«Oberstes Ziel» sei es, «die Kaufkraft Ihres Vermögens zumindest zu bewahren»: So stand es 2006 in der Broschüre der Turicum Investment Management AG aus Baar ZG. Dies schaffe man «durch Portfoliooptimierung mit Hilfe modernster Anlagetechnik».
Einer Kundin aus dem Kanton Thurgau schien das vielversprechend: Sie vertraute Mitte 2006 der Turicum insgesamt 40 061 Franken an. Doch ihr Einsatz wurde keineswegs optimiert – im Gegenteil. Zwar stieg der Wert der Anlage per Jahresende 2006 kurzfristig auf 43 858 Franken, doch bis Ende 2016 war das Portfolio auf 31 581 Franken beziehungsweise um 28 Prozent gesunken.
Anlageprodukte: Klar im Minus gegenüber Vergleichsindizes
Das Geld der Kundin war je zur Hälfte in zwei unterschiedlichen Anlageprodukten investiert. Vergleiche zeigen, wie schlecht die «modernste Anlagetechnik» in diesen zehn Jahren funktioniert hat:
Das Produkt «Immo-Strategie» investiert weltweit in Immobilien. Hier verlor die Frau von Anfang 2007 bis Ende 2016 insgesamt 30 Prozent. Zum Vergleich: Der sogenannte GPR 250 Index, der den globalen Immobilienmarkt repräsentiert, liegt für den gleichen Zeitraum um total 7 Prozent im Plus.
Mit dem Produkt «Sustainable-Strategie», das ökologisch-sozial ausgerichtet ist, verlor die Anlegerin im gleichen Zeitraum insgesamt 26 Prozent. Pro Jahr gerechnet ist das eine durchschnittliche Minusrendite von 2,96 Prozent.
Auch hier müsste das Resultat viel besser sein: Der Mittelwert von vergleichbaren Aktienindizes ergibt einen durchschnittlichen Zuwachs (ohne Kosten) von 2,6 bis 3 Prozent pro Jahr. Zieht man bei dieser Index-Betrachtung noch vergleichbar hohe Kosten ab (siehe unten), hätte immer noch ein jährliches durchschnittliches Plus von 0,8 bis 1,2 Prozent resultieren müssen.
Während die Kundin viel Geld verlor, hat die andere Seite aus der Finanzindustrie gut verdient:
Zum Beispiel die Turicum Investment Management AG. Vom Anfangskapital der Kundin von insgesamt 40 061 Franken zog die Turicum gleich zu Beginn eine «Einrichtungsgebühr» von 1939 Franken oder 4,84 Prozent ab. Das sei eine «Entschädigung für die Beratungstätigkeit» gewesen, sagt Beat Kälin von der Turicum.
Am Anfang verwaltete die Turicum das Geld noch selber. Doch schon im Mai 2007 schob sie die Kundin an die Bank Zweiplus ab, die seither die zwei erwähnten Produkte verwaltet. Die Bank Zweiplus kassiert bei beiden Strategien eine sehr hohe jährliche Verwaltungsgebühr von 1,8 Prozent (inklusive Depot- und übrige Kosten). Diese Höhe sei «marktüblich», sagt die Bank Zweiplus. Und sie fügt an, die Kundin habe im Eröffnungsantrag bestätigt, dass sie sich der Chancen und Risiken von Wertschriften bewusst sei.
Die Turicum ist aber offiziell immer noch Beraterin der Kundin. Dafür kassiert sie von der Bank Zweiplus regelmässig eine Vergütung. Über deren Höhe geben die Beteiligten keine Auskunft.
Zur Verwaltung der ihr anvertrauten Gelder platziert die Bank Zweiplus das Geld in erster Linie in Anlagefonds. Von diesen haben viele hohe laufende Gesamtkosten von 1,5 bis 2 Prozent pro Jahr – was ebenfalls auf Kosten der Anleger geht.
«Renditechancen stehen in einem sehr ungesunden Verhältnis»
Für Alexander Rabian vom Verband Schweizerischer Vermögensverwalter ist klar: «Damit entstehen für den Anleger Totalkosten von über 3,5 Prozent pro Jahr. Wenn bei der Verwaltung nur Publikumsfonds eingesetzt werden, ist das nicht zu rechtfertigen.» Die Renditechancen stünden damit «in einem sehr ungesunden, keinesfalls nachhaltigen Verhältnis».
Die erwähnten hohen laufenden Kosten der eingesetzten Fonds lassen darauf schliessen, dass die Bank Zweiplus von den betreffenden Fondsgesellschaften für den Einsatz ihrer Fonds regelmässig Vergütungen kassiert (oft Kickbacks oder Retrozessionen genannt). Darauf hat die Kundin im Vertrag mit Unterschrift verzichtet. Über die Höhe dieser Einnahmen will die Bank keine Auskunft geben.
Fondsgesellschaft: Retrozessionen sind Geschäftsgeheimnis
Eine dieser Fondsgesellschaften ist RobecoSAM. Im Produkt «Sustainable-Strategie» setzt die Bank Zweiplus vor allem Fonds von RobecoSAM ein. Diese Fonds seien «retrozessionsberechtigt», bestätigt RobecoSAM – deren Höhe sei aber Geschäftsgeheimnis. Von den gleichen Fonds hat RobecoSAM auch retrozessionsfreie Varianten (sogenannte Anteilsklassen) im Angebot, die für den Kunden kostengünstiger wären. Damit würde Zweiplus aber weniger verdienen. Bisher hat sich Zweiplus nicht für diese Anteilsklassen entschieden.
Anlageprodukte: Kosten immer im Auge behalten!
Achten Sie auf diese Punkte, wenn Ihnen Vermittler Anlageprodukte empfehlen:
- Oft haben Vermittler nur Produkte im Angebot, für deren Weiterempfehlung sie vom Finanzinstitut einmalige oder jährlich wiederkehrende Provisionen kassieren. Diese Provisionen gehen auf Kosten der Anleger! Solche Produkte sind selten die besten.
- Kaufen Sie keine Produkte, bei denen Ihnen gleich zu Beginn eine hohe «Einrichtungsgebühr» oder «Ausgabekommissionen» abgezogen werden. Diese Abzüge bewegen sich oft im Bereich von 5 Prozent der Anlagesumme.
- Fragen Sie nach dem Alter des angebotenen Produkts. Neuere Produkte hatten noch keine Gelegenheit, sich zu bewähren – da ist Zurückhaltung geboten. Allerdings gilt auch: Wenn ältere Produkte in der Vergangenheit geglänzt haben, heisst das nicht, dass sie auch in Zukunft gut rentieren.
- Studieren Sie bei älteren Produkten die vorhandenen Unterlagen über die Rendite in der Vergangenheit. Und fragen Sie auch nach Gegenüberstellungen mit einem Vergleichsindex. Gute Produkte scheuen den Vergleich mit einem Index nicht. Schlechte schon.
- Achten Sie darauf, ob bei den angegebenen Performancezahlen die Kosten berücksichtigt sind oder nicht. Das ist nicht immer der Fall.
- Denken Sie daran, dass die angegebenen Renditeangaben in den Verkaufsunterlagen nicht unbedingt dem entsprechen, was die Anleger tatsächlich erhalten haben. Dies lässt sich am Beispiel des Produkts «Sustainable-Strategie» der Bank Zweiplus zeigen. Wie im Text erwähnt, erzielte die Kundin mit diesem Produkt in exakt zehn Jahren eine effektive durchschnittliche Minusrendite von 2,96 Prozent pro Jahr. Gemäss den Zahlen in den offiziellen Unterlagen waren es nur minus 1,58 Prozent.