hobbys» möglicherweise höher als die Einnahmen. Dann gehen die Steuerbehörden gerade bei künstlerischen oder sonstigen freiberuflichen Tätigkeiten häufig davon aus, dass es sich um eine reine «Liebhaberei» handelt. Begründung: Wer «Dauerverlust» mache, bei dem «bildet nicht der wirtschaftliche Erfolg, sondern die Befriedigung eigener Bedürfnisse und Neigungen die Triebfeder der Tätigkeit».
So hat beispielsweise die Basler Steuerrekurskommission im Fall eines Malers und Bildhauers entschieden.
Es hat für den Künstler auch nichts geändert, dass er internationale Bekanntheit geniesst, Kunstförderpreise von der öffentlichen Hand erhält, seine Werke regelmässig ausstellt, über ein eigenes Atelier verfügt und Kataloge mit seinen Werken auf eigene Kosten produzieren liess.
Die Rekursbehörde beschied ihm, er könne eine neue Veranlagung verlangen, wenn der Verkauf seiner Werke dereinst rentieren würde. Folge: Seine Ausgaben für Pinsel, Farbe und sonstige Materialien, Ateliermiete, Kataloge und Ausstellungen, die sich auf Zehntausende von Franken pro Jahr belaufen, darf der Künstler nicht als Aufwand von seinem übrigen Einkommen in Abzug bringen.
Die Basler Steuerbehörden können sich dabei auf mehrere Bundesgerichtsentscheide berufen. So auch jüngst wieder im Fall eines Greifvogelparks im Kanton St. Gallen: Da der Betrieb auch im siebten Jahr nach seiner Eröffnung noch Verluste schreibe, handle es sich um eine «Liebhaberei», entschied das oberste Gericht (Urteil 2C_107/2017 vom 6. 12, 2017).
«Besonders bei Künstlern ist die Abgrenzung zwischen selbständiger Erwerbstätigkeit und Liebhaberei oft schwierig», sagt Professor Robert Waldburger, Dozent für Steuerrecht an der Uni St. Gallen. Es sei nicht immer leicht zu erkennen, ob jemand – etwa ein Musiker – CDs produzierte und öffentliche Auftritte absolvierte in der Absicht, Gewinne zu erzielen. Oder ob diese Person ihre Kunst eher zur Selbstverwirklichung bzw. Selbstdarstellung ausübe.