Elsbeth Affeltranger (Name geändert) lebte während Jahrzehnten mit Gatte und Kindern in ihrem 6-Zimmer-Haus im Kanton Aargau. Die rüstige Rentnerin ist mittlerweile Witwe und wohnt allein im Eigenheim mit Garten. Seit dem Tod ihres Mannes stehen zwei Arbeitszimmer leer. Vermieten wollte Affeltranger die Büros nicht: «Ich möchte meine Ruhe haben», sagt sie.
Für das selbstbewohnte Haus muss die Witwe ein fiktives Einkommen versteuern: den Eigenmietwert. Er beträgt für das Haus mit einem amtlichen Steuerwert von 462 500 Franken 16 312 Franken im Jahr. Diesen Wert leitet die Steuerbehörde jeweils vom theoretisch erzielbaren Mietwert der Immobilie auf dem freien Markt ab. Gemäss Bundesgericht gilt in allen Kantonen, dass der Eigenmietwert mindestens 60 Prozent des Werts betragen muss, den ein Wohneigentümer erzielen könnte, wenn er die Liegenschaft vermieten würde.
Die 16 300 Franken Eigenmietwert kosten Elsbeth Affeltranger jedes Jahr rund 615 Franken Steuern. Das ist viel Geld für die 79-Jährige, die von der AHV-Rente und einer bescheidenen Pensionskassenrente von zusammen 3700 Franken pro Monat lebt.
Affeltrangers Treuhänder riet, für die zwei leer stehenden Zimmer des Hauses beim Eigenmietwert in der Steuererklärung einen Unternutzungsabzug geltend zu machen. Das würde den Eigenmietwert reduzieren – mindestens bei der Bundessteuer. Denn der Kanton Aargau erlaubt keinen Unternutzungsabzug. Auch andere Kantone wie das Wallis sehen das nicht vor.
Bei der direkten Bundessteuer wird der Unternutzungsabzug so berechnet: Der Eigenmietwert der Liegenschaft wird mit der Anzahl der nicht genutzten Räume multipliziert. Dieses Ergebnis wird dividiert durch die genutzte Anzahl Zimmer. Daraus folgt der zu gewährende Unternutzungsabzug. Im Fall Affeltranger wird der Eigenmietwert somit um 8150 Franken reduziert (16 300 Franken mal 2 geteilt durch 4).
Gute Chancen auf Abzug haben Alleinstehende mit mehr als vier Zimmern
Doch welche Kantone gewähren den Abzug unter welchen Auflagen? K-Geld befragte alle Steuerämter der Deutschschweiz. Ergebnis:
In der Regel wird keine Unternutzung gewährt, wenn eine Einzelperson in normalen bis guten finanziellen Verhältnissen vier Zimmer, respektive zwei Personen vier bis sechs Zimmer bewohnen.
Gute Chancen für einen Unternutzungsabzug haben Alleinstehende, die in einem Haus oder in einer Wohnung mit mehr als vier Zimmern wohnen.
Auch Zweipersonenhaushalte, die ein Eigenheim mit mindestens sechs oder sieben Zimmern haben, können einen Abzug vornehmen.
Wer ein Haus kauft, das von Anfang an zu gross ist, geht in allen Kantonen leer aus.
Die Steuerpflichtigen müssen eine Unternutzung belegen können. Einige Steuerbehörden verlangen Fotos und behalten sich Kontrollen vor Ort vor. Oft wird verlangt, dass die «unterbenutzten» Räume nicht möbliert sind. Grosszügig sind die Kantone Zürich und Nidwalden. Hier gelten auch Räume, in denen Möbel im Sinne einer «Einlagerung» stehen gelassen werden, als ungenutzt.
Für die genaue kantonale Praxis fragen Eigentümer am besten beim kantonalen Steueramt nach. Bei Einfamilienhäusern im Kanton Zürich etwa gilt folgende Berechnungsformel: Eigenmietwert mal effektiv benutzte Zimmerzahl plus 2 dividiert durch vorhandene Räume plus 2. Beispiel: Der Abzug
für ein 9-Zimmer-Haus mit zwei Ehegatten und drei leerstehenden Zimmern sowie einem Eigenmietwert von 36 000 Franken beträgt 26 100 Franken (36 000 x 8 [6 Zimmer + 2] dividiert durch 11 [9 Zimmer + 2]).
Dieselbe Formel gilt für die Kantone Graubünden, Ob- und Nidwalden, Uri, Thurgau, Schwyz und Zug. Meist lehnt sich die kantonale Berechnungsformel an die Regelung bei der direkten Bundessteuer an.
Finanziell nicht gut gestellte Personen können prüfen, ob sie von den Steuerbehörden allenfalls als «Härtefall» eingestuft werden. Kantone wie Graubünden, Luzern, Obwalden, Schaffhausen, Solothurn, St. Gallen und Zürich kennen beim Eigenmietwert eine solche Regelung: Besteht ein offensichtliches Missverhältnis zwischen den Einkünften des Steuerpflichtigen und dem Eigenmietwert, kann die Steuerbehörde den Betroffenen auf Antrag gezielt entlasten. Die Bedingungen für eine Entlastung sind sehr unterschiedlich.
Unternutzungsabzug: Das sind die Voraussetzungen bei der direkten Bundessteuer
Bei der direkten Bundessteuer gelten gemäss Gesetz und einem Bundesgerichtsentscheid aus dem Jahr 2009 folgende Regeln:
- Die Fläche eines Hauses oder einer Wohnung muss in einem Missverhältnis zum Wohnbedürfnis der darin wohnenden Person stehen.
- Die Zimmer müssen tatsächlich unmöbliert und vollständig leer geräumt sein.
- Der Abzug setzt voraus, dass einzelne Räume dauernd nicht benutzt werden.
- Werden Räume zum Beispiel als Gästezimmer, Arbeitszimmer oder Bastelraum benutzt, kann für sie kein Abzug geltend gemacht werden. Auch wenn sie nur gelegentlich genutzt werden.
- Bei Zweit- oder Ferienwohnungen kann grundsätzlich keine Unternutzung geltend gemacht werden.
- Die Unternutzung muss zudem auf Gründen beruhen, die der Steuerpflichtige nicht direkt beeinflussen kann, wie im Fall des Auszugs der Kinder oder des Todes des Ehegatten.
- Die Höhe des Unternutzungsabzugs ist verhältnismässig zur gesamten Wohnfläche.
- In vielen Kantonen gibt es keinen Unternutzungsabzug auf Kantonsstufe. Sie akzeptieren den Abzug nur bei der direkten Bundessteuer.
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