K-Geld-Leserin Edith L. aus Bern wird in drei Jahren pensioniert. Sie hat auf zwei Bankkonten der UBS über die Jahre 3a-Gelder in der Höhe von 90000 und 20000 Franken angespart. Kürzlich erhielt die 60-Jährige Besuch eines Vertreters der Versicherung Swiss Life. Dort liegt ihr Pensionskassenguthaben. Der Vertreter empfahl ihr, die 90000 Franken aus der dritten Säule bei der UBS abzuziehen und in eine fondsgebundene Lebensversicherung der Swiss Life einzuzahlen.
Das Produkt heisst «Swiss Life Premium Comfort – Vorsorgelösung der Säule 3b – freie Vorsorge». Solche fondsgebundenen Lebensversicherungen bestehen aus einem Sparteil und einem Risikoteil. Der Sparteil soll vermögensbildend sein, der Risikoteil versichert die Risiken Tod und allenfalls Invalidität.
Der Interessentin eine grosse Steuerersparnis vorgegaukelt
Der Swiss-Life-Vertreter garnierte seinen Vorschlag mit einem Dokument, das Edith L. aufzeigen sollte, wie viel besser seine Versicherungslösung im Vergleich zur dritten Säule der UBS sei. Das Papier heisst «Simulation des Steuervorteils von Swiss Life Premium Comfort gegenüber einer Bankenlösung».
K-Geld hat den Vorschlag der Swiss Life durchgerechnet. Fazit: Edith L. hätte nur Nachteile. Leute kurz vor dem Pensionsalter brauchen nämlich keine Lebensversicherung mehr – die Versicherung einer Invalidität endet mit der Pensionierung. Und im Todesfall sind die meisten schon durch die Pensionskasse versichert («Saldo» 5/2021). Ein Teil des einbezahlten Geldes würde für diese Versicherung ausgegeben und nicht angelegt.
Im Fall von Edith L. hätte die Laufzeit des Vertrags zudem insgesamt 15 Jahre betragen – ihr Geld aus der dritten Säule wäre also für 15 Jahre blockiert gewesen. Würde sie das Geld in der Zwischenzeit benötigen, könnte sie es wegen des schlechten Rückkaufswerts nur mit grossen Verlusten wieder flüssig machen.
Besonders fragwürdig im Dokument der Swiss Life ist die Grafik «Leistungsvergleich bei unterschiedlichen Grenzsteuersätzen» (siehe Bild im PDF). Edith L. hat mit ihrem künftigen Renteneinkommen von 43000 Franken pro Jahr einen Grenzsteuersatz, der klar tiefer ist als 25 Prozent. Doch die Swiss Life zeigte in der Grafik nur Balkendiagramme von 25, 30 und 35 Prozent, um die «grosse» Steuerersparnis zu belegen.
Auch die angeblich realen Zahlen der «schlechten» Bankenlösung in der Swiss-Life-Präsentation treffen nicht zu. Höchstens in aktiv gemanagten Fonds kommt es vor, dass eine Bank eine Ausgabekommission von 2 Prozent abzwackt – ein solcher Fonds kommt aber für Edith L. mit ihrem 3a-Geld in der Höhe von 110000 Franken nicht infrage. Und Depotgebühren von 0,5 Prozent sind auch zu hoch. Realistisch sind 0,2 Prozent.
Zudem trickste der Versicherungsverkäufer bei der vorgelegten Skala des «Leistungsvergleichs»: Sie fängt nicht bei 0 an, sondern bei 55000. Somit wird der Abstand zwischen 55000 und 61000 Franken optisch viel grösser und erscheint dramatischer, als er in Wirklichkeit ist. So wird grafisch eine erhebliche Steuerersparnis vorgegaukelt.
Ein Swiss-Life-Sprecher gibt auf Anfrage von K-Geld zu: «Die Werte in der Simulation sind tatsächlich nicht korrekt und die Grafik auch nicht. Entsprechend entschuldigen wir uns bei der Interessentin für die fehlerhafte Simulation im Zusammenhang mit der Offerte und die entstandenen Unannehmlichkeiten.» Man werde dem Fall intern nachgehen, die Prozesse überprüfen und klären, wie es zu dieser falschen Simulation kommen konnte.
Edith L. ging auf das Angebot der Swiss Life nicht ein. Sie wird ihr angespartes 3a-Geld nun aufteilen: Zwei Drittel gehen auf sichere Kassenobligation-Konten bei der Cembra Money Bank mit verschiedenen Laufzeiten (5 und 8 Jahre), ein Drittel fliesst in einen Vitainvest-Fonds der UBS. Mit dieser Lösung ist das Risiko von Edith L. überschaubar. Und sie bleibt flexibel, falls sie unvorherhofft Geld braucht.