Mit Londoner Freunden im Pub: Irgendwann dreht sich das Gespräch immer um Häuser – genauer: um den atemberaubenden Anstieg der Wohnkosten und die Strapazen der Mieter. Klar, in vielen Grossstädten wird Wohnen immer teurer. Aber in London kommt hinzu, dass ein krasses Missverhältnis besteht zwischen Preis und Qualität. Zudem ist der Markt völlig dereguliert. So können die Landlords – so heissen in England die Vermieter – ihre Mieter herumschubsen, wie es ihnen passt.
Bei meinem ersten Londoner Zimmer gab es nicht einmal einen schriftlichen Mietvertrag. Die Bezahlung von 390 Pfund im Monat – damals rund 750 Franken – erfolgte per Cash in die Hand. Das Zimmer war kaum grösser als eine Besenkammer, das Bett hart wie ein Brett und die Fensterscheibe zerbrochen. Ich stopfte das Loch mit Zeitungen aus, bis der Vermieter nach vier Wochen den Glaser vorbeischickte. Das war im tiefsten Februar. Meine Mitbewohnerin erklärte mir, Beschwerden brächten nichts – die Wohnung gehöre ja dem Landlord.
Auch müssen Mieter oft Gebühren entrichten, die kaum nachvollziehbar sind. In meiner zweiten Wohnung, die ich mit drei Mitbewohnern teilte, mussten wir bei Vertragsabschluss «Verwaltungsgebühren» in Höhe von 70 Pfund pro Person entrichten. Als ein halbes Jahr später ein neuer Mieter einzog, verlangte die Agentur erneut je 70 Pfund von uns. Ein Jahr danach mussten wir ausziehen, denn der Landlord wollte das Haus verkaufen.
Mietverträge laufen in der Regel über zwölf Monate, nach denen der Hauseigentümer die Miete heraufsetzen darf. Und sie enthalten eine «break clause», mit welcher der Vertrag schon nach sechs Monaten beendet werden kann.
In meinem nächsten Haus hatten wir einen hübschen Garten. Leider ging der Gartenzaun in die Brüche. Wir baten die Wohnungsagentur, den Zaun zu reparieren. Sechs Monate lang wurden wir abgewimmelt. Nachdem der Zaun endlich ersetzt war, war auch der 12-Monats-Vertrag abgelaufen – und die Agentur erhöhte die Miete beim neuen Vertrag prompt um 100 Pfund.
Dagegen ist meine jetzige Situation paradiesisch: Eine Studiowohnung, 900 Pfund pro Monat, die ich mit meiner Partnerin teile. Dazu ein Vermieter, der meine Anrufe nicht nur stets entgegennimmt, sondern zuweilen noch am gleichen Tag vorbeischaut und allfällige Reparaturen gleich selbst angeht. Dafür will nun im Pub keiner mehr mit mir reden.