Das Fälligkeitsdatum der Rechnung zu ihrer Cumulus-Kreditkarte fiel mitten in die Sommerferien. Franziska Tobler (Name geändert) aus Neftenbach ZH überwies via Handy zur Sicherheit pauschal 1000 Franken. Denn sie hatte in den Ferien keinen Zugriff auf die Rechnung. Doch die Rechnung lautete auf Fr. 1209.90. Den Restbetrag zahlte Tobler nach ihrer Rückkehr.
Umgerechnet Zinsen in der Höhe von 150 Prozent
Die Kartenherausgeberin Cembra Money Bank verbuchte die Restzahlung acht Tage nach Ablauf der Zahlungsfrist. Dafür verlangte sie «Sollzinsen» von Fr. 6.90 (siehe rechts). Tobler fragte sich: «Wie kommt Cembra auf einen so hohen Zinsbetrag?»
Die Monatsrechnungen sind in diesem Punkt undurchsichtig: Es finden sich keinerlei Hinweise auf die Zinsberechnung. Eine Nachfrage der Kundin bei Cembra ergab: Die Bank verlangte nicht nur Zinsen auf den offenen Restbetrag, sondern auch auf die rechtzeitig überwiesenen 1000 Franken. Und der Ausgangpunkt für die Zinsberechnung ist nicht das Fälligkeits-, sondern das Rechnungsdatum. Das ergibt rechnerisch einen Kreditzins auf dem ausstehenden Betrag von rund 150 Prozent. Nur: Maximal zulässig wären laut Gesetz 12 Prozent.
Auf dem Papier halten sich die Kreditkartenbanken an die gesetzlich vorgeschriebene Limite. Laut den allgemeinen Vertragsbedingungen (AGB) verlangen sie zwischen 9,4 (Migros-Bank) und 12 Prozent Zins (Cornèrcard, Swisscard, UBS, Viseca). Dieser ist geschuldet, sofern die Kreditkartenrechnung nicht bis zum Fälligkeitsdatum bezahlt wird.
Allerdings machen es die Kartenherausgeber den Kunden mit fragwürdigen Bestimmungen schwer, die im Vertrag geregelten Zahlungsfristen einzuhalten:
- Zahlungsfrist: Diese liegt nicht wie üblich bei 30 Tagen, sondern deutlich darunter. Sie beträgt zwischen 15 und 25 Tagen (siehe Tabelle im PDF).
- Beginn der Zahlungsfrist: Eine Zahlungsfrist kann rechtlich nicht beginnen, bevor der Schuldner die Rechnung erhalten hat. Einzelne Kreditkartenbanken legen aber im Kleingedruckten den Beginn der Zahlungsfrist auf das Rechnungsdatum. Dieses wird allein von der Bank bestimmt und liegt oft bis zu einer Woche vor dem Tag, an dem die Rechnung im Briefkasten landet. So kürzen die Banken die vertraglich abgemachte Zahlungsfrist ab. Andere Banken ermächtigen sich im Kleingedruckten gar, die Zahlungsfrist einseitig in der Rechnung festzulegen. Auch dies stellt eine erhebliche Benachteiligung der Kunden dar. Solche Klauseln in AGB sind laut Artikel 8 des Gesetzes über den unlauteren Wettberwerb unzulässig.
Kreditkarten sind für Kredite gedacht. Deshalb müssen die meisten Kunden die offene Rechnung nicht unbedingt innert der angegebenen Zahlungsfrist vollständig bezahlen. Auf der Rechnung heisst es beispielsweise: «Saldo zu unseren Gunsten: Fr. 403.35, Mindestbetrag bei Teilzahlung, zahlbar bis 2. 9. 2022: Fr. 50.–». Wer von dieser Teilzahlungsmöglichkeit Gebrauch macht, müsste den im Vertrag vereinbarten Zins zahlen. Doch auch daran halten sich die Kreditkartenbanken nicht.
Sie verlangen den Kreditzins nicht ab Empfang der Rechnung oder ab Ablauf der Zahlungsfrist, sondern laut dem Kleingedruckten ab «Transaktionsdatum», «Verbuchungsdatum» oder «Rechnungsdatum». Also rückwirkend ab einem Termin, den allein die Bank willkürlich festsetzt. Nora Goll, Rechtsanwältin bei der Berner Schuldenberatung, hält dazu fest: «Zinsen, die bereits vor Ablauf der Zahlungsfrist und damit vor Fälligkeit einer Forderung laufen, sind nicht geschuldet.» Kunden würden den Kreditzins nur für den bei Ablauf der Zahlungsfrist noch unbezahlten Rechnungsbetrag schulden.
