Viviane Ipo hält eine grüne Plastikschüssel in den Händen. Ihr zu Füssen steht eine weitere aus Metall, mit Dutzenden von Mangos. Am Morgen hat Viviane Ipo die Früchte nach Comé gebracht. Heute ist Markttag in der Stadt mit ihren rund 45 000 Einwohnern im Südwesten Benins. Alle sechs Tage wird das Stadtzentrum zu einer grossen Einkaufszone. Ipo hofft, Abnehmer für ihre Ernte zu finden.
Ich krame in meiner Hosentasche nach ein paar Münzen. Viviane Ipo schüttelt den Kopf. Sie will kein Geld für die Früchte. Schon gar nicht den CFA. Die Abkürzung steht für «Coopération Financiére en Afrique». So heisst die an den Euro gekoppelte Gemeinschaftswährung von acht westafrikanischen Staaten, die – abgesehen von Guinea – einst französische Kolonien waren. Ipo benötigt Maniokmehl, aus dem sie für ihre Familie einen Brei machen kann. Sie hofft auf ein Tauschgeschäft. Als ich frage, warum sie die Früchte nicht einfach verkauft und mit dem Erlös Mehl kauft, schüttelt die Frau energisch den Kopf: «Die Mangos sind leider so klein, dass ich dafür keinen guten Preis erhielte. Das Geld würde nur für ein Säcklein Mehl reichen.» Deshalb suche sie jemanden, der Früchte für seine Kinder braucht und ihr dafür Mehl gibt.
Ipo ist schon seit Stunden auf dem Markt, doch sie hat noch keinen Erfolg. Einige Meter von ihr entfernt sitzt zwar eine Frau, die das begehrte Mehl hat. Das würde sie aber gern gegen Fisch tauschen. Die kleinen gelben und grünen Mangos braucht sie nicht. Viviane Ipo versucht eine Reihe weiter hinten ihr Glück. Auch dort haben Frauen ihre Ernte zum Tausch ausgebreitet. Doch Ipo bleibt wiederum erfolglos.
Das Tauschsystem funktioniert in Benin vor allem in ländlichen Gebieten. Auf den Märkten gibt es spezielle Bereiche, wo Geld nicht zählt, dafür aber gute und begehrte Produkte wie Fisch und Mehl. Mickriges Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten schneiden dagegen schlecht ab. Und durch die Modernisierung der Märkte und den Bau von festen Ständen dürfte diese alte Handelsform künftig weiter verdrängt werden – auch im Nachbarland Togo, wo Tauschmärkte noch weit verbreitet sind.
In Comé ist Viviane Ipo schliesslich doch bereit, mir Früchte zu verkaufen. Da ich kein Mehl eintauschen kann, darf ich drei Mangos mit CFA zahlen – zu einem horrend hohen Preis von umgerechnet knapp einem Franken. Ipo nickt zufrieden, die nächste Mahlzeit ist gesichert. Dann schaut sie mich mitleidig an und sagt: «Das war teuer. Ein Tauschgeschäft wäre für dich günstiger gewesen.»