Zins wird auch auf schon bezahlte Summen erhoben
Die Kartenherausgeber verlangen allerdings nicht nur Zins auf ausstehende Beträge, sondern auch auf bereits bezahlte Summen. In den AGB von Swisscard der CS-Gruppe heisst es etwa: «Wird der Rechnungsbetrag nicht oder nur teilweise bis zu dem auf der Monatsrechnung angegebenen Zahlungsdatum bezahlt, werden Zinsen auf alle Belastungen bis zum Eingang einer Teilzahlung und danach auf den offenen Restsaldo bis zu dessen Zahlungseingang erhoben.»
Und die UBS schreibt im Kleingedruckten: Werde «der Rechnungsbetrag nicht oder nicht in vollem Umfang fristgerecht bezahlt, wird der Kreditzins auf sämtlichen Transaktionsbeträgen sowie Preisen ab Transaktionsdatum berechnet». Laut dem Cornèrcard-Vertrag müssen die Kunden «auf alle Transaktionen ab Verbuchungsdatum bis zur vollständigen Bezahlung einen Jahreszinssatz gemäss Vereinbarung» bezahlen.
Aufgrund dieser Rechnungsmethode übertrifft der tatsächliche Kreditzins die zulässigen 12 Prozent um ein Mehrfaches, wie das Beispiel von Franziska Tobler zeigt. Er kann auch mal 28 500 Prozent betragen, wenn die Teilzahlung hoch und der offene Restbetrag klein ist (K-Tipp 6/2007).
Arnold F. Rusch, Professor für Privatrecht an der Universität St. Gallen, kritisierte letztes Jahr diese Bankenpraxis in der Zeitschrift «Aktuelle Juristische Praxis». Er hielt klar fest, dass die Belastung von Zinsen auf den gesamten Rechnungsbetrag «zu einer Verletzung der Höchstzinsvorschriften führen» könne. Eine solche Klausel einer Bank sei nicht zulässig. Kunden müssten nicht mit unzulässig hohen Zinsen rechnen.
Die Kartenherausgeber bestreiten, dass sie mit der Praxis, für fristgerecht bezahlte Teilbeträge Zinsen zu erheben, das Höchstzinsverbot verletzen. «Diese Berechnungsmethode ist rechtens», schreibt etwa die Cembra Money Bank an K-Geld.
Swisscard sagt, die Verzinsung ab Buchungsdatum sei «rechtlich zulässig und marktüblich». Und die UBS behauptet, die Aussage von Arnold F. Rusch, wonach die Belastung von Zinsen auf den gesamten Rechnungsbetrag unzulässig ist, beziehe sich auf Verzugszinsen – und nicht auf Kreditzinsen. Nur: Der Verzugszins ist gemäss den AGB der Banken nie höher als der Kreditzins.
Zinsen sind für die Banken ein Millionengeschäft
Die Kreditkartenbanken machen aufgrund der extrem hohen Zinsen ein gutes Geschäft, wenn Kunden ihre Kreditkartenrechnungen nicht oder nur zum Teil begleichen. Das zeigt das Beispiel der Cembra Money Bank: Sie verdiente mit den Zinsen im letzten Jahr 84,5 Millionen Franken. Das war mehr als 51 Prozent des Ertrags des Kreditkartengeschäfts.
Kreditkartenrechnung unbedingt kontrollieren!
- Überprüfen Sie die Monatsrechnung Ihrer Kreditkarte gründlich. Und zwar nicht nur die einzelnen Belastungen, sondern vor allem auch die verlangten Zinsen. Mahngebühren sind nur geschuldet, wenn sie in den AGB beziffert sind – und erst nach Erhalt einer Mahnung.
- Beanstanden Sie beim Kreditkartenherausgeber allfällige falsche Beträge. Zahlen Sie nur den Teil der Rechnung, der geschuldet ist. Mehr als 12 Prozent Zins müssen Sie nie bezahlen, und das nur auf Beträgen, die nicht innerhalb der Zahlungsfrist überwiesen wurden. Bei der Berechnung des Zinses hilft ein im Internet aufgeschalteter Zinsrechner (zum Beispiel: Gerichte-zh.ch/themen/zinsrechner).
- Ist in den AGB Ihrer Bank eine Zahlungsfrist angegeben, so beginnt sie erst mit Erhalt der Rechnung.
- Zahlen Sie Ihre Kreditkartenrechnung nach Möglichkeit immer vollumfänglich und innert Frist. Damit vermeiden Sie hohe Zinsen. Denn Kreditkarten eignen sich nicht, um einen Kredit aufzunehmen. Die Zinssätze sind mit 9,4 bis 12 Prozent sehr hoch. Günstiger sind Privatkredite. Solche gibt es etwa bei der Migros-Bank ab 4,7 Prozent.
- Rechnungen der Kreditkartenbank sollten Sie nie via Lastschriftverfahren (LSV) zahlen. So können Sie nur jene Positionen auf der Rechnung bezahlen, die begründet sind. Und die Bank hat keinen direkten Zugriff auf Ihr Konto.